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tag eins: Rumoren in der deutschen Innenpolitik, Nationalrat geht in Sommerpause

Hallo!

Heute ist wieder tag eins. Du liest deinen täglichen Nachrichtenüberblick.

In der Nachrichtenwelt merkt man, dass sich langsam das Sommerloch ankündigt; der Nationalrat tagt heute das letzte Mal vor der Sommerpause. Auch um die Bundesregierung wird es in den nächsten Wochen etwas ruhiger. Für diesen Newsletter werden das herausfordernde Zeiten: Denn egal wie viel passiert, unser Anspruch ist es, kompakt zusammenzufassen, was du heute wissen solltest. Natürlich kann unser Newsletter dann auch mal kürzer ausfallen, häufig werden wir uns aber auch Themen widmen, die komplexer sind, weiter weg sind oder schon lange vor sich hin lodern. Heute schauen wir auf die Konflikte innerhalb der deutschen Bundesregierung, aber zunächst geht es thematisch noch ins Parlament und in die Ukraine. 

DIE DREI THEMEN DES TAGES

1. Teilzeitpension und Verbot von aromatisierten Tabaksticks beschlossen, befristete Mietverträge sollen verlängert werden


Wir blicken heute genauer auf drei sehr unterschiedliche Maßnahmen mit Auswirkungen auf unseren Alltag, die der Nationalrat am Donnerstag beschlossen hat (Öffnet in neuem Fenster).

Teilzeitpension: Ab kommenden Jahren wird es Beschäftigten, die das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreicht haben, möglich sein, einen Teil der Pension zu beziehen und in Teilzeit (zwischen 10 und 30 Wochenstunden) weiterzuarbeiten. Im Gegenzug wird die Altersteilzeit eingeschränkt: Sie kann nur solange in Anspruch genommen werden, bis ein Pensionsanspruch besteht; maximal aber drei Jahre. Außerdem wird der staatliche Zuschuss in den Jahren 2026 bis 2028 gesenkt. Während die Regierungsparteien die Mini-Reform überschwänglich lobten, kritisiert die Opposition das Gesetz scharf: „Ihr wollt nichts anderes, als das Pensionsalter hinaufzuschieben“, sagte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch

Verbot für Tabaksticks mit Geschmack: Die Menthol-Zigarette ist schon lange Geschichte, nun wird der Schritt auch für „erhitzte Tabakerzeugnisse“ nachgeholt. Der Nationalrat hat einstimmig beschlossen (Öffnet in neuem Fenster), dass künftig auch Heets und ähnliche Tabakerzeugnisse keine Aromastoffe mehr enthalten dürfen. Bei sogenannten Heets wird der Tabak nicht verbrannt, sondern nur auf rund 350 Grad Celsius erhitzt, wobei ein nikotinhaltiger Dampf entsteht und eingeatmet wird. Nicht betroffen sind E-Zigaretten/Vapes, bei denen eine Flüssigkeit (Liquid) verdampft wird.

Befristete Mietverträge: Im Rahmen der Aktuellen Stunde kündigte (Öffnet in neuem Fenster) der für den Bereich Wohnen zuständige Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) für September eine Gesetzesänderung zu befristeten Mietverträgen an. Derzeit müssen befristete Mietverträge für mindestens drei Jahre abgeschlossen werden; zukünftig soll die Mindestdauer fünf Jahre betragen. Damit werden Mieter*innen strukturell besser gestellt. Denn in den letzten Jahren wird immer häufiger befristet vermietet, gerade in den Großstädten ist es teilweise kaum möglich, eine unbefristete Mietwohnung zu finden. Über mehrere Jahre gerechnet, steigen (Öffnet in neuem Fenster) bei befristeten Mietverträgen die Mieten deutlich stärker als bei unbefristeten Verträgen.


2. Akute Hilfe und langer Wiederaufbau: Wie weiter mit der Ukraine?

Die Lage vor Ort ist weiter gravierend. Russland fliegt Nacht für Nacht die bisher heftigsten Luftangriffe seit Beginn des Krieges, allein vorgestern sollen mehr als 700 Drohnen die Menschen in der Ukraine angegriffen haben. T-Online (Öffnet in neuem Fenster) fragt, ob Russland vielleicht sogar generell vor einem entscheidenden Durchbruch steht.

Gleichzeitig ist in mehreren Punkten unklar, wie es mit der internationalen Unterstützung weitergeht. In Rom sind zum vierten Mal Spitzenpolitiker*innen für eine Wiederaufbaukonferenz zusammengekommen, beschrieben bei der taz (Öffnet in neuem Fenster). Laut aktuellen Schätzungen werden über 14 Jahre hinweg insgesamt rund 850 Milliarden Euro gebraucht, schreibt die Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster). EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine anhaltende Unterstützung zugesagt und das RND (Öffnet in neuem Fenster) beschreibt, wie Bundeskanzler Friedrich Merz auch eine führende Rolle Deutschlands an der Seite der Ukraine und beim Wiederaufbau versprochen hat.

