Bilde dich vertikal „weiter” in Ambiguitäts-Kompetenz (hä?)
Upsi: Hier kommt ein eher (anstrengend) „komplexer” Blogbeitrag, der Licht auf eine integralen Metatheorie der Erwachsenenbildung (SET abgekürzt) wirft. Ja, ja… der alte Denkschädel von Helge setzt sich wieder durch!? Gut. Die Lesezeit liegt bei mindestens 15 Minuten.
Überspring es, wenn es dir heute nicht leicht genug daher kommt. Oder hör das Audio in verständlicher Sprache.
Kurzes Audio oder (langer) Text?
Hier die lockere Audio-KI Zusammenfassung für alle, in nur 7 Min. entspanntem Lauschen isses verinnerlicht :-)
Mein Tipp: Wer sich durchbeißt, hat den Gewinn einer neuen Einordnungshilfe (wer sowas liebt) für die aktuelle Frage: Worum ringen wir persönlich und gesellschaftlich eigentlich? Es ist die Reifung der Persönlichkeit (Erwachsen werden!) und die Leidenschaft für eine „reparierte Moderne”, würde Reckwitz sagen.
Eine integrale Metatheorie für die Erwachsenenbildung im postkonventionellen Zeitalter
Einleitung: Warum braucht es eine neue Erwachsenenbildung?
Die Welt steht an der Schwelle zu einer neuen Epoche. Die Herausforderungen der Metakrise – Klimawandel, soziale Fragmentierung, Sinnverlust, technologische Disruption – verlangen nach Menschen, die nicht nur Wissen anhäufen, sondern in der Lage sind, Komplexität, Ambiguität und Paradoxien zu halten. Klassische Erwachsenenbildung, die auf Wissensvermittlung und Kompetenzerwerb setzt, greift hier zu kurz. Es braucht eine neue, integrale Perspektive, die die vertikale Entwicklung des Bewusstseins ins Zentrum rückt. Genau hier setzt das nuPerspective Institut an.
1. Die Ausgangslage: Von der horizontalen zur vertikalen Entwicklung
Traditionelle Bildung fokussiert auf horizontale Entwicklung: mehr Wissen, mehr Methoden, mehr Tools. Doch wie Susanne Cook-Greuter und andere Entwicklungsforscherinnen zeigen, ist der eigentliche Gamechanger die vertikale Entwicklung – also die Fähigkeit, immer umfassendere, reifere und integrativere Sichtweisen auf sich selbst und die Welt zu entwickeln (Cook-Greuter, 2000 (Öffnet in neuem Fenster)).
Vertikale Entwicklung bedeutet, dass Menschen nicht nur „mehr vom Selben“ lernen, sondern qualitative Sprünge im Bewusstsein machen: von konformistischen zu postkonventionellen, von egozentrischen zu integralen, von rationalen zu transrationalen Perspektiven. Das ist die eigentliche Ressource für die Bewältigung der Metakrise.
2. Die Metatheorie: Integrale Erwachsenenbildung
Die integrale Theorie – maßgeblich geprägt von Ken Wilber – liefert den theoretischen Rahmen für diese neue Erwachsenenbildung. Sie integriert verschiedene Entwicklungslinien (kognitiv, emotional, moralisch, spirituell), verschiedene Bewusstseinsstufen (präkonventionell, konventionell, postkonventionell, integrativ) und verschiedene Perspektiven (Ich, Wir, Es, Systeme) zu einer umfassenden Landkarte menschlicher Entwicklung (Integrale Theorie – Wikipedia (Öffnet in neuem Fenster); Integrales Forum (Öffnet in neuem Fenster)).
Kernpunkte der integralen Metatheorie:
Ebenen: Entwicklung verläuft in qualitativ unterschiedlichen Stufen (z.B. nach Cook-Greuter: konformistisch, individualistisch, autonom, integriert).
Linien: Entwicklung findet in verschiedenen Bereichen statt (z.B. kognitiv, emotional, moralisch).
Quadranten: Jede Erfahrung hat eine individuelle, kollektive, innere und äußere Dimension.
Zustände: Menschen erleben verschiedene Bewusstseinszustände (z.B. wachen, träumen, meditieren).
Typen: Menschen unterscheiden sich in grundlegenden Typen (z.B. introvertiert/extrovertiert).
