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Wichtig: Bei KI die Ungewissheit betonen

Wenn über KI diskutiert wird, gibt es oft widersprüchlich klingende, theatralische Ansagen: Zum Beispiel von KI, die Jobs bereits dezimiert, oder von KI, die großteils überschätzt würde. Umso wichtiger ist deshalb, eher nüchtern zu bleiben und auch zu betonen, was ungewiss ist. Dazu zwei aktuelle Beispiele.

> Wie rasant verläuft der KI-Boom?

Wir sind gerade inmitten eines technologischen Wandels – die Frage ist aber: Wie rasant und umfassend findet die Veränderung durch künstliche Intelligenz statt? Ich persönlich staune oft, mit wie viel Gewissheit manche hier auftreten. Sowohl jene, die die KI enorm bewundern (oder damit auch Geschäfte machen), als auch ein Teil jener, die meinen, künstliche Intelligenz würde komplett überschätzt. Die Sache ist, inmitten eines solchen Wandels ist es oft schwierig, diesen realistisch einzuschätzen. Das hat der Journalist Gregor Schmalzried gerade sehr treffend in seinem Newsletter beschrieben. Er griff zwei Untersuchungen von renommierten Einrichtungen auf, die den KI-Boom vermessen und zu scheinbar widersprüchlichen Ergebnissen kommen.

Erste Untersuchung: Gerade ganz junge Angestellte seien besonders vom KI-Wandel negativ betroffen, zu diesem Ergebnis kommt ein Working Paper (Opens in a new window) für die USA von Forschenden der Universität Stanford. Erik Brynjolfsson und seine Kolleg:innen schreiben: “Wir stellen fest, dass seit der breiten Einführung generativer KI Berufseinsteigerinnen und -einsteiger (im Alter von 22 bis 25 Jahren) in den am stärksten KI-exponierten Tätigkeiten einen relativen Beschäftigungsrückgang von 13 Prozent verzeichnet haben – selbst nachdem unternehmensspezifische Schocks berücksichtigt wurden. Im Gegensatz dazu ist die Beschäftigung in weniger exponierten Bereichen sowie bei erfahreneren Arbeitskräften in denselben Berufen stabil geblieben oder weiter gewachsen.” Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis – weil es nahelegt, dass es schon jetzt messbare Auswirkungen generativer KI auf den Jobmarkt gibt.

Die zweite Untersuchung hat einen anderen Fokus: Hier ging es darum, zu schauen, ob sich einige KI-Projekte aus Unternehmenssicht wirklich rentieren. Und das Ergebnis dieser Untersuchung der renommierten Hochschule MIT ist ernüchternd: “Trotz Investitionen in Höhe von 30 bis 40 Milliarden US-Dollar in generative KI durch Unternehmen zeigt dieser Bericht ein überraschendes Ergebnis: 95 % der Organisationen erzielen keine Rendite. (...) Nur 5 Prozent der integrierten KI-Pilotprojekte generieren Millionen an Wert, während die große Mehrheit keinen messbaren Einfluss auf Gewinn- und Verlustrechnungen hat.” Es scheint also so, dass viele Unternehmen KI-Leuchtturmprojekte starten – diese dann aber in der Praxis meist wenig bringen. Gregor Schmalzried hat in seinem Newsletter die Ergebnisse genauer zusammengefasst (Opens in a new window).

Das Interessante ist ja, dass solche Nachrichten widersprüchlich klingen – aber in Wirklichkeit nicht sein müssen. Denkbar ist zum Beispiel, dass an manchen Stellen tatsächlich schon reale Auswirkungen der KI sichtbar werden (zB für sehr junge Angestellte in einzelnen Branchen) und an anderen Stellen KI-Projekte enorm überschätzt werden.

> Vor allem aber zeigen solche Berichte in meinen Augen: Es ist wichtig, sich einzugestehen, dass wir einiges rund um KI noch nicht wissen – dass es schwierig ist, das (künftige) Ausmaß oder die Details technologischen Wandels abzuschätzen, wenn man mitten drinnen steckt. Allerdings leben wir in einer Medienrealität, in der oft jene Stimmen Aufmerksamkeit erhalten, die sehr selbstsicher wirken oder voller (scheinbarer) Gewissheit sprechen. Hingegen das Ungewisse inmitten eines solchen Wandels zu betonen, mag auf den ersten Blick unsexy oder meinungsschwach wirken, es bedeutet aber auch, die Augen weiterhin in alle Richtungen offen zu halten. Und auch Komplexität anzuerkennen.

> Dazu noch eine weitere Empfehlung:

Komplex, aber sehr unterhaltsam ist dieses Video: Dustin Ballard, der einen populären YouTube-Kanal namens “There I Ruined It” betreut, hielt einen TED-Talk darüber, wie KI Musik verändert (Opens in a new window). Er spielt darin nicht nur witzige Clips ab, wie er selbst mittels KI berühmte Songs verändert. Sondern er behandelt die Frage, inwieweit KI auf sinnvolle (oder auf problematische) Weise beim Produzieren von Songs eingesetzt werden kann. Besonders gut an dem Talk gefällt mir, dass er kein eindeutiges Urteil fällt, sondern eher mit Neugier und Witz an das Thema herangeht. Sehenswert!

Ach ja, zum Schluss noch eine Veranstaltungsankündigung:

Am 24.9. veranstalte ich wieder einen Abend in der Kulisse in Wien, an dem ich mit klugen und interessanten Menschen über ihr Leben, ihre Arbeit rede – und auch ein paar absurde Einblicke in meine eigenen Recherchen gebe. Diesmal sind diese großartigen Personen mit dabei:

  • Martin Thür, ORF-Moderator, Autor des neuen Buchs “Macht und Kontrolle”

  • Mireille Ngosso, Ärztin, Autorin, Expertin für Gender & diversitätssensible Medizin

  • Sonja Pikart, Kabarettistin, Schauspielerin (Österreichischer Kabarettpreis 2024)

Mehr Infos und Tickets gibt es bei der Kulisse. (Opens in a new window) Ich freue mich über alle, die dabei sind!

Am 24.9. sind als Gesprächspartner:innen mit dabei:

Martin Thür, ORF-Moderator, Autor des neuen Buchs "Macht und Kontrolle"

Mireille Ngosso, Ärztin, Autorin, Expertin für Gender & diversitätssensible Medizin

Sonja Pikart, Kabarettistin, Schauspielerin (Österreichischer Kabarettpreis 2024) (Opens in a new window)

Danke an alle, die bis hierhin gelesen haben. Diesmal war der Newsletter etwas kürzer, weil ich auf Urlaub war. Bis in 2 Wochen!

Schönen Gruß

Ingrid Brodnig

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