Herta + die Wien-News der Woche
Bevor wir zum eigentlichen Newsletter kommen, muss ich dir was erzählen. Du kannst aber gerne direkt zu den News der Woche runterscrollen, wenn du magst.

Als ich am Montag in mein Büro ging, zog ich die Vorhänge auf – der eine klemmt immer noch in der Gardinenschiene. Aber darum soll es nicht gehen. Die Tür lasse ich in der Früh oft offen, damit frische Luft hereinkommt. Ich schaue auch sehr gerne hinaus und beobachte die vorbeifahrende Straßenbahn, Hunde, die ihr Geschäft in unsere Bauminsel verrichten, Joggende, zur Arbeit Eilende – und zu dieser Uhrzeit selten Flanierende. Es hat etwas Romantisches, in einem Gassenlokal zu arbeiten. Dass man selbst genauso beobachtet wird, wie man selbst beobachtet, habe ich verdrängt – und meine Nachbarn gegenüber haben sich wohl schon daran gewöhnt, dass ich in die Gegend hinausschaue.
An diesem Montag jedoch passierte ein wahrer Schock. Ich kam mit echter Natur in Berührung. Du wirst jetzt vielleicht lachen, aber ich erzähle dir mal was: Als ich knapp vier Jahre alt war, besuchte ich zum ersten Mal meine Großmutter in Polen. Es war das Jahr als Tschernobyl passierte. Als ich begeistert auf ein Huhn zeigte und rief: „Schau, Oma! Ein Kaninchen!“, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen und dachte sich: Herrje. Was soll nur aus den Kindern werden, die in der Großstadt aufwachsen? Soviel zu meiner Sozialisierung in Sachen Natur. Ich kann die Tiere mittlerweile zwar gut unterscheiden, betrachte das Reich der Insekten aber lieber mit Abstand. So auch an besagtem Montagmorgen: Mein Blick schweifte zwischen Tram, Hundeleine und einer Dose neben dem Mülleimer – und blieb schockartig an der Türschwelle hängen.
Ein Vieh. Ein grünes. Ein riesiges. Heuschrecken sind wirklich wunderschön – aber bitte nur aus der Ferne. Ich wollte nicht riskieren, dass diese Heuschrecke beschließt, die Schwelle Richtung Innenraum zu übertreten. Also nahm ich meinen Mut zusammen, griff nach einer Flaneur-Ausgabe und versuchte, sie vorsichtig nach draußen zu befördern.
Okay, ich gebe zu – vorher habe ich natürlich noch ein Foto gemacht und meinem Büro-Mitbewohner in die WhatsApp-Gruppe namens “haha” geschickt.
Konversation:
„Schau mal.“
„Ah, schon wieder ein Herbert.“ (Bei Philipp heißen alle Insekten Herbert.)
„Es ist eine sie. Berta.“
„Moment – Berta hieß doch schon unsere Maus.“
„Stimmt… Herta?“
„Klingt richtiger.“
Herta ließ sich allerdings nicht bewegen. Sie schien im Türschwellenspalt festzustecken. Ihr Körper pochte, ihre Beinchen streckte sie mir mal entgegen, dann zog sie sie wieder ein.
Na toll, dachte ich. Wie hast du das denn geschafft? Ich versuchte, ihren Po aus der Ritze zu befreien – ohne Erfolg.
An dieser Stelle weißt du vielleicht schon, was Herta vorhatte: Sie hatte offenbar das perfekte Versteck gefunden, um ihre Eier zu legen. Nur wusste sie nicht, dass hinter ihr eine Tür war, die in regelmäßigen Abständen geöffnet wird. Noch mehr Stress für sie.
Meine Mission, sie zu retten, war noch nicht beendet. Da ich als Stadtmensch eine gewisse Überdurchschnittsschreckhaftigkeit entwickle, wenn Lebewesen zu viele Beine haben und unberechenbar springen können, holte ich Nuhr zu Hilfe – meinen Nachbarn von gegenüber. Sein Blick verriet mir, dass er mich kurz für leicht schräg hielt, als ich fragte, ob er helfen könne.