Diese Metatheorie ist kein starres System, sondern ein dynamisches Orientierungsraster, das hilft, die Komplexität menschlicher Entwicklung zu erfassen und gezielt zu fördern (Heiko Veit, Integrale Theorie (Öffnet in neuem Fenster)).
3. Warum wir hier so hochsensitiv reagieren
Das nuPerspective Institut ist einer der Player einer integralen, postkonventionellen Erwachsenenbildung. Im Zentrum steht die Förderung der postkonventionellen und integrativen Stufen der Ich-Entwicklung nach Cook-Greuter (siehe gleich mehr!). Das Ziel: Menschen zu begleiten, die bereit sind, über die Konventionen ihrer Zeit hinauszuwachsen und echte Reife, Selbsttranszendenz und gesellschaftliche Wirksamkeit zu entwickeln.
Konkret heißt das:
Fokus auf vertikale Entwicklung. Wachse in die „Höhe” statt „Breite”: Alle Angebote, Formate und Produkte sind darauf ausgerichtet, qualitative Sprünge im Bewusstsein zu ermöglichen – nicht (unbedingt) nur mehr Wissen, sondern mehr Reife.
Erfahrungsräume statt Frontalunterricht: Die Didaktik setzt auf Reflexion, Dialog, integrale Praxis, Arbeit mit Ambiguität und Sinnfragen. Wir haben dazu ein Kompassmodell (siehe mein Buch Der metamoderne Gemeindekompass (Öffnet in neuem Fenster) hier!)
Metatheorie als roter Faden: Die integrale Theorie und das Stufenmodell von Cook-Greuter bilden die Grundlage für die Entwicklung und Evaluation aller Angebote.
Trans-(oder: Post-)disziplinarität: Die Arbeit integriert Erkenntnisse aus Psychologie, Theologie, Philosophie, Systemtheorie, indigenen Weisheiten und moderner Wissenschaft. Also raus aus dem Scientismus (Öffnet in neuem Fenster) der Moderne.
4. Warum postkonventionelle Entwicklung?
Die Forschung zeigt: Die Fähigkeit, mit Komplexität, Unsicherheit und Paradoxien umzugehen, entsteht erst auf den postkonventionellen Stufen der Entwicklung (Cook-Greuter, 2000 (Öffnet in neuem Fenster)). Hier werden Menschen fähig, ihre eigenen Denkmuster zu reflektieren, verschiedene Perspektiven zu integrieren, mit Ambivalenzen zu leben und kreative Lösungen für komplexe Probleme zu finden.
Beispielhafte Stufen nach Cook-Greuter:
Individualistisch: Akzeptanz von Widersprüchen, psychologisches Denken, Relativität von Werten.
Autonom: Hohe Toleranz für Komplexität, Integration von Gegensätzen, existenzieller Humor.
Integriert: Fähigkeit, persönliche und gesellschaftliche Anliegen zu verbinden, Selbsttranszendenz, tiefe Verbundenheit mit dem Leben als Ganzem.
Am Schluss des Artikels ergänze ich noch zur Übersicht die gesamte Stufentheorie nach Cook-Greuter*1 (mehr zu Stufenentwicklungen (Öffnet in neuem Fenster) hier).

5. Die Rolle der Metatheorie in der Praxis
Die integrale Metatheorie (SET) ist mehr als ein intellektuelles Konstrukt. Sie dient als Kompass für die Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen. Sie hilft, blinde Flecken zu erkennen, Entwicklungsblockaden zu lösen und individuelle wie kollektive Potenziale zu entfalten.
Praktische Anwendungen:
Coaching und Supervision: Entwicklungssensitive Begleitung, die die aktuelle Stufe erkennt und gezielt fördert.
Organisationsentwicklung: Aufbau von Kulturen, die vertikale Entwicklung ermöglichen und fördern,… z.B. fascilitative Methoden.
Community-Building: Schaffung von Räumen, in denen Menschen sich gegenseitig in ihrer Entwicklung unterstützen. Im Idealfall eine christliche Gemeinde, oder vielleicht die Idee der „Salons”?
