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Stille Tage

Meine lieben Buddys,
es ist Montag, und heute gibt’s mal ein Paradebeispiel aus dem Kuriositätenkabinett.
Der Bund für Geistesfreiheit (BfG) hat vor Gericht erwirkt, dass das Tanzverbot in Bayern zu christlichen Feiertagen aufgehoben wird.
Darauf hat ein Mitglied besagter Christen sich zu Wort gemeldet, und dem BfG geschrieben. Eine Email. Die ich Euch heute präsentieren möchte. 
Und mal ganz ehrlich, wenn ich so etwas erfinden würde, man würde mir den Kopp abreissen, wegen unglaubwürdiger Übertreibung von klischeehafter Phrasendrescherei. Aber nein, die folgende Mail ist echt. Jeder einzelne verdammte Buchstabe ich nicht von mir erfunden! 

Von: Dr. BXXX SXXXX <Familie.SXXXX@XXX.de (Öffnet in neuem Fenster)>
An: info@bfg-muenchen.de (Öffnet in neuem Fenster)
Betreff: Stille Tage

Guten Tag, Vorstand und Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit,
herzlichen Glückwunsch zum juristischen Sieg über das Bayerische Feiertagsgesetz und der damit verbundenen Respektlosigkeit.

Sie haben nicht verstanden, dass die stillen Tage von Gründonnerstag bis Ostern nicht nur Ausdruck eines kultischen Geschehens der Christen sind, sondern eine Einladung an die gesamte Gesellschaft, innezuhalten und einmal im Jahr an die zu denken, die von Krieg, Hunger und  Unrecht betroffen sind. Der Kreuzweg der Völker in der Münchner Fußgängerzone ist dafür ein starkes Zeichen.

Natürlich kann jeder an die Menschen auf der Schattenseite des Lebens denken, wann er will. Aber in einem gemeinschaftlichen Momentum ist immer ein größerer Effekt möglich.

Sie haben mit Ihrem hirnlosen Halli-Galli-Hedonismus 365 Tage/24 Stunden wenig Geist und noch weniger Respekt und Einfühlungsvermögen bewiesen. Und Sie können stolz sein auf die Diskotheken, die da gleich mitgespielt haben.

Klar lassen Sie sich nichts vorschreiben. Raus die Ellenbogen, wo es geht. Ist das Geistesfreiheit oder Starrsinn?

Gut, dass Sie nur wenige sind, und die Mehrheit der Gesellschaft da großzügiger, toleranter und offener ist, und dass nicht alle Menschen wie trotzige Kinder auf den Boden stampfen und plärren: Am Karfreitag will ich tanzen.

Persönlich verstehe ich nicht, dass Sie das Risiko Ihrer Feldzüge weiter eingehen, falls nämlich die Kirche doch recht hat und es Gott wirklich gibt,

Viel Spaß
Dr. BXX SXX
PGR St. Augustinus München
Bereich Kirche und Gesellschaft


Also nochmal zum Mitkommen. Ein Akademiker mit Doktortitel schreibt, dass man kein Risiko eingehen sollte, falls es Gott wirklich gibt.

 

Dies war übrigens darauf die Antwort des BfG an besagten Akademiker:

 Von: <a.tXXXX@bfg-muenchen.de (Öffnet in neuem Fenster)>
An: Dr. BXXX SXXXX <Familie.SXXXX@XXX.de (Öffnet in neuem Fenster)>
Cc: <vorstand@bfg-muenchen.de (Öffnet in neuem Fenster)>
Betreff: AW: Stille Tage

 

Guten Tag, Herr PGR und Dr. SXXX, sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Nachricht, die jeglichen Respekt vor anderen Weltanschauungen vermissen lässt, haben wir erhalten. Vielen Dank auch für Ihre Einladung zum Innehalten. Diese Einladung ist allerdings keine echte, sondern sie ist eine Nötigung. Nämlich mit Hilfe des demokratischen Rechtsstaates Bürger/innen wünschen Sie weiterhin, Menschen mit anderen Weltanschauungen zwingen zu dürfen, auf Ihr persönliches Bekenntnis in öffentlich zugänglichen Räumen an willkürlich bestimmten Tagen Rücksicht zu nehmen. Die gerne von christlicher Seite vorgetragene Unterstellung, dass es im Wesentlichen die in den beiden Großkirchen organisierten Menschen seien, die an die Opfer von z.B. Krieg gedenken, weisen wir an dieser Stelle belegbar zurück.

Ob des akademischen Grades, den zu führen Sie allem Anschein nach berechtigt sind, nimmt uns der weitere Inhalt Ihres Schreibens doch wunder. Selbstverständlich möchten wir unsererseits auf eine Bewertung der geistigen Kapazitäten Ihrerseits verzichten. Obwohl… Im 21.Jahrhundert an Jungfrauengeburten, Auferstehungen von den Toten und ewige Leben zu glauben ist eine aus unserer Sicht erstaunliche geistige Leistung, die wir unsererseits mit Befremden zur Kenntnis nehmen. Natürlich ist es in einem demokratischen Rechtsstaat, der allen Bürgern/innen Religionsfreiheit (und somit auch die Freiheit von Religion) zusichert, erlaubt, derartige Glaubensinhalte für sich als maßgeblich zu definieren. Auch wenn wir geradezu in Versuchung geraten, so vermeiden wir absichtlich das Wort „hirnlos“ in diesem Zusammenhang. Aber freuen uns, dass wir glücklicherweise in einem ganz und gar irdischen, demokratischen Rechtsstaat leben, der uns zumindest nicht zu zwingen versucht, Derartiges glauben zu müssen.

Selbstverständlich achten und respektieren wir das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Selbstverständlich achten und respektieren wir das Urteil des höchsten deutschen Gerichtes aus Oktober 2016 (s. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-087.html (Öffnet in neuem Fenster)). Unsere demokratisch begründete Forderung in Bezug auf die Abschaffung des Tanzverbots an sog. Stillen Tagen, also nach Einhaltung unserer Verfassung, ist sachlich begründet vorgetragen. Empfehlen können wir Ihnen, sich in dieser Kunst noch ein wenig zu üben, das macht den irdischen Umgang miteinander leichter. Auch können wir an dieser Stelle versichern, dass wir keinerlei Risiko eingehen. Unser Vertrauen in den irdischen, demokratischen Rechtsstaat ist noch ungebrochen. Und wenn es einen christlichen Gott tatsächlich geben sollte, dann ist dieser Allmächtige auf Ihre Geringschätzung im Umgang mit Andersdenkenden bestimmt nicht stolz und auf Ihre Parteinahme seiner Person bestimmt nicht angewiesen. Und wir unsererseits verlassen uns dann auf das christliche Gebot der Nächstenliebe, dass wenigstens der Allmächtige – wenn schon nicht seine irdischen Jünger/innen – es wirklich zur Anwendung bringt.

Freundliche Grüße
BfG

 

Touché und Chapeau.
Und noch eine schöne Restwoche bis nächsten Montag wünscht Euch
Euer HG

 

Kategorie Wöchentliches Zeug

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