ADHS und positive Gefühle
Wenn Freude kippt: Warum positive Gefühle bei ADHS-Kindern manchmal zu sozialen Problemen führen

Positive Emotionen bei ADHS-Kindern sind oft besonders stark – doch manchmal kippt Freude in Konflikte. Erfahre, warum positive Emotion Reaktivität mit sozialen Problemen zusammenhängt und wie Eltern ihre Kinder im Alltag unterstützen können.
Einleitung: Freude, die plötzlich aneckt
Viele Eltern von ADHS-Kindern erleben es immer wieder: Das eigene Kind ist überglücklich, voller Energie – und plötzlich gibt es Streit, Tränen oder Ablehnung.
Warum kippt Freude bei ADHS-Kindern manchmal ins Gegenteil?
Die Antwort liegt in der positiven Emotion Reaktivität (PER) – also der Intensität, mit der Kinder Freude, Stolz oder Aufregung empfinden. Forschung zeigt: Gerade Kinder mit ADHS erleben positive Gefühle stärker und impulsiver. Und genau das kann zu sozialen Problemen führen.
Positive Emotion Reaktivität und ADHS – was steckt dahinter?
Positive Emotion Reaktivität (PER): beschreibt, wie intensiv ein Kind positive Gefühle wahrnimmt.
Kinder mit ADHS haben häufig eine erhöhte PER – Freude wird schneller, lauter, wilder.
Problem: Die Impulskontrolle kann in diesen Momenten kaum mithalten. Das Kind handelt, bevor es nachdenkt.
Das bedeutet: Was eigentlich ein schöner Moment sein könnte, wird manchmal zu einem sozialen Stolperstein.
Beispielkind Lukas (8 Jahre) – Alltagssituationen voller Freude und Stolperfallen
1. Auf dem Pausenhof
Lukas jubelt nach einem gewonnenen Spiel. Statt abzuklatschen, springt er einen Freund an – dieser fällt hin, andere Kinder lachen. Für Lukas war es Freude, für den Freund ein Angriff.
2. Beim Kindergeburtstag
Er kommentiert begeistert jedes Geschenk und reißt sich sofort das neue Lego-Set. Für ihn ist das Ausdruck von Begeisterung – die anderen Kinder fühlen sich übergangen.
3. Zu Hause mit den Eltern
Papa kommt nach Hause – Lukas rennt los, wirft sich an ihn. Vor lauter Freude übersieht er das Wasserglas, das vom Tisch kippt. Mama wirkt genervt, Lukas versteht die Reaktion nicht.
👉 In allen Situationen war Lukas nicht „respektlos“. Er konnte seine Freude einfach nicht dosieren.
Forschungsergebnisse: Warum Freude manchmal kippt
Studien zeigen:
ADHS + hohe PER = Risiko für soziale Konflikte
Kinder mit ADHS haben nicht nur Probleme mit Wut oder Trauer, sondern auch mit der Regulation von Freude.Soziale Beeinträchtigungen
– Konflikte in Freundschaften
– Ablehnung durch Gleichaltrige
– Missverständnisse mit ErwachsenenAuch Kinder ohne ADHS betroffen
Starke positive Emotion Reaktivität kann bei allen Kindern soziale Schwierigkeiten hervorrufen. Bei ADHS ist es jedoch besonders ausgeprägt, weil Impulsivität und Selbstregulation zentral betroffen sind.
Warum Freude bei ADHS so schwer zu regulieren ist
Neurobiologie: Das ADHS-Gehirn hat Schwierigkeiten, Impulse rechtzeitig zu bremsen (Frontallappen-Hemmung).
Belohnungssystem: Positive Reize lösen besonders starke Dopamin-Ausschüttungen aus – das Kind „überreagiert“ auf Freude.
Soziale Folgen: Das Umfeld versteht die Intensität oft nicht, interpretiert sie als „zu wild“, „unhöflich“ oder „egoistisch“.
Praktische Empfehlungen für Eltern
1. Freude sichtbar kanalisieren
Statt nur „Sei vorsichtig!“ → konkrete Alternativen:
👉 Jubelsprung machen
👉 High Five geben
👉 Freude aufmalen oder laut rausbrüllen, ohne andere anzuspringen
2. Soziale Regeln üben
Rollenspiele: „Was passiert, wenn wir uns zu doll freuen?“
Szenen nachspielen: Geburtstag, Torjubel, Überraschung
3. Impulsbremse etablieren
Atemübungen oder „Stopp-Rituale“: tief durchatmen, Hände zusammenpressen
Eltern nutzen ein Codewort: „Rakete laden!“ → Erinnerung an Selbstkontrolle
4. Freude wertschätzen, nicht bremsen
ADHS-Kinder sollen ihre Lebendigkeit nicht verlieren
Eltern betonen: „Deine Begeisterung ist toll – lass uns schauen, wie sie alle mitfreuen können.“
5. Lehrer & Umfeld einbeziehen
Mit Lehrkräften über PER sprechen
Klassenkameraden erklären: „Lukas meint es nicht böse – er freut sich einfach sehr stark.“
Häufige Fragen von Eltern
„Warum ist mein ADHS-Kind immer so überdreht, wenn es glücklich ist?“
Weil positive Gefühle im ADHS-Gehirn intensiver erlebt werden und die Impulsbremse schwächer reagiert.
„Kann ich mein Kind bremsen, ohne es klein zu machen?“
Ja. Wichtig ist, Freude umzulenken statt zu verbieten. Kinder sollen spüren: Ihre Begeisterung ist wertvoll – sie brauchen nur Werkzeuge, um sie sozial verträglich auszudrücken.
„Hat das langfristige Folgen?“
Ohne Unterstützung drohen Ablehnung, Außenseiterrollen und geringeres Selbstwertgefühl. Mit gezielter Förderung lernen Kinder aber, ihre Freude konstruktiv einzusetzen.
Fazit
Positive Emotionen sind eine riesige Ressource – gerade bei ADHS-Kindern. Doch ohne gute Regulation können sie zu Missverständnissen führen. Eltern können helfen, indem sie Impulse umlenken, soziale Kompetenzen trainieren und Freude wertschätzen.
So wird aus „zu wild“ bald „ansteckend begeistert“. 🌈
👉 Frage an dich:
Hast du dein Kind schon einmal „in Schwierigkeiten geraten sehen“, weil es einfach zu glücklich war? Teile deine Erfahrung – ich sammele Beispiele für einen nächsten Artikel.
LG Martin 🧠💡🌈👥🗣️✨🔗🎨💬🚀
👉 Hier geht’s zur Community: (Öffnet in neuem Fenster)https://steadyhq.com/de/adhsspektrum/ (Öffnet in neuem Fenster)