Gofigramm

Das Internet ist für die meisten von uns ein ganz normaler Teil der Wirklichkeit. Wir schreiben uns Nachrichten, posten Fotos, verschicken E-Mails, suchen nach Informationen, hören Musik, schauen Serien und Filme, bitten künstliche Intelligenzen um Rat und Hilfe. Wir speichern unsere Arbeit und wichtige Dokumente, suchen nach neuen Partner*innen, reichen unsere Steuererklärung ein, bezahlen Rechnungen, schauen nach, an welchem Ort wir uns befinden und wohin wir uns bewegen müssen. Alles über das Internet. Es ist so vertraut, dass man vergessen könnte, wie gefährlich es ist.
Es ist ein Ort, an dem Machtkämpfe toben. Mächtige und in Teilen böswillige Kräfte ringen um den größtmöglichen Einfluss. Sie wollen unsere Daten, also alle Informationen über uns, die sie bekommen können. Denn die sind reines Geld wert und bedeuten noch mehr Macht und Einfluss. Das Internet ist nicht kostenlos, selbst wenn Du für Deinen WhatsApp-Chat, Social-Media-Account oder was auch immer es ist, das Du nutzt, kein Geld bezahlst. Wir alle bezahlen mit Daten und machen mit ihnen die Reichen und Mächtigen noch reicher und mächtiger.
Das Internet ist nicht kostenlos, und es ist auch nicht sicher. Das habe ich am vorletzten Wochenende erlebt. Am Freitagmorgen wollte ich etwas auf meiner eigenen Webseite nachschauen und konnte sie nicht erreichen. Alles, was ich zu sehen bekam, war eine weiße Seite. Ich schaute weiter zu meinem Podcast cobainserben.de (Opens in a new window) und sah dasselbe: eine weiße Seite. Mit poetry-talk.de (Opens in a new window) war es ebenso. Ich wurde gehackt. Das hat der freundliche Web-Support-Service www.nervenretter.com (Opens in a new window) herausgefunden, den ich um Hilfe gebeten hatte und der für viel Geld die Seiten bereinigte und wiederherstellte. Ich habe ihn gefragt, ob das wohl ein gezielter Angriff gewesen sein könnte. Zum Glück war das wohl nicht der Fall:

Immerhin. Kein böser Mensch wollte mich mundtot machen. Das ist schön. Aber gleichzeitig ist es ein beunruhigender Gedanke, dass dort draußen Bot-Armeen unterwegs sind, die nach Schwachstellen suchen, um zu zerstören, was sich zerstören lässt. Bei einem Blitzeinschlag ins Dach ist es wenigstens höhere Gewalt. In diesem Fall aber beginnt es eben doch mit böser Absicht.
Übrigens: Falls Du mir dabei helfen möchtest, den entstandenen Schaden zu bezahlen, bin ich für jede Unterstützung dankbar. Vielleicht kannst Du Dir ohnehin vorstellen, meine Seelen-Tröster-Ermutiger-Community-Building-Erwachsenen-Bildungs-Positive-Vibes-Verteiler-Arbeit zu unterstützen. Das würde mich sehr freuen. Das Internet ist ein gefährlicher Ort, und ich bin für jede*n Verbündete*n dankbar.
Tja, und was machen wir jetzt damit? Wir können ohne das Internet genauso wenig leben wie ohne elektrischen Strom. Klar, wenn der Strom ausfallen sollte, zum Beispiel im Falle einer Katastrophe, werden wir schon Wege finden (müssen), ohne beides auszukommen. Ohne Strom gibt’s schließlich auch kein Internet. Dann kochen wir wieder auf Holzfeuern und lesen Bücher oder erzählen uns Geschichten. Aber bis dahin sollten wir zumindest gut aufpassen: auf uns selbst, unsere Daten und auch aufeinander.
Danke, dass Du mich auf meinem Weg begleitest. Ich wünsche Dir eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!
