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Was im Sommer geschah…

Geschichte eines Geschichtspodcasts/Adenauer und De Gaulle im Film/Alltag in der Wolfsschanze/Pizza in Parma

Seit über hundert Folgen darf ich zusammen mit Joachim Telgenbüscher den Geschichtspodcast Was bisher geschah hosten.

Alles begann mit einer freundlichen Mail im Sommer 2023, es folgte ein Casting in Kreuzberg und im Winter ging es los mit den ersten Folgen. Wir nahmen in Berlin auf, bei den beiden genialen Producern von OnePodWonder, Lukas Schreiber und Tim Kleikamp. Auftraggeber war die Firma Wondery, eine Tochtergesellschaft von Amazon. Und der Laden wiederum gehört Jeff Bezos, dem Mann auf dem Cover der Bunten.

Die Sache machte von Anfang an enormen Spaß und ein Erfolg wurde es auch. Wir sprachen über Charles de Gaulle, über Dschingis Khan, Jeanne d’Arc, Napoleon und die Hexen der frühen Neuzeit. Sogar eine vierteilige Serie über die Geschichte des Nahostkonflikts ging ohne größere Krawalle über die Bühne.

Die europäischen KollegInnen von Wondery waren sehr engagiert, zuverlässig und ließen uns freie Hand. Was bisher geschah wurde eine ihrer erfolgreichsten Produktionen, bewohnte regelmäßig gute Plätze in den Ranglisten und bekam haufenweise positive Rückmeldungen. Wir wurden zu Shootings gebeten, es gab Planungen für das nächste Jahr, alle waren bester Dinge.

Und dann, am 4. Juli 2025, war alles vorbei. Kurzer call, man habe damit einfach nicht genug Geld verdient. Fair enough – im Kapitalismus gibt es kein stärkeres Argument. Ich habe schon einige solcher Situationen erlebt. Manchmal geht das Geld eben aus. Dazu passt aber nicht, dass der Firmengründer und Inhaber die ganze Welt mit seiner Märchenhochzeit in Venedig verblüfft hat. “Unvorstellbarer Luxus”, meldet die Bunte. Ein Bruchteil der Kosten allein für Blumendeko hätte uns auf Jahre finanziert.

Ich rechnete dann mit tränenreichen Sitzungen im Wbg-Team, aber das Gegenteil war der Fall. Aufbruchsgeist blendete mich. In einer beachtlich großzügigen Geste wurden Joachim Telgenbüscher und mir die Rechte an Wbg und der Feed überlassen.

Im August gründeten wir eine GmbH im idyllischen Rottenburg an der Laaber, der Heimat nicht nur Hubert Aiwangers, sondern auch von Simone Terbrack. Sie war unsere Redakteurin und Producerin bei Wondery, hat das Format entwickelt und ist nun, nach dem Ende von Wondery, in unserem Team. Marketing und andere diffizile Fragen (“Habt ihr an die Datenschutzerklärung gedacht?”) regelt Saskia Töns.

Im bayerischen Laabertal, einem verblüffenden Landstrich mit Photovoltaik und Wärmepumpen überall, geht alles erfreulich schnell, so wie früher in der Bundesrepublik meiner Kindheit. An meinem Wohnort müsste ich auf die Termine bei Notar und Banken ewig warten. Hier nutzen die verschiedenen Stellen sogar das Telefon, um sich untereinander zu koordinieren, damit alles klappt. Es war ganz erstaunlich, zumindest das, was ich verstanden habe. Simone musste uns doch des öfteren als Dolmetscherin dienen.

Lukas und Tim orientieren sich leider anders, von ihnen ist Großes zu erwarten!

Bei den Freunden Sebastian Esser und Gabriel Yoran, von Steady, mit denen ich auch diesen Newsletter ersonnen habe und betreibe, weiß ich das Projekt in besten Händen wenn es darum geht, Abonnements zu verwalten und die damit verbundenen Fragen zu betreuen.

Nun wäre alles zusammen. Auf meinem Fensterbrett türmen sich schon die Bücher für kommende Folgen. Joachim hat seine Hamburger Wohnung podcasttüchtig gemacht.

Wir brauchen nur noch – ihre/eure Unterstützung, dann geht es weiter.

Die gute Nachricht: Joachim und ich sind bereits verheiratet (nicht miteinander!) und werden das Geld folglich nicht in Venedig verjuxen. Pläne zum Betrieb privater Raumfahrtanlagen sind keine bekannt.(Bei Tim und Lukas wäre ich mir da allerdings nicht so sicher)

Sollte das nötige Geld zusammen kommen, ist der Podcast weiterhin gratis zu hören. Wir machen es nach dem Robin- Hood-Prinzip. Wer das Geld im Gegenwert einer schlechten Flasche Wein investieren kann und möchte, ermöglicht das zugleich auch Menschen mit weniger Geld.