Er kam rüber, versuchte dieselben Zeitungs- und Flyertricks wie ich, ging dann zum Aleppo-Handyshop, den er vor ein paar Jahren eröffnet hatte, und holte Werkzeug, mit dem man eigentlich Smartphones repariert. Er operierte einige Minuten zwischen Spalt und Heuschrecke, deren Körper weiter pochte. Dann sah er mich an und sagte:
„Sie will nicht, dass ich sie befreie. Sie will da sein. Sie wird sterben.“
In dem Moment kam mir die Erleuchtung. Dr. Google zeigte mir Bilder von eierlegenden Heuschrecken – exakt wie Herta aussah.
Nuhr und ich wechselten Blicke, dann kam aus mir nur: „Voll krass. Natur, hey.“ Das war ein seltsamer, stiller Bonding-Moment. Unsere Herta presste da gerade ihren Nachwuchs in den Türspalt. Wir nickten einander zu. Er ging wieder seinen Kunden nach, ich setzte mich an die Arbeit.
Am Abend pochte Herta nicht mehr. Ihre Beinchen waren angewinkelt. Naiv dachte ich, sie ruhe sich nur aus. Tat sie nicht. Sie war im Heuschreckenhimmel.
Ich beschloss: Irgendwann sollte ich eine Reportage über die Tierwelt in der Großstadt machen. Wenn du dazu Fragen oder Input hast. Gerne her damit.
Kommen wir nach dieser Schwellengeburt zu den News der Woche:
In der Breitenleer Straße (22. Bezirk) wurde eine 1,5 km lange, teils rot eingefärbte Multifunktionsspur für Radfahrende und Busse eröffnet. Sie verbindet die Stadtgrenze direkt mit dem Mega-Radhighway in der Wagramer Straße, sorgt für mehr Sicherheit und Sichtbarkeit – und bringt mit 81 neuen Bäumen zusätzliches Grün in die Donaustadt.
Das Wiener Wäldchen in der Brigittenau (Pappenheimgasse) gedeiht ein Jahr nach seiner Pflanzung prächtig. Es ist Teil des Projekts „Wiener Wäldchen“, das dichte Mini-Wälder auf kleinen Flächen schafft – aktuell gibt es 14 Standorte, langfristig soll jeder Bezirk eines bekommen.
Fotowettbewerb „Blühendes Zuhause“
- fällt zwar in die Kategorie “Ruhm und Ehre”, ist aber trotzdem erwähnenswert.
Gesucht werden die schönsten privaten Grünoasen der Stadt – vom Blumenkisterl bis zum Indoor-Dschungel. Teilnahme kostenlos, tolle Preise zu gewinnen (kein Preisgeld, aber Sachpreise wie Gartengutscheine und Pflanzenpakete). Einsendeschluss: 12. August 2025.
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ÖPUL – Zwischenfruchtbegrünung
Wien weist knapp 4 800 Hektar Ackerfläche auf, was etwa 11,5 % der Stadtfläche entspricht – Grund zur Ermutigung für städtische Grünprojekte.
Das Österreichische Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) unterstützt Landwirt*innen dabei, Ackerflächen zwischen zwei Hauptkulturen zu begrünen, um Bodenerosion zu verhindern, Humus aufzubauen und die Biodiversität zu fördern. Für die Maßnahme „Begrünung von Ackerflächen – Zwischenfrucht“ gelten heuer folgende Fristen laut AMA und Landwirtschaftskammer Oberösterreich: Für die Varianten 1–3 muss die Ansaat bis 31. August 2025 erfolgen, für die Varianten 4–7 bis 30. September 2025.
Quellen: LK OÖ (Öffnet in neuem Fenster), Top Agrar (Öffnet in neuem Fenster)

Innenhof- und Gebäudebegrünung (MA 22)
Fördert Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung sowie Entsiegelungsmaßnahmen. An Plätzen, an denen keine Bäume gepflanzt werden können, sind kühlende Grünfassaden eine ideale Lösung. Die Stadt Wien unterstützt die Errichtung von Vertikalbegrünungen als wesentliche Abkühlungsmaßnahme. Die Förderung wurde daher von 2.200 Euro auf 5.200 Euro pro Projekt erhöht. Ziel ist es, Hitzeinseln zu reduzieren, die Luftqualität zu verbessern und das Mikroklima zu stabilisieren. Frist: laufend (bis 2026 oder Budgetende).
