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Warum man der neuen Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz eine faire Chance geben sollte

Ein Regierungswechsel ist immer ein Moment der Zäsur, der Neuorientierung und oft auch der Hoffnung. Mit dem Amtsantritt von Friedrich Merz als Bundeskanzler hat sich in Deutschland politisch einiges verändert. Die neue Regierung steht noch ganz am Anfang, doch bereits jetzt gibt es Stimmen, die ihr Scheitern prophezeien, politische Entscheidungen pauschal kritisieren und pessimistische Prognosen aufstellen. Dabei wäre es angebracht, der neuen Bundesregierung zunächst mit Offenheit und einem gewissen Maß an Zuversicht zu begegnen – auch, wenn man politisch nicht in allen Punkten mit ihr übereinstimmt.

KI-generiertes Bild vom Bundestag mit EU-Flagge
KI-generiertes Bild vom Bundestag mit EU-Flagge

Zunächst sollte man sich bewusst machen, dass es unserer gesellschaftlichen Grundhaltung guttut, wenn wir Veränderungen nicht grundsätzlich negativ begegnen. Pessimismus mag für manche wie eine Art intellektueller Schutzmechanismus wirken, doch er fördert nicht das demokratische Miteinander. Politische Prozesse benötigen Zeit, und eine Regierung kann sich nicht in wenigen Tagen beweisen oder diskreditieren. Vielmehr ist es eine Frage der Fairness, neuen politischen Konstellationen einen realen Handlungsspielraum einzuräumen, bevor man über sie urteilt. Positives Denken mag keine politische Kategorie sein, trägt aber zu einem konstruktiveren Umgang mit politischen Entwicklungen bei.

Es ist völlig legitim, politische Inhalte zu kritisieren – Kritik ist sogar ein zentraler Bestandteil jeder lebendigen Demokratie. Doch an Inhalten mangelt es bislang noch weitgehend, da die Regierung erst seit wenigen Tagen im Amt ist. Erste Weichenstellungen sind erfolgt, aber belastbare Resultate oder Richtungsentscheidungen lassen sich bisher kaum bewerten. Kritik setzt fundierte Grundlagen voraus, und diese muss man zunächst abwarten.

Ein Blick auf die Besetzung der Ministerien zeigt, dass Friedrich Merz sich bemüht hat, sein Kabinett nicht ausschließlich nach parteipolitischer Loyalität oder langjähriger Zugehörigkeit zu strukturieren, sondern auch neue Wege zu gehen. Während die CSU wie erwartet vor allem altbekannte Parteigrößen berücksichtigt hat – teils unabhängig von deren fachlicher Eignung – zeigt sich bei der CDU unter Merz eine andere Herangehensweise. So wurde beispielsweise auf prominente Namen wie Julia Klöckner und Jens Spahn verzichtet, obwohl diese für zentrale Posten fest eingeplant schienen. Ob diese Personalentscheidungen langfristig erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten. Dennoch senden sie ein wichtiges Signal: Es scheint Merz nicht nur um Machtverteilung zu gehen, sondern auch um fachliche Kompetenz.

Besonders bemerkenswert ist, dass auch Persönlichkeiten ins Kabinett geholt wurden, die zuvor keine aktive Rolle in der Politik gespielt haben – etwa Katherina Reiche und Karsten Wildberger. Letzterer war nicht einmal Mitglied der CDU und verzichtet durch seinen Eintritt in die Regierung auf ein beträchtliches Einkommen aus der Privatwirtschaft. Dies deutet auf den Versuch hin, Fachleute mit echter Expertise einzubinden, statt sich auf den immer gleichen Kreis parteipolitischer Akteure zu verlassen. Kompetenz ersetzt zwar nicht automatisch politisches Einvernehmen, aber sie kann Vertrauen schaffen und ist ein vernünftiger Grund für verhaltenen Optimismus.

Auch die ersten außen- und innenpolitischen Maßnahmen verdienen eine differenzierte Betrachtung. In der Migrationspolitik wurden verstärkte Grenzkontrollen angekündigt – ein Thema, das unweigerlich Kontroversen auslöst. Natürlich kann und muss man hier kritisch prüfen, ob diese Maßnahmen rechtlich haltbar und moralisch vertretbar sind. Doch die endgültige Bewertung lässt sich aktuell noch nicht vornehmen. Die Regierung hat erklärt, dass es sich dabei nicht um eine Dauerlösung handelt, sondern um einen Schritt hin zu einer neuen europäischen Strategie. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist offen – aber auch hier gilt: Erst die Umsetzung wird zeigen, ob der eingeschlagene Weg konstruktiv ist oder nicht.

Zudem befinden sich die Menschen, die von diesen Maßnahmen betroffen sind, bereits in anderen sicheren Ländern der EU. Eine realistische Einschätzung der Lage bedeutet nicht, humanitäre Verantwortung zu ignorieren – sondern anzuerkennen, dass eine funktionierende europäische Asylpolitik mehr ist als die bloße Aufnahme einzelner Fälle. Die Debatte sollte daher nicht emotionalisiert, sondern faktenbasiert geführt werden. Wer die Regierung schon jetzt der Menschenfeindlichkeit bezichtigt, schließt sich vorschnell einem Narrativ an, das den Dialog verhindert.

Ein weiteres zentrales Ereignis war die Reise von Friedrich Merz in die Ukraine. Auch hier lässt sich noch nicht abschließend bewerten, welche politischen Ergebnisse dieser Besuch haben wird. Doch der symbolische Wert ist nicht zu unterschätzen: Deutschland positioniert sich sichtbar als treibende Kraft innerhalb Europas, die Solidarität und Handlungsfähigkeit zeigt. Das Bild eines geeinten Europas, das dem russischen Angriffskrieg geschlossen entgegentritt, war in der Vergangenheit nicht immer klar erkennbar. Dass sich dies nun zu ändern scheint, ist ein ermutigendes Signal.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz verdient eine faire Chance. Erste Entscheidungen zeigen den Willen zu Veränderung, neue Denkweisen und andere Personalstrukturen. Noch ist es zu früh, um abschließende Urteile zu fällen – doch genau deshalb sollte man nicht vorschnell mit Kritik überziehen. Eine abwartende, sachliche Haltung ist in dieser frühen Phase nicht nur angemessen, sondern zeugt auch von politischer Reife. Nur wer offen bleibt, kann erkennen, ob der eingeschlagene Kurs tatsächlich besser oder schlechter ist. Und wer weiß – vielleicht liegt in diesem neuen Anfang mehr Potenzial, als viele aktuell glauben.

Topic Politik