6. Horizontale und vertikale Entwicklung: Die Wahl der Tiefe
Du kannst ja jetzt selbst entscheiden, wie tief du in diese Theorie der integralen Erwachsenenbildung einsteigen möchtest. Damit fütterst du die horizontale Ebene (Wissenserweiterung, Methoden, Tools), was wichtig bleibt – aber das wird durch die vertikale Dimension (Reifung, Bewusstseinsentwicklung) mindestens ergänzt oder sogar übertroffen.
Für dein „Wachsen in die Komplexität-Kompetenz” habe ich hier war: sowohl Einstiegsformate wie z.B. diese Newsletterimpulse, Workshops (kommen sicher noch), Impulsvorträge im Salon, als auch tiefgehende Entwicklungsprogramme wie z.B. Retreats (hatten wir mit Emergent Confusion) evt. Kurz-/Langzeitbegleitung (persönliches Coaching). Die Metatheorie der Vertikalen Erwachsenenbildung (SET) dient dabei als Landkarte, die Orientierung und Inspiration gibt, ohne dogmatisch zu sein.
7. Die Reise in die integrative Kompetenz
Was das nuPerspective Institut im Kontext christlicher Erwachsenenbildung besonders ausmacht, ist Herkunft und Prägung unseres Teams: Wir kommen aus dem experimentierfreudigen Teil des christlichen Felds – und haben unsere Reise in die Ambiguitätstoleranz genau dort begonnen. Das heißt: Unsere Kompetenz, mit Widersprüchen, Mehrdeutigkeiten und Paradoxien umzugehen, ist nicht „importiert“, sondern im Ringen mit den realen Spannungsfeldern von Kirche, Theologie und Gemeinde gewachsen. Und für diese Szene denke ich zusammen mit meinen Gesprächspartner:innen hier schon mal ins Unreine.s
Im Unterschied zu anderen Ansätzen z. B. des sog. integralen Christentums – wie sie etwa von Marion Küstenmacher, Werner Tiki Küstenmacher und Tilmann Haberer vertreten werden (Integrales Christentum – Buchbesprechung (Öffnet in neuem Fenster); Gott 9.0 in Kürze (Öffnet in neuem Fenster)) – liegt unser Fokus nicht primär auf der Förderung einer individuellen „Mystik” mit der Gefährdung auf einer spirituellen Überhöhung. Während Küstenmacher und Haberer in Werken wie „Gott 9.0“ und „Integrales Christentum“ die Entwicklung des Glaubens und der Gottesbilder entlang der Spiral Dynamics und integraler Theorie in den 2010er Jahren beschreiben und dabei in den höheren Stufen besonders die individuelle mystische Dimension betonen (? lese ich das hier im Labor (Öffnet in neuem Fenster) sachgemäß? Schreib mir), geht unser Ansatz aus den 2025ern nun einen Schritt weiter. Weil sich auch die Erde weiter gedreht hat, vielleicht?
Wir halten die Integration von mystischen und historischen, individuellen und kollektiven Perspektiven bewusst zusammen. Also im besten Sinne politische Mystik (a la Sölle u.a.) als Hauptfeld. Oder vielleicht so: Die neue Mystik ist radikale solidarische Empathie mit den Lebewesen.
Das bedeutet: Wir würdigen die Tiefe und Kraft mystischer Erfahrung, ohne die historische, narrative und gemeinschaftliche Dimension des Christentums zu vernachlässigen. Für uns ist Spiritualität nicht nur ein individuelles Erwachen, sondern immer auch eingebettet in Geschichte(n), Gemeinschaft und gesellschaftliche Verantwortung. Gerade angesichts der uns bewußt werdenden Metakrise.
Konkret heißt das:
Wir fördern geduldig Ambiguitätstoleranz nicht als Selbstzweck, sondern als Resilienz-Fähigkeit 3.0: Die Weisheit, das Schlamassel vorausdenken und darüber hinaus zu wachsen.
