Digitale Spiele
Einleitung
Digitale Spiele (Tablet-Apps, Touchscreen-Spiele, Exergames, virtuelle Gesellschaftsspiele und einfache Computeranwendungen) gewinnen in der Seniorenbetreuung zunehmend an Bedeutung. Sie bieten vielfältige Möglichkeiten zur kognitiven Stimulation, zur Förderung motorischer Fähigkeiten, zur Unterstützung sozialer Interaktion und zur Steigerung des Wohlbefindens. Ziel dieses Beitrags ist es, Fachkräften eine fundierte Grundlage zur Einführung, Planung und praktischen Umsetzung digitaler Spiele im Setting Seniorenheim, Tagespflege oder ambulanter Betreuung zu geben.
Zielsetzung
Die Einführung digitaler Spiele in der Seniorenbetreuung verfolgt mehrere Ziele:
Kognitive Aktivierung: Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und Problemlösefähigkeit erhalten und fördern.
Motorische Förderung: Feinmotorik und grobe Motorik (bei Bewegungs-/Exergames) stimulieren.
Soziale Teilhabe: Gemeinschaftserlebnisse schaffen, Kommunikation und Austausch anregen.
Emotionales Wohlbefinden: Freude, Motivation und Selbstwirksamkeitserleben fördern.
Individualisierte Beschäftigung: Aktivitäten an das Fähigkeitsniveau und die Interessen der Bewohner anpassen.
Prävention: Demenziellen Veränderungen präventiv begegnen bzw. Symptome mildern.
Vor- und Nachteile
Vorteile
Vielfältige Stimulationsmöglichkeiten: Digitale Spiele decken visuelle, auditive und motorische Reize ab.
Anpassbarkeit: Schwierigkeitsgrad und Tempo lassen sich individuell einstellen.
Motivation und Spaß: Viele Teilnehmende zeigen hohe Motivation und wiederholte Teilnahmebereitschaft.
Dokumentation: Fortschritt und Nutzungsdauer können digital erfasst werden.
Barrierearme Zugänge: Touchscreens, einfache Interfaces und groß dargestellte Inhalte erleichtern Nutzung.
Interdisziplinäre Nutzung: Einsätze in Therapie (Ergotherapie, Physiotherapie), Aktivierung und Freizeit möglich.
Nachteile / Risiken
Technische Hürden: Hardware- und Softwareprobleme, Ladezeiten, Updates.
Benutzerfreundlichkeit: Zu komplexe Bedienung kann frustrieren.
Kosten: Anschaffung, Wartung und Lizenzkosten für Software.
Datenschutz: Speicherung von Nutzerdaten erfordert Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben.
Ungleiche Zugänglichkeit: Manche Senioren sind skeptisch oder haben sensorische Einschränkungen (Seh-/Hörstörungen).
Überforderung: Zu schnelle oder zu anspruchsvolle Spiele können Stress erzeugen.
Anleitung zur Umsetzung in der Praxis
Bedarfsanalyse und Zieldefinition
Bestandsaufnahme: Wer sind die Teilnehmenden (kognitive/motorische Fähigkeiten, Interessen, Kultur, Sprache)? Welche technischen Ressourcen existieren bereits?
Zieldefinition: Welche Ziele sollen erreicht werden (kognitiv, motorisch, sozial, emotional)? Klare Zielvorgaben erleichtern Evaluation.
Auswahl der Hardware
Tablets: Leicht, Touchscreen, große Symbole; empfehlenswert für Einzel- und Kleingruppenarbeit.
All-in-One-Touchscreen/Pinnwand: Für Gruppenangebote (z. B. 32–55 Zoll).
Kinect/Bewegungssysteme (Exergames): Für bewegungsorientierte Angebote.
Geschützte Gehäuse und Ständer: Erhöhung der Stabilität und Lebensdauer.
Kopfhörer mit Lautstärkebegrenzung: Für Hörschutz und bessere Verständlichkeit.
Anforderungen: einfache Bedienung, gute Lesbarkeit (große Schrift), stabile Internetanbindung (wenn nötig), Offline-Optionen für Ausfallsicherheit.
Auswahl der Software / Spiele
Kriterien: einfache Bedienoberfläche, adaptiver Schwierigkeitsgrad, datenschutzkonform, guter pädagogischer Aufbau, positive Bewertungen im Bereich Senioren.
Typen:
Kognitive Trainingsspiele (Gedächtnis, Wortspiele, Puzzles).
Reaktions-/Geschicklichkeitsspiele (einfache Touch-Interaktion).
Exergames (Bewegungsspiele, Geh-/Balanceübungen).
Soziale Spiele (Quiz, Multiplayer-Brettspiel-Apps).
Kreative Apps (Mal-/Musikapps).
Testphase: Vor dem breiten Einsatz eine Testphase mit kleinen Gruppen durchführen und Feedback einholen.
Raum, Zeit und Ablaufplanung
Raum: Ruhig, gut beleuchtet, ausreichend Platz für Bewegung, Sitzgelegenheiten, rutschfeste Flächen.
