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Folge 123

Ich bin jetzt wieder länger in Italien und bereite von hier aus neue Veröffentlichungen im Verlag vor: es kommen vier neue Bücher! Davon erzähle ich bald im Verlagsnewsletter.

Das PGExplaining-Demokratiebuch (Öffnet in neuem Fenster) (1/4) wird gerade produziert und ich sitze an einem intellektuell und emotional sehr schwierigen Essay. Deshalb wird der Newsletter heute eher fluffig, ich muss mich auch erst wieder in (diese) Form schreiben.

Aktuell freue ich mich sehr über den Platz auf der Shortlist für den Kurt-Tucholsky-Preis (Öffnet in neuem Fenster). Es tut einfach gut, wenn doch mal etwas offiziellere Anerkennung für die eigene Arbeit kommt.

Den Verlagsshop betreut mein Sohn in Berlin. Mindestens ebenso wichtig ist, dass er auch den Verlagskater betreut: So schön, Laser geht es nachhaltig besser. Vor einiger Zeit war unsere große Gartenparty und er hat sich nicht drinnen versteckt, sondern zur allseitigen Freude in die Menge geworfen.

Ihr interessiert euch sicher brennend dafür, wie die Katzenwand in der Italien-Wohnung mittlerweile aussieht. Die Hängung ist weiterhin provisorisch, weil die Wände noch nicht renoviert sind.

Verschiedene Bilder mit Katzen an einer Wand

Ich spare jetzt auf zwei weitere Bilder bei Ebay und einen Charley-Harper-Print, aber bin auch jetzt schon sehr zufrieden.

Für lebende Künstler*innen mache ich gern ungefragt Werbung. Das Minigemälde links unten mit der Spaghetti essenden Katze ist von Sally Welchman (Öffnet in neuem Fenster) (verschickt leider nicht nach Deutschland), der signierte Print mit der Person auf der Couch ganz unten ist von Julia Soboleva (Öffnet in neuem Fenster).

Das Bild mit Mädchen und Kätzchen links oben ist schon 200 Jahre alt und ganz schön gruselig.

Etwas (relativ) Altes: KInnuie

Bestimmt für viele überraschend: Ich habe noch nie ChatGPT benutzt. Das nützt mir aber auch nichts, denn generative KI schwappt von allen Seiten rein.

Ich fühle mich ästhetisch belästigt von all den fürchterlichen KI-Bildern, die meine Bildsuchen erschweren, intellektuell belästigt von der kotzigen Google-Suche-Laber-KI, die unfassbaren Mist verzapft, kreativ belästigt von all den witzigen Sachen, die Menschen mit ChatGPT anstellen.

Ja, ich bin diese Person, die zehn Jahre lang Bücher verlegt hat, in denen auch mit KI, sogar mit frühen Versionen von ChatGPT gearbeitet wurde. Aber das wurde von Profis getan, reflektiert, eingeordnet damit es für die Öffentlichkeit besser vorstellbar und diskutierbar wird, was mit KI möglich ist. Im Guten, im Schlechten. Hat natürlich kaum jemand mitbekommen, jetzt ist es zu spät.

Jetzt müssen die Dinger asap aus den Händen der Tech-Bros genommen und streng reguliert werden. Hört sofort auf, für ein bisschen eitles Vergnügen Milliardärs-KI zu trainieren. Pls.

Etwas Neues

Meine aktuelle Instagram-Besessenheit sind Wildschweine im und am Meer und in Pools.

Wildschwein im MeerWildschwein im MeerWildschwein im PoolWildschwein auf Strandliege

Das beste Video finde ich nicht mehr. Darin half eine Person einem Wildschwein aus einem Pool, nur um dann zu erleben, wie das Wildschwein oben auf dem Absatz kehrt- und wieder Köpper in den Pool machte, auf die Person zu. Komplette Panik bei Mensch und Tier, aber nicht zu mies, noch lustig.

Ich liebe Wildschweine ohnehin sehr, finde sie überaus cute – jaja, ich weiß, dass Wildschweinmütter krass gefährlich sind. Mein Großvater* saß mal eine ganze Nacht lang auf einem Baum, weil ihn eine Wildschweinmutter töten wollte. So what? Ich bin auch Mutter und krass gefährlich.

* Passingtipp: Wenn man »Großvater« und nicht »Opa« sagt, klingt es so, als würde man aus einer Familie mit (altem) Geld kommen.

Sagt ihr noch »Bache«, »Eber«, »Frischling«? Ich nicht. Ich sage nicht mal mehr »Wildschweinbaby«, sondern »Babywildschwein«. Zeiten ändern sich, Sprache ändert sich mit. Hast du ein Problem damit?

Dante und drei Frauen. Eine Frau sagt: »Geh doch nach früher, wenn’s dir heute nicht passt.« Dante: »Versuche ich ja die ganze Zeit …«

Ich bin Abkömmlingin einer Försterdynastie**, da ist »Babywildschwein« zu sagen, ungefähr so degoutant, wie als Milliardärserbin das ganze Geld zu spenden. Wer mir schon sehr lange folgt, kennt dieses Foto vielleicht.

Historisches Foto: Personen in Förster-Uniform mit Gewehren und Weimaranerhunden

** Realitätsprüfung: »Abkömmlingin einer Försterdynastie« klingt gut und ist auch irgendwie wahr, aber faktisch bei irgendwelchen Großonkeln geendet, die ich vor 30 Jahren das letzte Mal gesehen habe.

