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Der Shitposter-in-Chief

Mit lächerlichen und provokativen Postings (oft KI-Bildern) provoziert Donald Trump: Eine Analyse, warum er und das Weiße Haus das tun.

Einige haben wahrscheinlich dieses Bild gesehen. Man sieht Donald Trump als Superman. In heroischer Pose fliegt er nach oben – es ist ein weiteres Beispiel für den KI-Schrott, den der offizielle Social-Media-Account des Weißen Hauses postet. Meine ersten zwei Assoziationen zu diesem Bild waren:

1.) Die Bildsprache rund um Trump fühlt sich mittlerweile an wie die Bildsprache eines Kults.

Trump ist als Superman dargestellt: Er wirkt athletisch und heroisch, fliegt nach oben, Blick in die Ferne gerichtet. (Opens in a new window)
Credit: Offizielle Accounts des Weißen Hauses und US-Präsidenten auf Instagram

Da wird Trump (vom offiziellen Regierungskanal) mal als Superman dargestellt, mal als König (Opens in a new window). Man kann das als Witz lesen, es ist wohl auch als Provokation gemeint – aber gleichzeitig spiegelt sich hier der intensive Personenkult wider, den das Trump-Lager betreibt. Mir gibt diese übertriebene Darstellung von Trump als Held sehr zu denken. Erstens, weil man generell nie so unkritisch auf politische Führungsfiguren blicken sollte. Zweitens aber auch, weil ergänzend zur Verklärung Trumps auch eine Verteufelung von Andersdenkenden hinzu kommt. Die Rhetorik des Weißen Hauses schürt In-Group-Love und Out-Group-Hate – also die Eigengruppe wird verklärt und die Fremdgruppe (die anderen) werden als gesellschaftliches Übel dargestellt. So albern solche KI-Bilder optisch wirken, so sehr kommunizieren sie aber ein derartiges manichäisches Weltbild.

Wen das Thema interessiert: Auf dieses Schüren von In-Group-Love und Out-Group-Hate gehe ich in meinem letzten Buch “Wider die Verrohung (Opens in a new window)” ein.

Meine zweite Assoziation war:

2.) Trump und sein Weißes Haus liefern hier ein klassisches Shitposting. Ich beschäftige mich ja seit Jahren mit Internet-Trollen. Und ein wichtiges Werkzeug des Trolls, der sich an der Diskurszerstörung erfreut, ist das Shitposting. Die deutschsprachige Wikipedia erklärt (Opens in a new window) etwa: Als Shitposting versteht man “einen ‘nutzlosen, sinnlosen oder absurden Beitrag auf einer Social-Media-Plattform’. Solche von Nutzern erstellte Online-Inhalte sind häufig von ‘aggressiver, ironischer und trollig schlechter Qualität’. Shitposts sind in der Regel absichtlich so gestaltet, dass sie Diskussionen entgleisen lassen oder mit möglichst wenig Aufwand die größtmögliche Aufmerksamkeit hervorrufen sollen.” Diese Erklärung beinhaltet zwei wichtige Beobachtungen: Shitpostings zielen oft darauf ab, eine Diskussion zur Entgleisung zu bringen. Ich würde davon ausgehen, dass Trumps Regierung Shitpostings durchaus als Ablenkungsmanöver benutzt. Wenn er zum Beispiel mit solchem KI-Schrott Schlagzeilen macht, dann ist das ein kurzer Moment der Aufmerksamkeit, in dem es nicht um andere Themen (wie Zölle (Opens in a new window) oder die Ermittlungsakten im Fall Epstein (Opens in a new window)) geht. Und wichtig ist auch: Solche Shitpostings sind billig, sie kosten wenig Aufwand. Im Handumdrehen ist so ein lächerliches KI-Bild gemacht – und wenn das Weiße Haus Glück hat, lenkt es kurz vom Thema ab.

