Schulanfang und Handyende
(WDR 5 Schrägstrich vom 27.08.2025)
Ich war im Sommer mal wieder an meiner alten Schule, weil die ihr 100jähriges Bestehen gefeiert hat. Und neben all den Gedanken, die man beim Betreten so eines seltsam vertrauten Gebäudes hat - sowas wie: „Ob der kettenrauchenden Sportlehrer noch lebt?“, „Was genau bringt es mir heute, dass ich hier mal fünf Stunden die Woche Integrale berechnet habe?“ oder „Die haben hier doch alles renoviert, warum riecht’s dann immer noch nach nassen Socken?“ - war es vor allem ein Satz, der mir immer und immer wieder durch den Kopf schoss, nämlich: „Himmel, bin ich froh, dass ich heute nicht mehr zur Schule muss!“

Ja, sorry, ich weiß: Das ist nicht das, was man als Schüler, Lehrer oder Eltern zu Beginn des neuen Schuljahres hören will, aber warum soll ich denn was beschönigen? Gerade Schüler, Lehrer und Eltern wissen doch: Es wird nicht einfacher mit der Lernerei und Unterrichterei und wer was anderes behauptet, hat sich im Spanienurlaub offensichtlich den Sinn für Realität weggesangriat.
Allein die Sache mit den Handys: Stunde um Stunde verbringen Kinder und Jugendliche heute am Smartphone. Und bevor jetzt jemand den Kopf schüttelt über die „schrecklich handysüchtige Jugend“ und davon schwärmt, wie „wir damals die Zeit ja noch sinnvoll genutzt“, und, was weiß ich, „mit einem Weidenzweig eine Fahrradfelge übers Kopfsteinpflaster getrieben haben“, empfehle ich sehr, mal kurz das Smartphone rauszuholen und die eigene Bildschirmzeit zu checken. Wir sind doch keinen Deut besser, wir hatten früher nur nicht die Möglichkeit!
Mein Kaugummi hatte kein GPS
Aber: Smartphones im Unterricht bringen Ablenkung und Probleme und deswegen denkt man vielerorts jetzt über ein Handyverbot an Schulen nach - allerdings erstaunlich zaghaft und mit zig Schlupflöchern. Wenn ich bedenke, wie einfach es in meiner Jugend war, Kaugummis in der Schule zu verbieten, wundere ich mich schon, warum es heute so schwer ist, dasselbe mit Handys zu tun. Gut, mein Kaugummi hatte weder GPS noch Internetanschluss und meine Eltern haben ihn nicht dazu benutzt, mich jederzeit zu orten und zu erreichen. Die waren ja froh, wenn sie fünf Stunden am Tag mal nichts von mir mitgekriegt haben. Und deswegen muss ich mich wiederholen: „Himmel, bin ich froh, dass ich heute nicht mehr zur Schule muss!“
Aber die gute Nachricht ist doch: Es geht vorbei. Schüler sind irgendwann raus aus der Schule. Lehrer gehen irgendwann in Rente. Und Eltern haben irgendwann keine schulpflichtigen Kinder mehr. Gut, aus irgendeinem Grund schaffen sich viele von denen dann ein Haustier an und pilgern fortan in die Hundeschule. Selber schuld! Immerhin gibt’s da erfreulich wenig Handys.
(Den WDR5 Schrägstrich kann man hier auch hören (Öffnet in neuem Fenster))