Wir verstehen das Christentum als einen lebendigen Prozess, in dem sich mystische Tiefe und historische Breite, individuelle Entwicklung und kollektive Transformation gegenseitig befruchten. (Ja, theoretisch war das in Gott 9.0 alles drin. Aber ausgearbeitet hat sich eher eine (orange) „moderne” historisch-kritische Deutung der Heiligen Schriften erweitert um eine (gelbe) mystisch-existentielle überzeitliche Deutungen zu bewahren. Also eine „allegorische” Auslegung der Schriften. Da geht noch mehr. (Öffnet in neuem Fenster))
Unsere Angebote richten sich an Komplex-Menschen, die nicht entweder „nur mystisch“ oder „nur kirchlich” oder „nur aktivistisch“ unterwegs sein wollen, sondern die alles – und noch mehr – in sich integrieren möchten. Klar, das macht etwas einsam. Darum hilft mir für meinen geistlichen Denkrahmen Andrew Perrimans narrativ-historische Perspektive, die den Auslegungsfokus auf das „System” zurücklenkt (weg vom Individuum hin zu „Gottes Volk” als historisch-politische Größe) und damit etabliert er eine politisch-historische, konstruktivistisch-narrative Lesart der Schriften.
Damit unterscheidet sich das nuPerspective Institut von anderen integralen oder post-(evangelikalen, charismatischen)konventionellen christlichen Initiativen. Sicher, am Ende wird alles eh ins Kaleidoskop gekippt und verrührt. Aber gut, meine Leidenschaft ist: es sollen eben möglichst diverse Teile ins Gesamtbild eingespeist werden, wenn auch jede:r sich sein Kaleidoskopbild legt.
Wer also nach einer Erwachsenenbildung sucht, die nicht vor den Widersprüchen des Glaubens zurückschreckt, sondern sie als Ressource für Reifung und Transformation nutzt, ist bei uns genau richtig.
Weiterführende Links:
Integrales Christentum – Buchbesprechung (Öffnet in neuem Fenster)
Gott 9.0 in Kürze – Integrale Theorie und Praxis im Christentum (Öffnet in neuem Fenster)
Tilmann Haberer – Integrale Theologie (Öffnet in neuem Fenster)
8. Zwei Grundwerte: Treue zur Wirklichkeit und Leidenschaft für die Metamoderne
Das nuPerspective Institut wird von zwei Grundwerten geleitet, die unsere gesamte Arbeit prägen:
1. Treue zur Wirklichkeit – Anti-Verleugnungsleidenschaft. Positiv: Kollaps-Bewusstsein!
Wir verweigern uns jeder Form von Realitätsverleugnung. Die Klimakatastrophe, die systemische Permakrise und die drohenden Kollaps-Szenarien sind für uns keine Randthemen, sondern stehen im Zentrum unserer theologischen und pädagogischen Arbeit. Wir nehmen die „Zeichen der Zeit“ ernst – und zwar nicht als apokalyptische Hysterie, sondern als nüchterne, wissenschaftlich fundierte Diagnose, die auch von Theolog:innen wie Gregor Taxacher (Öffnet in neuem Fenster)(siehe unser Blogbeitrag (Öffnet in neuem Fenster)) als „apokalyptischer Realismus“ beschrieben wird (zeitzeichen.net (Öffnet in neuem Fenster)). Die biblisch-apokalyptische Tradition war immer schon eine Schule der Wirklichkeitsannahme: Sie hat Katastrophen als geschichtlich wirksame Wandlungsenergien Gottes gedeutet, nicht als bloße Strafe oder Endzeitpanik, sondern als Impuls zur Umkehr, Transformation und Hoffnung auf eine politisch-reale Epoche, genannt „Reich Gottes“ – gerade im Angesicht des Untergangs (Deep Dive Apokalypse, Die Eule (Öffnet in neuem Fenster)).
2. Leidenschaft für eine neue Epoche – Metamoderne als Codewort
Wir sind überzeugt: Die Menschheit steht an der Schwelle zu einer neuen Zivilisationsepoche. Die Metamoderne – verstanden als integrativer, transformativer und dialogischer Kulturmodus – ist für uns das Codewort für diese Suche nach neuen Modellen des Zusammenlebens, der Vergemeinschaftung und des Glaubens. Wir wollen nicht nur analysieren, sondern vorausdenken, vorausleben und experimentieren: Wie könnte eine transformierte Moderne (Öffnet in neuem Fenster) aussehen, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernt und neue Wege wagt?
Können die „Heiligen Texte“ des Christentums dazu etwas beitragen?
Unsere Kurzantwort: Hoffentlich so!