Ich würde Shitpostings auch als paradoxe Diskursverweigerung bezeichnen: Eigentlich ist das Diskutieren über Politik ja etwas sehr Ernstes; es geht darum, verschiedene Überlegungen abzuwägen, ganz nüchtern nach dem stärksten Argument zu suchen. Das Shitposting widerspricht einer solchen ernsthaften, deliberativen (Opens in a new window) Logik. Es geht beim Shitposting nicht darum, ein gutes Argument zu liefern, sondern sich eher über jene lustig zu machen, die das versuchen.

Dass hier tatsächlich gezielt geshitpostet wird (sorry für die Fäkalsprache), zeigt sich für mich auch in folgendem Beitrag. Einen Tag nach dem Superman-KI-Unsinn postete das Weiße Haus dieses Bild:

Man sieht ein Schild, das jemand in etwas Entfernung vor den Weißen Haus hingestellt hat. Darauf ist zu lesen: "oMg, diD tHe wHiTE hOuSE reALLy PosT tHiS?" (Opens in a new window)
Credit: Offizielle Accounts des Weißen Hauses und US-Präsidenten auf Instagram

Man sieht hier das Weiße Haus und davor den Spruch: “oMg, diD tHe wHiTE hOuSE reALLy PosT tHiS?”

Diese Schreibweise nennt man “Alternating Caps” – es ist ebenfalls ein Meme, also ein wiederkehrender Gag im Internet. Die wechselnden Groß- und Kleinbuchstaben sollen signalisieren, dass man sich über etwas lustig macht. Ein wichtiges Wesensmerkmal derartiger Shitpostings ist meines Erachtens auch, sie sollen der rechten Troll-Szene im Internet, dass der offizielle Account des Weißen Hauses einer von ihnen ist.

Solche Shitpostings können sowohl als Ablenkungsmanöver als auch als Signal an die einschlägig rechte Community dienen. Sie erzielen auch relativ gute Interaktionswerte – es lohnt sich potenziell für das Weiße Haus, so aufzufallen. Ich möchte anmerken: Bei anderen US-Regierungen wäre es undenkbar gewesen, dass der offizielle Account des Weißen Haus in solch einer Manier auftritt. Aber Trump hat das Provozieren mittels lächerlicher Behauptungen offensichtlich auch als Teil der Regierungskommunikation eingeführt.

Die Sache ist: Shitpostings können somit eine politische Strategie zur Debatten-Entgleistung sein – aber meines Erachtens bietet sich diese Technik nur für Politikerinnen und Politiker an, die ohnehin schon sehr schmerzbefreit sind oder zu deren Marke es regelrecht gehört, schrill und provokativ aufzutreten.

Eine Ergänzung noch – zum Thema “politisches Kommunizieren mit rechten Memes”:

Ein bisschen muss ich bei dieser Thematik auch an die FPÖ Tirol denken. Denn auch in ihren Videos tauchen Memes auf, die in der rechtsextremen (Opens in a new window) Jugendkultur beliebt sind. In einem Video trägt FPÖ-Tirol-Chef Markus Abwerzger die Burger-King-Krone (Opens in a new window), die zu einem Symbol in der rechtsextremen Szene geworden ist. Denn vor Jahren ging ein Video viral, in dem ein Mann in einem Flugzeug die Burger-King-Krone trägt und rassistisch ausfällig wird (er kriegt dafür Jubel in der rechtsextremen Szene). Abwerzger sagt, er habe den Bezug zum rassistischen Originalvideo nicht gekannt (Opens in a new window). In solchen Fällen stellt sich die Frage der “kalkulierten Ambivalenz”, also ob in Videos gezielt Codes eingestreut werden, die Beifall in der rechtsextremen Szene auslösen, die aber vom Durchschnittspublikum oft nicht erkannt werden.

>> Hier gibt es auch ein kurzes Video (Opens in a new window), das diese Thematik erklärt

Danke an alle, die bis hierhin gelesen haben! Wir hören uns in zwei Wochen,

schönen Gruß

Ingrid Brodnig

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