Sind Sie dabei? Dann hier entlang:

https://steady.page/de/wbg/about (Öffnet in neuem Fenster)

Man kann sich keinen günstigeren Zeitpunkt vorstellen, um in einem Fernsehspiel an die unwahrscheinlichen Anfänge der deutsch-französischen Freundschaft zu erinnern. Manches scheint geradewegs aktuellen Kommentaren zur Weltlage entnommen, wenn de Gaulle und Adenauer darüber reden, wie Europa unabhängig werden kann von Washington und Moskau.

Doch nicht nur deswegen lohnt sich “An einem Tag im September” Es ist auch ein Versuch, große Geschichte aus diversen Perspektiven zu zeigen und das ganze Mosaik der Erinnerung zu beleuchten. Das Treffen von Adenauer und De Gaulle ist für uns längst alte Geschichte, eine fast langweilige Heldensaga aus den Schulbüchern. Aber der Film zeigt: Es war in Wahrheit großes Drama. Kaum jemand weiß noch, wie riskant so eine Annäherung damals war. Hier sind Kanzler und Ratspräsident nicht als Denkmäler, sondern geschundene Seelen zu sehen. Der Film erinnert daran, was zusammen möglich ist und auch, was Europa noch vor sich hat.

Frankreich und Deutschland war damals der Weg, nach einem Krieg wieder ins Leben zu finden. Heute geht es darum, zusammen einen kommenden Krieg zu verhindern.

https://www.arte.tv/de/videos/117674-000-A/an-einem-tag-im-september/ (Öffnet in neuem Fenster)

Vor vielen Jahren musste ich zu einer Pressekonferenz in die Ruinen der ehemaligen Wolfsschanze in Ostpreußen. Dort wurde ein Film des Discovery Channel über den 20.Juli 1944 gezeigt und der Witz war, dass man die Figuren von Stalin, Churchill und Hitler digital animiert hatte. Der Flug von Warschau aus wurde stilecht in alten Maschinen aus den vierziger Jahren absolviert. Doch wir gerieten in ein Unwetter. Die Piloten hatten eine Landkarte auf den Knien, allen wurde schlecht. Ich dachte: Man kann ja im Beruf sterben, schlimm genug, aber bitte nicht für so ein Machwerk. Nach der Vorstellung bemerkte der Kollege aus Indien: “He didn‘t even look like Hitler.”

Die Ruinenlandschaft selbst war schon sehr beeindruckend, Die Naziführung wusste, was sie auf dem Kerbholz hat. Nur dann braucht man diese meterdicken Bunker, wenn wirklich die ganze Welt hinter einem her ist.

Doch meine Kenntnisse über die Geschichte der Wolfsschanze und den Alltag dort blieben begrenzt. Nun hat Felix Bohr dem Thema ein spannendes Buch gewidmet:

Hitler lebte dort in einer eigenen Welt, weit weg vom Krieg und dem Massenmord an den europäischen Juden. Während er täglich Tausende in den Tod schickte, meckerte er über diverse Krankheiten. Auffällig ist auch, wie sehr Hitler als Chef noch bis weit in die Nachkriegsjahre als Modell diente.

Völliger Zufall führte mich zu diesem ewig langen Pizzafilm. Ich bin kein großer Fan seiner Protagonisten, aber irgendwie entsteht zwischen ihnen eine Art schräger Magie, die an Jim Jarmuschs Stranger than Paradise erinnert. Sie landen im Italien der Vororte und möchten am Welt Pizza Wettbewerb teilnehmen. In Deutschland kennt die beiden jedes fernsehende Kind, in Italien kein Mensch.

(Foto: Vox)

Ganzer Film hier zu sehen:

https://plus.rtl.de/video-tv/shows/grenzenlos-genial-gekocht-mit-henssler-und-lafer-1012099/staffel-1-1012100/episode-1-henssler-und-lafer-suchen-die-beste-pizza-norditaliens-1012101 (Öffnet in neuem Fenster)

Von Pizza haben sie nur mäßig viel Ahnung, möchten in deutscher Gründlichkeit aber ganz oben mitmischen. Sie wohnen in einer Art Pizza-WG und improvisieren ihre Rezepte. Die Preisverleihung selbst - beide schneiden sehr bescheiden ab - erzählen sie dann auf Klappstühlen auf einem trostlosen Parkplatz in eigenen Worten nach, eine verblüffende Szene. Großartig!

Der Rezeptteil dieses Newsletters ruft die meisten Zuschrfiten hervor. Mal ist es ein hinweis, mal eine persönliche Geschichte und manchmal auch ein Geständnis: Ein Leser mag kein Geflügel, seit er als Kind ein traumatisches Erlebnis hatte.

Heute gibt es daher kein Huhn, sondern eine Kreation der legendären Nigella, die den Sommer nochmal boostet

https://www.youtube.com/watch?v=0bZipPqZ7rY (Öffnet in neuem Fenster)

Kopf hoch

ihr

Nils Minkmar

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