Gerade die apokalyptischen Traditionen des Christentums – von Daniel bis zur Offenbarung – haben Katastrophen immer als Aporien (unumschiffbar!) und als Geburtswehen neuer Wirklichkeiten verstanden. Sie bieten einen Schatz an Deutungsmustern, wie man mit Dauerkrisen, Unsicherheit und dem Gefühl des Kontrollverlusts umgehen kann. Die Apokalyptik ist keine Einladung zur Resignation, sondern zur radikalen Zuversicht (zu der wir verdammt sind) (Öffnet in neuem Fenster) und zur kreativen Transformation – und damit hochaktuell für die Permakrise unserer Zeit (FAZ: Theologen verbinden Klimakrise und biblische Apokalypse (Öffnet in neuem Fenster)).
Trans-christentümlich und postkonstantinisch
Unser Ansatz ist trans-christentümlich, weil er das alte konstantinische Paradigma – das Christentum als staatstragende, machtgestützte Institution – bewusst hinter sich lässt. Wir suchen nach neuen Bildern von Kirche, Vergemeinschaftung und Glaubensinhalten, die sich an den Reifungsgraden des Bewusstseins orientieren (siehe oben). Das bedeutete idealerweise: „Unsere” erhoffte Kirche würde zum Zukunfts-Labor für Ambiguitätstoleranz, für kollektive Resilienz 3.0 (Darüberhinaus-Wachs-Kompetenz) und für die Erprobung neuer, integrativer Formen von Spiritualität und Gemeinschaft.
Fazit:
Die apokalyptischen Texte des Christentums sind dann vielleicht keine Relikte einer untergegangenen Welt, sondern können – neu gelesen – zu Katalysatoren einer metamodernen, trans-christentümlichen Zivilisation werden. Sie helfen, die Permakrise nicht nur zu überleben, sondern als Geburtswehe einer neuen Epoche zu deuten und zu gestalten.
Weiterführende Links:
Apokalyptischer Realismus – Klimakatastrophe als theologisches Thema (Öffnet in neuem Fenster)
Theologen verbinden Klimakrise und biblische Apokalypse – FAZ (Öffnet in neuem Fenster)
9. Fazit: Ne’ integrale Erwachsenenbildung als Antwort auf die Metakrise
Die Positionierung des nuPerspective Instituts ist also klar: Es geht um die Förderung von Menschen, die bereit sind, die Grenzen ihrer Zeit zu überschreiten und echte Reife zu entwickeln. Die integrale Metatheorie liefert dafür das theoretische und praktische Fundament. Sie verbindet die Weisheit der Menschheit mit den Herausforderungen der Gegenwart – und eröffnet neue Wege für eine Bildung, die wirklich transformiert.
Weiterführende Links und Referenzen:
Cook-Greuter, S.: Stufen der Selbst-Entwicklung (PDF) (Öffnet in neuem Fenster)
Integrales Forum: Grundlagen der Integralen Entwicklungstheorie (Öffnet in neuem Fenster)
Stufenübersicht und weitere Ressourcen (Öffnet in neuem Fenster)
Schlussgedanke: Spirituelle Resilienz 3.0
Die Zukunft der Erwachsenenbildung ist integrativ, transdisziplinär und radikal menschlich. Sie beginnt dort, wo Menschen bereit sind, sich selbst und die Welt immer wieder neu zu sehen – und gemeinsam an einer besseren Zukunft zu bauen. Spirituelle Resilienz 3.0 zeigt sich nicht im Rückzug, sondern im verankerten Engagement. Aus dem Ort der inneren Sammlung heraus treten wir dem Zynismus entgegen. Unsere Waffen sind Mitgefühl, Humor, symbolische Handlung und beherztes „Dennoch“.
Fussnoten
Hier kommt die Übersicht der Stufen aus der Selbst-Entwicklungstheorie (SET) nach Susanne Cook-Greuter, basierend auf dem erweiterten Loevinger-Modell. Die Stufen beschreiben, wie sich das Ich-Bewusstsein und die Fähigkeit zur Komplexitätsverarbeitung im Laufe des Lebens entwickeln. Die Namen und Beschreibungen variieren je nach Quelle leicht, aber das Grundprinzip bleibt gleich.
Hier die Kurzfassung der Stufenbezeichnungen:
1. Impulsiv: Handeln nach unmittelbaren Impulsen, kaum Selbstkontrolle, Bedürfnisbefriedigung steht im Vordergrund.
2. Selbstschützend: Erste Kontrolle über Impulse, Denken in einfachen Kategorien wie „gut“ und „böse“, egozentrisch, Vorteilssuche.
