Pali-Tuch erklärt – Windelköppe für Anfänger

Schon die alten Ägypter haben sich, um den Schweiß aufzufangen, bei der Arbeit einfach ein Tuch um den Kopf gewickelt.
Im Zweistromland, dem heute als Ursprung der Zivilisation markierten „echten Garten Eden“ im heutigen Irak, war es über Jahrhunderte, eher Jahrtausende, Gang und Gäbe. Zumindest für Männer, eher Landarbeiter und Fischer.
Woher der Name wirklich stammt, weiß man nicht so genau. Die am weitesten verbreitete Annahme ist aber, dass es aus der irakischen Stadt Kufa stammt, die genau an diesem Zweistromland liegt.
Nachgewiesen ist der Name „Kufiya“ etwa ab der Zeit der Kreuzzüge. Und so wurden alle solche Kopfbedeckungen genannt, auch quietschbunte, die eher an einen Turban erinnern.
So etablierte sich im heutigen Irak eine bestimmte Bildsprache, eine Symbolik, für ein ganz bestimmtes Muster.
Das weiße Tuch wird eingerahmt von zwei dicken Balken. Diese sollen die beiden Flüsse Euphrat und Tigris symbolisieren. Zwischen diesen Balken sind wellenartige Strukturen angebracht. Und in der Mitte des Quadrates findet sich das Fischernetz.

Foto: Eine klassische Kufiya mit altem Muster.
Wir setzen diese Gegend heute eher mit Wüste gleich. Doch auch die biblische Sintflut hat eindeutig ihren Ursprung im babylonischen Gilgameš-Epos etwa 1800 v. Chr. und wurde auch im sumerischen Atraḫasis-Epos erzählt. Die Gegend ist also weit länger mit Wasser und Fischerei assoziiert, als Noah und seine Arche. Sie war in alten Zeiten auch nachgewiesenermaßen grüner.
Die Araber
Der gesamte Raum wurde in der arabischen Expansion mit Aufkommen des Islam ab 622 gewaltsam kolonialisiert. Und diese Kolonialherren bekämpften sich immer wieder untereinander, was zu verschiedenen Dynastien und Hauptstädten führte. Umayyaden (Damaskus), Abbasiden (Bagdad, später Kairo), Großreiche zerfielen und zum Schluss wurde die gesamte Region durch die nicht-arabischen Osmanen (Istanbul) eingenommen. Diese beherrschten ein Reich, das zeitweise größer war als das römische Imperium, für 400 Jahre.
Was den Arabern natürlich nicht gefiel.
Dieses erklärte, spezifische Muster der Kufiya wurde im gesamten arabischen Raum populär. Allerdings mit Abwandlungen.
In Jordanien und Saudi-Arabien wurde es eher in Rot auf Weiß getragen, während der britischen Mandatszeit wurde es sogar Kopfbedeckung der jordanischen und britischen Truppen.
Heute wird das Tuch auch beispielsweise von Jeziden und Kurden getragen, also verfolgten Minderheiten.

Foto: Ursprünglich britische Hilfstruppen bei einer Parade zur Einführung des jordanischen Königs 1946.
Das Osmanische Reich wurde im Ersten Weltkrieg besiegt und zerschlagen.
Und einer der wirkmächtigsten Vertreter einer „palästinensischen“ Nation war der Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini (Öffnet in neuem Fenster).
Da er eine arabische Identität in der Region schaffen wollte, propagierte er das „arabische“ Kopftuch. Denn im Osmanischen Reich, das mehr und mehr westlich orientiert war, war der Fes (arab.: Tarbusch) identitätsstiftende Mode.
Während des arabischen Aufstandes gegen Briten und Juden in der Region Palästina 1936–1939, also dem heutigen Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten, verbot er sogar in durch Araber eroberten Dörfern das Tragen des türkischen Tarbusch und verlangte, die Männer sollten die Kufiya tragen.

Später lebte al-Husseini auch in Nazi-Berlin, traf Hitler, besichtigte Konzentrationslager, wurde zum SS-Gruppenführer (General) ernannt und stellte auf dem Balkan muslimische SS-Einheiten auf.
Als ein Ende des Krieges absehbar war, flüchtete er nach Ägypten, wo er weiterhin mit vielen Nazis kooperierte, die dort Unterschlupf gefunden hatten.

In dieser Zeit wurde Israel gegründet (1948), was sein Anliegen der Vernichtung der Juden und Erschaffung eines arabischen Staates in der Region Palästina umso dringlicher machte.
In Kairo traf er auch den dort studierenden Ägypter Jassir Arafat, mit dem er über drei Ecken verwandt war. Arafat wurde zu seinem Protegé.
Arafat gründete dann 1959 in Kuweit die Fatah, eine sozialistische, nationalistische Organisation zur Gründung eines arabischen Staates und zur Vertreibung der Juden. Wofür auch Husseini Gelder beschaffte.
Später wurde ein „palästinensischer Nationalrat“ gegründet, der auch gleich die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO gründete.
Zu ihrer Gründung definierte die PLO 1964 erstmals die Araber der Region als alleinige „Palästinenser“ (Öffnet in neuem Fenster). Denn zuvor war das einfach eine lose Herkunftsbezeichnung für alle, die in der Region lebten. Also auch für Juden, Christen, Drusen und Beduinen.
Und Arafat war es, der die schwarz-weiße Kufiya aus dem irakischen Zweistromland endgültig als Identitätsmerkmal für Palästinenser etablierte. Auf Bildmaterial vor 1964 sieht man kaum einmal jemanden so etwas wie eine Kufiya tragen.
Er trug sie bewusst immer genau so, dass der über der rechten Schulter hängende Zipfel ein Dreieck ergab, das die Region Palästina ohne Israel symbolisieren sollte.

Und so hat auch die Deutung der Symbole eine Wandlung erfahren. Wann, ist nicht genau klar.
Auf der nun „palästinensischen“ Kufiya sollen die Balken nicht mehr die beiden Ströme Euphrat und Tigris symbolisieren, sondern Handelsrouten. Was bemerkenswert ist, denn die Weihrauchstraße im arabischen Westen endete dort, der Handel verlief eher nicht durch die Region. Die Wellen wurden leicht geändert und sollen nun Olivenblätter symbolisieren, und das eindeutige Fischernetz die Fischerei. Was ebenfalls merkwürdig ist, da die Araber in der Region eher nicht für Fischerei und Schiffshandel bekannt waren.

Mit aufkommen der PLO und dem Narrativ des „Widerstandes“ - wohlgemerkt bevor das Westjordanland und der Gazastreifen von Israel nach dem Sechstagekrieg besetzt wurden - wurde das „Pali-Tuch“ in der Folge auch Mode in Europa. Das ebbte wieder ab und nun werden diese Accessoires von der gleichen Klientel, eher Linksaußen bis linksextremistischen Menschen aus dem Studentischen Umfeld, wieder aus der Schublade geholt.
Für sie symbolisiert es den Widerstand und vereinzelt Sozialismus. Ein Symbol gegen „den Westen“, Kapitalismus und Kolonialismus. Obwohl es eigentlich ein Zeichen von Terrorismus, Faschismus, Kolonialisierung, Antisemitismus und nicht nur kultureller Aneignung, sondern sogar von ganz gezielter Instrumentalisierung ist.
Weshalb ich mir die Freiheit nehme, diese Menschen auch als Windelköppe zu bezeichnen.