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Nazis in Oranje

Eigentlich habe ich Urlaub und würde hier ein Strandfoto und einen mehr oder weniger lustigen Satz darüber posten, dass ich jetzt ne Woche offline bin.

Naja, quasi auf dem Weg an den Strand habe ich gelesen, dass heute ein extrem rechter Aufmarsch in Amsterdam stattfinden sollte. Die Organisatoren von der Gruppierung “Nederland in Opstand” hatten schon im September einen Aufmarsch in Den Haag organisiert. Er endete mit Attacken auf ein Büro der linksliberalen Partei D66. Also, schon ein bisschen spannend sich die Rassist*innen heute in Amsterdam anzuschauen.


Ich weiß nicht, wie es in Den Haag war, in Amsterdam gab es Gegenprotest. Angeschaut habe ich mir das nur am Anfang, da waren es etwa 400 Menschen. Viele Ältere, die sich auf den Nationalsozialismus bezogen haben. Bei den jüngeren Teilnehmer*innen dominierten Pali-Tücher das Erscheinungsbild. In den Reden, die ich gehört habe, wurde vor der Gewaltbereitschaft der Straßennazis und einem Wahlsieg von Geert Wilders gewarnt. In den Niederlanden finden in zwei Wochen Parlamentswahlen statt. Wilders lag zuletzt in Umfragen vorne.

Nun zu Wilders Fußtruppen. Diese mussten sich am Museumplein treffen, eine Auflage der Stadt, die auch große Bereiche der Innenstadt zu einem Sicherheitsgebiet erklärt hatte, in dem die Polizei Menschen anlasslos durchsuchen darf. Übrigens, das Van Gogh Museum, hatte heute wegen der befürchteten Fascho-Krawalle geschlossen.

Ich war am Museumplein erstmal irritiert, schallte mir vom Fascho-Aufmarsch Totos “Africa” entgegen. Nicht sehr krawallig…

Das änderte sich dann mit den Reden. Migrant*innen seien gefährlich und nähmen den Niederländer*innen die Wohnungen weg: Abschieben gegen Obdachlosigkeit. Die Regierung, korrupt, dumm oder Teil der Migrationslobby. Ihr kennt das von der AfD, Identitären und Co.

Auf dem Platz heizte sich die Menge dann immer wieder selbst an, mit Techno, Rauchtöpfen und Pyros. Die Polizei war an den Rändern massiv präsent, unter anderem mit einem Wasserwerfer, ließ Pyros, Vermummung (heute verboten) usw aber geschehen. Der Aufmarsch ging dann zügig los und lief eine größere Runde wieder zum Museumplein. Mehrmals, als die Rechten Gegner*innen auf Balkonen und ihnen nicht genehme Symbole wie Peace- und Palästina-Fahnen sahen, flogen Plastikflaschen gegen die Häuser. Die Polizei beschränkte sich darauf, die Häuser zu schützen. Die Angreifer*innen hatten nichts zu befürchten.

Als der Aufmarsch wieder am Museumplein ankam, wurde er offiziell beendet. Einige Teilnehmer*innen hatten aber noch Bedarf nach ein wenig Action. Mit lauten “Niederlande Hooligans”-Rufen ging es durch die Passage unterm Rijksmuseum, dann mit lauten Böllern und auf die Straße geworfenen Schildern, Mülltonnen und Baumaterialien in die Innenstadt. Die Gruppe, die ich mir angeschaut habe, wurde dann nach einiger Zeit von rabiat auftretenden Zivilpolizist*innen gestoppt. Dabei gab es Festnahmen.

Fazit: Kein großer Krawall, aber ein bedrohlicher, einschüchternder Aufmarsch. Dass der mit etwa 800-1000 Menschen doppelt so groß war wie die Gegendemo ist auch bitter. 

Zwei Dinge fand ich kurios:

-Ein berittener Polizist, der vor dem Aufmarsch ritt, hat mehrfach Kinder angesprochen und ihnen gesagt, sie sollten weggehen. Es sei dort gefährlich.

-Beim Verfolgen der Kleingruppe habe ich zweimal gesehen, wie Polizist*innen in ihrem Sixpack gewartet haben, dass Passanten/Anwohner eine auf die Straße geworfene Mülltonne und ein Fahrrad beiseite geräumt haben. Die Verfolgung der Fascho-Hools hat das natürlich nicht beschleunigt.

Jetzt ist aber gut, für mich gibt's Strand.

(Ähm, und vielleicht schreibe ich wieder manchmal Newsletter.)