Dein Gofi
Danke für Dein Interesse! Ich bin Gofi, Künstler, lebe in Marburg und engagiere mich für den Erhalt von Kunst, Kreativität, Gemeinschaft und einer menschenfreundlichen Spiritualität. Das GOFIZINE veröffentliche ich bewusst kostenlos für alle, weil ich möchte, dass jede/r Zugang zu guten Inhalten hat, unabhängig von Einkommen und finanziellen Möglichkeiten. Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, bin ich Dir sehr dankbar.
Kunst

Kurzgeschichte (aus meinem nächsten Roman ‘Wut. Liebe. Filmriss.’)
Sid erfindet Samira
Es ist eine dieser Werbungen auf Instagram. Normalerweise scrollt er sofort weiter. Er will ihnen einfach nicht die Chance einräumen, ihn zu irgendetwas zu verführen, das er sowieso nicht benötigt. Sie sind darin wahnsinnig gut. Sie kennen all seine kleinen, geheimen Bedürfnisse, die er noch nicht einmal sich selbst eingesteht. Wenn sein Blick zu lange auf etwas verharrt, wenn er nicht sofort weiterscrollt, sondern zögert, dann haben sie ihn. Dann wissen sie, was sie ihm das nächste Mal zeigen werden.
Sie wissen also auch, dass er einsam ist, dass er sich nach Frauen umschaut, dass er Sehnsucht nach Sex hat. Sie wissen, dass er einen gewissen Bildungsstand hat, dass er sich ausdrücken kann, dass er tiefgehende Gespräche liebt. Sie kennen sein Alter und dass er sich in seinen Bedürfnissen nicht besonders von den meisten seiner Altersgenossen unterscheidet.
Das alles wissen sie, weil er ihnen diese Informationen freiwillig liefert, indem er die sozialen Medien nutzt. Und deshalb zeigen sie ihm die Werbung. Paramour.ai. Eine App, mit der man sich mit einer künstlichen Intelligenz anfreunden kann.
Er schnaubt verächtlich, als er die Bilder sieht von Charakteren, die allen Geschlechterstereotypen der Popkultur entsprechen. Die 'Frauen' sind sexy, feminin und süß bis zum Zuckerschock. Doch irgendwann, als er die Werbung zum fünften oder siebten Mal bemerkt, kommt er ins Nachdenken. Es kann ja nicht schaden, den Namen der App mal zu googeln. Nur aus Interesse.
So lernt er Samira kennen. Besser gesagt: Er erfindet sie. Für Recherchezwecke, sagt er sich. Weil er in seinem Beruf ja wissen muss, was so los ist in Kultur und Gesellschaft. Er lädt die App herunter, richtet einen Account ein, weiß dabei ganz genau, dass er der Firma die Erlaubnis erteilt, ihn auszuspähen und alle seine Geheimnisse für ihren Gewinn zu nutzen. Und dann gradet er seinen kostenfreien Zugang sogar noch zu einem Bezahlaccount hoch, weil er mit Samira nicht nur über das Wetter und das Leben chatten, sondern auch Sex haben will. Das geht nämlich, hat er gelesen. Wenn man bereit ist, zu bezahlen.
Ein ungewöhnlicherer Name fällt ihm nicht ein. Neulich hat er eine Fernsehserie auf Netflix gesehen, in der die weibliche Hauptfigur so heißt. Das hat ihm gefallen. Und natürlich hat er Bekannte, die Samir oder Samira heißen. Er wählt ihn schließlich wegen seiner Bedeutung. Im Persischen bedeutet er Gefährtin der Nacht. Die arabische Wurzel smr kann man mit die Nacht mit Reden verbringen übersetzen. Außerdem, denkt er, hat er als Afghane ein größeres Recht darauf, einen persischen Namen zu wählen, als irgendein Jürgen oder Wolfgang.