Meine Vorfahren – haha, ich habe noch nie »Vorfahren« gesagt oder geschrieben – sehen erst mal martialisch aus mit ihren Bärten und Knarren und Riesenhunden, aber die, die ich noch kennengelernt habe, waren sehr lieb. Förster sind ja keine Spaßkiller wie Jäger. Mit meiner Erinnerung an sie und meinem Wissen von heute würde ich sagen: Die waren alle Drinnies mit dem Wald als erweiterter Wohnung.

Aus dieser Ecke der Verwandtschaft kommen auch meine italienischen Gene, die sich bedauerlicherweise nicht in besonders rasantem Spracherwerb zeigen. Aber ich werde besser, diene täglich der Duolingo-Eule und spreche immer öfter, fast täglich, auch mit italienischen Menschen.

Im Draußenleben des Badeortes beobachte ich, weil ich gar nicht anders kann – ich bin ja nicht nur eine sauertöpfische linke Intellektuelle, sondern auch eine oberflächliche Tussi, eine hohle Nuss – Styles und Trends. Die Sommer-Bikini-Trendfarbe ist Schwarz (letztes Jahr Rot) und die Sommer-Hund-Trendfarbe Karamell (so wie in Berlin-Pankow auch). In der Stadt hat man den Hund diese Saison gern buchstäblich kuhgroß, aber beim Rumstehen&Bräunen&Plaudern im Meer hält man lieber einen winzigen Hund im Arm. Die Mädchen vom Ort tragen abends weiterhin alle Jeans-Hotpants und schwarze Crop Tops, die Jungs dieses Jahr nicht mehr nur Klamotten in Schwarz, sondern nun kombiniert mit Weiß. Fast alle Mädchen und Frauen haben Saint-Barth-Taschen am Arm hängen. (Ist irgendwie das aktuelle Ersatz-Fiorucci, weil das von Brit*innen aufgekaufte und relaunchte Original-Fiorucci in Italien noch nicht so richtig wieder angenommen wird. Bei Kleidung und Schuhen kennen Tourist*innen 2025 nur Boho. Mir steht absolut nichts, wozu man »Hippie« sagen könnte, bin da also raus, deshalb entwickle ich hier so einen 80s-Italo-Erinnerungs-Stil, der mir sehr gut gefällt, aber auf Außenstehende bestimmt merkwürdig wirkt. Ich sammle ja nichts, aber besitze mittlerweile so viel Vintage Fiorucci (Tipp: »Archive« statt »Vintage« sagen, klingt zehnmal teurer), dass es locker als Sammlung durchgeht.

Weiße Fiorucci-Tasche mit bunten Comicmotiven

Badehosen sind hier dieses Jahr gern neonfarben. Mag ich, können die Menschen hier absolut tragen, sind ja keine bleichen Berliner Clubleichen. Ach ja, Touristen-Männer tragen abends beim Schaulaufen zum Teil krasse Poppermode, was ich leider nach wie vor attraktiv finde, obwohl ich als Deutschlands führende Popper***-Expertin am besten weiß, dass damit nur in Ausnahmefällen politisch Gutes daherkommt.

*** Nicht der Philosoph.

Obwohl der Ort in erster Linie von cis Paaren und klassischen Familien durchschlendert wird, gibt es natürlich oder zum Glück auch queere Menschen, die aber, soweit ich es bisher sehe, optisch unauffälliger als in Berlin daherkommen. Ab und zu ein bisschen Undercut, ganz selten bunte Haare.

Bikinis und auch Badehosen werden in jedem Alter knapp getragen – Motto: extreme Bräune macht den Beachbody –, aber topless am Strand machen fast nur cis Männer und umgezogen wird sich strikt unter dem Handtuch. Also alles wie überall: widersprüchlich.

Widersprüchlich ist ja auch gar kein großes Problem, wenn man es reflektiert und die Widersprüchlichkeiten anderer nicht härter als die eigenen beurteilt.

Etwas Geborgtes: Ein Zitat (und meine Leseempfehlung)

»Die Frauen sprachen gern während des Maßnehmens, und durch die Geschichten der anderen erzählten sie von sich selbst.«

Quelle: Michela Murgia, Accabadora (Öffnet in neuem Fenster), Seite 14

Etwas Unheimliches

Italienische 60er-Jahre Zementfiguren: Rotkäppchen und der Wolf

Falls mal jemand einen unheimlichen Garten anlegen möchte, macht mich gern zu eurem Personal Shopper. Ich finde das gute Zeug für euch.

Hand befestigt Gummizeh auf Fleischzeh.

Transhumanismus für Anfänger*innen (Hilfe!!!)

Rubrikloses

Auf Instagram erzählt eine ADHS-Influence-Person: »OMG, ich habe mich in der Bahn geschminkt« und ich brauche ewig, bis ich checke, was das Problem sein soll. Normal ist eben relativ.

Es wird bestätigt, dass Sie ein Mensch sind. Dies kann einige Sekunden dauern.

Warum noch Philosophiestudium? Es gibt doch Scheiß-KI.

Präraffaelitische Girls erklären

Vielleicht erzeugte das Böse ungewollt auch sein Gutes: Menschen weltweit wurde gerade bewusst, dass sie wieder selbst denken und handeln mussten.

Ciao miao,
FrauFrohmann

Spendet Geld für hungernde Menschen in Afghanistan, in Gaza, in Myanmar, im Sudan. Geht demonstrieren. Zieht nicht mehr den Kopf ein, es ist einfach nicht fair, das zu tun, nur weil man noch eine Wahl hat.

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