Akute Probleme gibt es im Moment auch wegen widersprüchlicher Signale aus den USA. Das Land hatte am 2. Juli kurzzeitig die Lieferungen wichtiger Luftabwehrsysteme ausgesetzt, eine Entscheidung, die inzwischen wie ein Alleingang von Verteidigungsminister Pete Hegseth ausschaut. Präsident Donald Trump zeigte sich hinterher vom Lieferstopp überrascht, Außenminister Marco Rubio soll sogar nur aus den Medien davon erfahren haben, schreibt der SRF (Öffnet in neuem Fenster) in einer Analyse. In Rom hat nun der US-Sonderbeauftragte Keith Kellogg ein neues Flugabwehrsystem aus den USA für die Ukraine in Aussicht gestellt.

ZDFheute (Öffnet in neuem Fenster) denkt darüber nach, wie die Ukraine generell unabhängiger von den Vereinigten Staaten werden könnte. Bei der taz (Öffnet in neuem Fenster) beschreibt Politikanalystin Anna Ackermann, wie ein umweltbewusster Wiederaufbau der Ukraine ausschauen könnte.

3. Rumoren in deutscher Innenpolitik

Auch fünf Monate nach der vorgezogenen Bundestagswahl kommt die deutsche Innenpolitik nicht zur Ruhe. Obwohl die Koalition aus CDU/CSU und SPD sachpolitische Erfolge feiert, stehen atmosphärische Konflikte immer wieder im Fokus der Berichterstattung. 

Aktuell eskaliert ein Streit um die Nachbesetzung eines Richterposten am Verfassungsgericht. Die SPD hatte die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf nominiert, die unter heftiger Kritik von AfD, Teilen der CDU sowie der katholischen Kirche steht. So kritisiert (Öffnet in neuem Fenster) etwa der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ihre Positionen zum Lebensschutz und zur Menschenwürde mit Blick auf das Abtreibungsrecht. Der Spiegel (Öffnet in neuem Fenster) hat eine sachliche Zusammenstellung, wo die Positionen von Brosius-Gersdorf tatsächlich progressiv sind. So hält sie in einem Grundgesetzkommentar etwa das Ehegattensplitting oder das Kruzifix in Klassenzimmern für verfassungswidrig.

Nachdem Bundeskanzler Friedrich Merz sich noch am Donnerstag im Bundestag hinter Brosius-Gersdorf gestellt hat, hat die Unionsfraktion am Freitagvormittag überraschend die Wahl von der Tagesordnung streichen lassen. Als Begründung werden (Öffnet in neuem Fenster) dubiose Vorwürfe durch den Salzburger Aktivisten Stefan Weber (Öffnet in neuem Fenster) genannt, der Frauke Brosius-Gersdorf vorwirft ihre 1997 (!) veröffentlichte Dissertation habe große Ähnlichkeiten mit der Dissertation von ihrem Ehemann Hubertus Gersdorf, der seine Doktorarbeit allerdings erst 1998 veröffentlicht hat. Deshalb müssten die beiden dafür in geheimer Absprache zusammengearbeitet haben. 

Wie es mit der Personalie Brosius-Gersdorf weitergeht, ist derzeit offen.

DIE DREI TIPPS DES TAGES


1. Österreichische Recherche des Tages: Weniger Banken am Land

Weniger Banken, mehr Bankgebühren: Laut einer umfassenden Recherche des linken Thinktanks Momentum Institut (Öffnet in neuem Fenster) ist die Zahl der Bankfilialen in Österreich in den letzten 20 Jahren um 30 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig stiegen die Gebühren für Kontoführung und Co. um 62 Prozent. Zwischen 2005 und 2013 schwankte die Zahl der Bankfilialen bei den 5000; in den letzten Jahren sind aber rund 1.500 Banken verschwunden. 2024 gibt es nur noch 3.526 Bankfilialen. Die Gebühren sind besonders in den Jahren seit 2021 rasant gestiegen — deutlich stärker als die allgemeine Teuerung. Relevant ist die Recherche auch, da die Nationalbank kürzlich angekündigt (Öffnet in neuem Fenster) hat, auf Staatskosten 120 Bankomaten betreiben zu wollen, weil die Bankinfrastruktur in vielen ländlichen Gemeinden mittlerweile mangelhaft ist.

2. Krautreporter-Artikel des Tages: Orbans Herausforderer

Dieser Mann könnte Orbán nach 15 Jahren stürzen. Péter Magyar gehörte selbst zur Elite. Nun hat er ihr den Kampf angesagt.

Jetzt lesen (Öffnet in neuem Fenster)

3. Fundstück des Tages: Bizarres Lob von Donald Trump für Liberias Präsidenten Joseph Boakai

Donald Trumps Laufbahn ist wahrlich nicht arm an Skurrilitäten, gestern kam eine weitere hinzu. Vor laufenden Kameras lobt der Staatschef das Englisch des liberischen Präsidenten Joseph Boakai: „Such good Englisch, such beautiful English. Where do you learn to speak so beautifully? In Liberia?“

Was Trump offenbar nicht wusste: Englisch ist die quasi-offizielle Amtssprache in Liberia. Peinlich, überheblich, rassistisch.

https://x.com/AfricaFactsZone/status/1943214754400526823 (Öffnet in neuem Fenster)

TGIF, thank god it’s friday! Schönes Wochenende schonmal.

Dominik

Dominik Ritter-Wurnig
Bild: Severin Wurnig

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