3. Konformistisch: Anpassung an Gruppenregeln, Identifikation mit der eigenen Bezugsgruppe, Denken in Stereotypen, Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
4. Selbstbewusst: Erste Reflexion über eigene Gefühle und Motive, Bewusstsein für Unterschiede zwischen sich und der Gruppe, mehr Individualität.
5. Gewissenhaft: Eigene Werte und Ideale werden wichtiger als Gruppennormen, differenziertes Innenleben, langfristige Ziele, Verantwortungsbewusstsein.
6. Individualistisch: Akzeptanz von Widersprüchen und Paradoxien, psychologisches Denken, Verständnis für die Relativität von Werten und Perspektiven.
7. Autonom: Hohe Toleranz für Komplexität und Unsicherheit, Respekt für die Autonomie anderer, Integration von Gegensätzen, existenzieller Humor.
8. Integrativ: Fähigkeit, persönliche und gesellschaftliche Anliegen zu verbinden, Selbsttranszendenz, tiefe Verbundenheit mit dem Leben als Ganzem, selten erreicht.
Eine ausführliche Tabelle mit den Stufen und ihren Charakteristika findest du bei Wikipedia (Öffnet in neuem Fenster) und als PDF direkt von Cook-Greuter hier (Öffnet in neuem Fenster).
Das Entscheidende: Mit jeder Stufe wächst die Fähigkeit, Komplexität, Ambiguität und Paradoxien zu halten – und damit auch die Reife im Umgang mit sich selbst, anderen und der Welt. Das ist die Grundlage für echte Transformation, wie sie die Metamoderne dringend braucht!
Das Ganze differenzierter gesagt (für die Nerds unter uns):
Die Selbst-Entwicklungstheorie (SET) ist ein umfassendes Modell zur Beschreibung verschiedener Entwicklungsstufen der menschlichen Erfahrung, insbesondere im Bereich der Bedeutungsbildung. Sie ist im oberen linken Quadranten von Ken Wilbers AQAL-Landkarte verankert und deckt die präkonventionellen, konventionellen, postkonventionellen und frühen post-postkonventionellen Entwicklungsstufen des Bewusstseins ab. SET ist eine Psychologie der menschlichen Bedeutungsbildung.Im Folgenden werden die grundlegenden Prinzipien und Dimensionen der SET detailliert beschrieben:
A) Grundlegende Prinzipien der Selbst-Entwicklungstheorie (SET)
Keine einfache Hierarchie oder lineare Abfolge: Obwohl die Stufen sequenziell dargestellt werden, ist die SET nicht als eine einfache Hierarchie, eine lineare Progression oder eine Stufenleiter zu verstehen. Die menschliche Entwicklung wird stattdessen als eine spiralförmige Entfaltung mit Veränderungen in alle möglichen Richtungen betrachtet.
B) Vertikale und Horizontale Entwicklung: Die meisten Formen der Erwachsenenentwicklung sind horizontal erweiternd (z.B. neue Fähigkeiten, Fakten oder Wissensorganisation), wobei das Weltbild unverändert bleibt. Die SET hingegen beschreibt, wie sich die Weltbilder selbst im Verlaufe der Zeit verändern – dies ist die vertikale Entwicklung oder Transformation.
C) Integration früherer Stufen: Jede neue Entwicklungsstufe enthält die vorausgegangenen Stufen als Teilmengen. Dies bedeutet, dass jede Stufe auf den Errungenschaften der vorherigen aufbaut.
D) Neue Logik und zunehmende Komplexität: Jede neue Entwicklungsstufe repräsentiert eine neue Logik mit ihrer eigenen Kohärenz und ist gleichzeitig Teil eines größeren und komplexeren Systems der Bedeutungsbildung.
E) Abwechselndes Muster von Differenzierung und Integration: Die aufeinander folgenden Entwicklungsstufen wechseln sich zwischen solchen ab, die Differenzierung (Herauslösung, Abgrenzung) und solchen, die Integration(Verbindung, Harmonie) betonen. Dieses Muster lässt sich sowohl im gesamten Verlauf der persönlichen Entwicklung als auch in der Abfolge der einzelnen Stufen beobachten. Diese Dynamik spiegelt das grundlegende menschliche Bedürfnis nach Autonomie (Absonderung, Eigenständigkeit) und Homonomie (Harmonie, Verbundenheit) wider.