Zeit: Kurzintervalle (15–45 Minuten) je nach Konzentrationsfähigkeit. Häufigkeit: 2–4 Mal pro Woche oder als tägliches Kurzangebot.
Ablauf: Begrüßung → Anleitung / Aufwärmphase → Spielzeit → Nachbesprechung / Reflexion. Dokumentation der Beobachtungen.
Schulung des Personals
Technische Schulung: Bedienung der Geräte, Basis-Troubleshooting, Update-Management.
Pädagogische Schulung: Spielauswahl nach Förderziel, Anpassung des Schwierigkeitsgrads, Gesprächsführung während des Spiels.
Sicherheits- und Datenschutzschulung: Umgang mit Nutzerdaten, Einwilligungen, sichere Passwörter.
Einbindung der Teilnehmenden
Partizipation: Teilnehmende in Auswahl und Gestaltung der Angebote einbeziehen.
Anpassung: Spiele an Fähigkeiten anpassen; ggf. Assistenz anbieten (z. B. Helfende Hände).
Motivation: Positive Verstärkung, kleine Belohnungen, Feedbackrunden.
Dokumentation und Evaluation
Dokumentationssystem: Teilnahme, Spielzeit, beobachtete Effekte, technische Probleme.
Evaluationsintervalle: Regelmäßige Überprüfung (monatlich/vierteljährlich) der Zielerreichung.
Qualitative Daten: Teilnehmenden-Feedback, Angehörigenrückmeldungen.
Datenschutz, Einwilligung und Ethik
Einwilligung: Schriftliche oder dokumentierte Einwilligung zur Nutzung digitaler Angebote einholen. Bei eingeschränkter Einwilligungsfähigkeit Angehörige/gesetzliche Vertreter einbeziehen.
Datenminimierung: Nur notwendige Daten speichern; lokale Speicherung bevorzugen.
Sicherheitsmaßnahmen: Geräte sperren, Aktualisierungen, sichere Netzwerke.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Einbindung von Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Aktivierungsfachkräften und IT-Support. Gemeinsame Ziele definieren und Verlauf regelmäßig abstimmen.
Nachhaltigkeit und Skalierung
Budgetplanung: Laufende Kosten für Lizenzen, Wartung und Ersatzgeräte einplanen.
Pilotprojekte: Kleine Projekte starten, dann schrittweise ausweiten.
Netzwerk: Erfahrungsaustausch mit anderen Einrichtungen, Fortbildungen besuchen.
Konkrete Umsetzung — Schritt für Schritt
Projektteam bilden (Leitung, Aktivierungsfachkraft, IT-Beauftragter).
Pilotgruppe auswählen (3–8 Personen mit unterschiedlichen Fähigkeiten).
Hardware anschaffen (1–3 Tablets, 1 Touchscreen für Gruppen).
Software auswählen (3–5 Spiele/Apps für verschiedene Ziele).
Einführungstag planen: Präsentation des Projekts, Einwilligungen einholen.
Tägliche/ Wöchentliche Angebote einführen: Niederschwellige Einstiege anbieten.
Dokumentation starten: Beobachtungsbogen für jede Sitzung.
Feedback auswerten: Nach 4–8 Wochen Anpassungen vornehmen.
Ausweitung: Weitere Teilnehmende einbeziehen, Fortbildungen anbieten.
Langfristige Evaluation: Halten, was wurde verändert? Erfolge sichtbar machen (z. B. gesteigerte Teilnahmefreude, verbesserte Mobilität).
Praktische Tipps & Troubleshooting
Immer Alternativen anbieten (analoges Spiel als Backup).
Lautstärke, Schriftgröße und Kontraste anpassen.
Kurze, klare Anweisungen geben; Schritt-für-Schritt demonstrieren.
Geduld: Einige Teilnehmende benötigen mehrere Versuche zur Eingewöhnung.
Technikcheck vor jeder Sitzung durchführen.
Aktivierungen zum Thema «Digitale Spiele»
Jede Aktivierung enthält: Materialliste, Umsetzung, Beispiele der Umsetzung. Die Aktivierungen sind so formuliert, dass sie in Heimen, Tagespflegeeinrichtungen oder ambulanten Gruppen durchführbar sind.
Memory-App — gezielte Gedächtnisstärkung
Materialliste: Tablet (2× im Wechsel), stabile Hülle/Ständer, Memory-App mit großen Symbolen, Notizblock für Beobachtungen.
Umsetzung: Raum vorbereiten (ruhig, gute Beleuchtung). Kurz einführen: Ziel des Spiels erklären und auf die Bedienung zeigen. Teilnehmende einzeln oder in Zweiergruppen spielen lassen; Assistenz anbieten, wenn nötig. Schwierigkeit schrittweise erhöhen oder reduzieren. Nach jeder Runde kurze Reflexion: Welche Erinnerungen weckte das Bild? Beobachtungen (Konzentration, Freude) notieren.
Praxisbeispiele: Themen-Memory mit Fotos aus der Region (Kirchen, bekannte Gebäude). Gruppenrunde: Gewinner küren und kleine Anekdoten zu Motiven erzählen lassen.
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