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WieNeu+ Grätzlförderung (Projektgebiete 2 & 3)
Unterstützt den innovativen Anteil von Sanierungen, Planungen oder Geschäftsmodellen im baulich-technischen Bereich. Gefördert werden Projekte in Grätzl 20 + 2 und Hernals. Die Förderhöhe liegt je nach Schiene zwischen 40–50 % der Mehrkosten, mit klar definierten Maximalbeträgen. Frist: laufend bis 31.12.2025 (Grätzl 20 + 2) bzw. 31.12.2028 (Hernals), Antragstellung vor Projektbeginn erforderlich.
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Herbert Prohaska ist 70 geworden. Von Bürgermeister Ludwig erhielt er den “goldenen Meisterteller”. Wir gratulieren ihm an dieser Stelle mit dem wunderbaren Hip Hop-Hit von Crack Ignaz.
https://www.youtube.com/watch?v=GGGcPvlfwns (Öffnet in neuem Fenster)
OCT.opus 25 – Walzer mit acht Armen
Vom 15. August bis 13. September verwandelt sich der Teich vor der Karlskirche in eine poetische Unterwasserwelt – na gut, fast. Das Künstler*innen-Kollektiv God’s Entertainment lässt dort eine überlebensgroße Oktopusskulptur „schwimmen“. Die Installation ist Konzertbühne, Denkraum und begehbare Skulptur zugleich – inspiriert von Donna Haraways Ideen zu Intelligenz, Berührung und Verbindung.
Eröffnung: 15. August, 19.30 Uhr, mit fünf Uraufführungen von God’s Entertainment & Black Page Orchestra.
Laufzeit & Zeiten: Soundinstallation So–Do 16–21 Uhr,
Fr & Sa Performances/Konzerte 19.30–22 Uhr.
Specials: Talks, Gastmahl & Ballett an ausgewählten Terminen (Zählkarten erforderlich).
📍 Spiegelbrunnen im Resselpark, Karlsplatz – Eintritt frei.
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Demokratie-Fitness in den Wiener Bädern
Ob das der richtige Weg ist, Menschen zu mehr Demokratie zu bewegen? Schwer zu sagen. Aber es ist auf jeden Fall ein unkonventioneller Versuch – inspiriert vom Erfolgsmodell aus Dänemark: In Badehose mitreden, was im Bezirk passiert. Und wenn man an der Langostheke sowieso tratscht, warum nicht gleich richtig mitmachen?
Das Büro für Mitwirkung tourt im August mit seinem „Demokratie-Fitness“-Programm durch die Wiener Bäder. In lockeren Runden trainiert man spielerisch „Demokratie-Muskeln“ wie Zuhören, Kompromissbereitschaft oder Zivilcourage. Kostenlos, offen für alle – solange man ein Badeticket hat.
📅 Termine:
Mi, 13. August – Strandbad Angelibad, 14–18 Uhr
Mi, 20. August – Liesingerbad, 14–18 Uhr
Mi, 27. August – Strandbad Gänsehäufel, 14–18 Uhr

Da ich dich heute schon zu meiner polnischen Oma mitgenommen habe, möchte ich dir die wirklich besten Pierogi Wiens empfehlen: Dominika macht Pierogi in unterschiedlichsten Varianten. Sie schmecken mindestens genauso gut wie bei Oma. Dazu ein kühles Bier oder eine Limo.
Ich empfehle genug Platz im Bauch für die süßen Pierogi zu lassen. Man kugelt zufrieden aus dem Lokal heraus. Garantiert.
Mo-Mi 12.00-19.00 Uhr
Do, Fr 15.00-22.00 Uhr
Sa, So+FT geschlossen
Ich wünsche dir eine gute Woche. Wenn dir der Newsletter gefallen hat und du jemanden kennst, der ihn auch dringend lesen sollte, leite ihn gerne weiter.
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