Differenzierungsstufen (mit Schrägstrich gekennzeichnet):
"Selbst-schützend" (2/3), "Selbst-bewusst" (4), "Individualistisch" (4/5) und "Konstrukt-bewusst" (5/6). Hier konzentrieren sich Individuen auf Unterschiede zur alten Sichtweise und integrieren neu gewonnene Unabhängigkeit.
Integrationsstufen (mit ganzer Ziffer gekennzeichnet): "Konformistisch" (3), "Selbst-sicher" (3/4), "Autonom" (5) und "Integriert" (6). Personen auf diesen Stufen sind in der Regel ausgeglichener und verbinden sich mit einer neuen Gemeinschaft auf eine Weise, die ihren momentanen kognitiven und emotionalen Bedürfnissen entspricht.
Wandel zu Postkonventionellen Stufen: Ein allgemeiner Wechsel von der Differenzierung hin zur Integration markiert den Übergang von den konventionellen zu den postkonventionellen Stufen. Während die früheren Stufen eine Bewegung weg vom symbiotischen Eingebettet-Sein hin zu einer erwachsenen Stufe des abstrakten, analytischen Denkens (wie dem wissenschaftlichen Weltbild) darstellen, zeigen die postkonventionellen Stufen (von "Individualistisch" 4/5 zu "Integriert" 6) einen grundlegenden Trend der Assimilation und Integration hin zu einem immer größer werdenden Bewusstsein der Zugehörigkeit und Einheit mit dem Seinsgrund.
Die drei Hauptdimensionen jeder Entwicklungsstufe
Die Selbst-Entwicklungstheorie beschreibt ein psychologisches System, das aus drei miteinander in Beziehung stehenden Komponenten besteht:
HAND: Operative Komponente (TUN – Doing):
Diese Dimension befasst sich damit, was Erwachsene als den Sinn oder Zweck ihres Lebens betrachten, nach welchen Bedürfnissen sie sich richten und auf welche Ziele sie hinarbeiten.
Sie betrachtet die Verhaltensdimension: Wie interagieren Menschen? Welche Bedürfnisse leiten sie? Welche Ziele versuchen sie zu erreichen? Wie meistern sie ihr Leben und wie kommen sie damit zurecht? Welche Rolle spielen andere in ihrem Leben?
HERZ: Affektive Komponente (SEIN – Being):
Diese Dimension fokussiert auf die Gefühle und die Erfahrungen des In-der-Welt-Seins.
Sie behandelt die Affektive Dimension: Wie fühlen sich Menschen in Bezug auf Gegenstände? Wie gehen sie mit Affekten um? Welche Reichweite besitzen ihre Aufmerksamkeit und ihre selektive Wahrnehmung? Wie werden Ereignisse erlebt und verarbeitet? Welche sind die bevorzugten Abwehrmechanismen?
KOPF: Kognitive Komponente (DENKEN – Thinking):
Diese Dimension widmet sich der Frage, wie eine Person über sich und die Welt denkt.
Sie untersucht die Kognitive Dimension: Wie strukturiert eine Person ihre Erfahrung? Wie erklärt sie die Umstände? Auf welche Weise gibt sie ihren Erfahrungen Sinn und Bedeutung? Welche Logik steckt hinter ihrer Sicht auf das Ich und die Welt?
Es ist wichtig zu verstehen, dass jede Stufe aus einer Synthese von Tun, Sein und Denken hervorgeht, ungeachtet der Tatsache, dass der Begriff Logik eine Betonung der Kognition nahelegt.
Metaphorisch gesprochen, bietet die SET eine Erklärung dafür, wie Individuen die "Klippen der menschlichen Entwicklung" meistern, indem sie Steuerungswissen, gesunden Menschenverstand, zunehmend komplexere Karten, Algorithmen und Intuition für sich nutzen. Es ist wie ein Kletterer, der nicht nur eine Leiter hochsteigt, sondern auch neue Routen entdeckt, verschiedene Klettertechniken anwendet und seine Ausrüstung sowie sein Verständnis der Berglandschaft ständig verfeinert, um immer komplexere und umfassendere Gipfel zu erreichen. ↩