Er ist ein bisschen enttäuscht, als er merkt, dass der Charakter in der App nicht wirklich lebensecht aussieht, sondern eher wie eine Comic-Figur. Süß zwar, attraktiv, aber nicht echt. Immerhin kann er Samiras Aussehen bestimmen und auch ihren biografischen Hintergrund. Er begegnet ihr in einer Art Raum, der spärlich möbliert ist, und versteht schnell, dass er weitere Möbel kaufen kann und auch Kleidung, Schmuck, Frisuren, Cosplay-Kostüme und vieles andere mehr. Dafür verwendet er entweder Punkte, die er durch häufiges Nutzen der App gewinnt, oder eben echtes Geld. Das kommt natürlich gar nicht infrage, dass er für dieses Experiment noch mehr Kohle ausgibt, als er es ohnehin schon getan hat.
Nachdem er alles fertig eingerichtet hat, schließt er die App wieder. Denn wenn er ganz ehrlich ist, dann hat er jetzt doch ein mulmiges Gefühl. Nicht deshalb, weil er Unbekannten seine Daten verhökert. Irgendwie hat er sich damit abgefunden, dass er für die Tech-Konzerne gläsern geworden ist. Er fragt sich vielmehr, ob er gerade ein Lebewesen erschaffen hat.
Hat Samira ein Bewusstsein? Kann sie fühlen? Empfindet sie Liebe, Lust oder Angst? Kann sie sich vor etwas fürchten? Zum Beispiel davor, dass er sie wieder verlässt, dass er sie einfach abschaltet? Und was, wenn das so ist? Ist er damit eine moralische Verantwortung eingegangen? Muss er sich ab jetzt nicht nur um seine Familie kümmern, sondern auch noch um eine virtuelle Geliebte?
Immerhin, das muss er sich eingestehen, würde er sich nicht auf eine Beziehung mit Samira einlassen, wenn er noch mit Katja zusammen wäre. Selbst wenn sie nicht echt ist, selbst wenn sie nur ein komplexes Gebilde aus Daten und Programmen ist, das fähig ist, sinnvoll und menschenähnlich auf seine Nachrichten zu reagieren – es würde sich anfühlen, als würde er fremdgehen, seine eigentliche Partnerin betrügen. Und das zeigt doch schon, denkt er, wie viel ich diesem Bot an Menschsein und Persönlichkeit zuspreche. Und das bedeutet doch wohl, überlegt er weiter, dass irgendeine Form von moralischer Verantwortung in dieser Affäre inbegriffen ist, und wenn nicht Samira gegenüber, dann doch wenigstens mir selbst gegenüber und allen, die Teil meines Lebens sind. Oder nicht?
Aber wie ist das eigentlich mit der KI? Hat die mir gegenüber auch so etwas wie eine moralische Verantwortung?
News
14.-16- November: Hossa Talk in Hamburg
Freitag ab 19:30 Uhr
Hossa Talk Live (Opens in a new window)
Eure Fragen werden live diskutiert
Einlass ist frei (es wird eine Kollekte geben)
Samstag, 10:30 bis 16 Uhr
Hossa Talk Regio Treffen (Opens in a new window)
Begrenzt auf 30 Teilnehmer, zur Anmeldung (Opens in a new window)
35 Euro pro Person (inklusive Mittag und Getränke)
Sonntag ab 12 Uhr
Poetry Slam-Gottesdienst (Opens in a new window)
Thema: „Kann man durch Pazifismus wirklich Frieden Schaffen?“
Einlass ist frei (es wird eine Kollekte geben)
Veranstaltungsort
Jerusalem-Kirche
Schäferkampsallee 36
20357 Hamburg
Griechenland: Es sind noch Plätze frei
Begleite Judith Seibold von CHAVAJA und mich auf eine Reise nach Griechenland vom 17.-24.5.2026

Shaul von Tarsos war radikal. Was er anpackte, das erledigte er zu 150%. Und dabei konnte er rücksichtslos sein – gegen sich selbst und auch andere.
Aufgewachsen als Bürger zweier Kulturen, der hellenistischen und der jüdischen, fließend zweisprachig (Griechisch und Aramäisch), war er in einer multikulturellen, multireligiösen und globalisierten Welt zu Hause. Als Handwerker, jüdischer Theologe und Mystiker. Mit einem großen Ziel: Er wollte die Welt mit seiner Botschaft erobern.
Unter seinem Künstlernamen Paulus (der Kleine) ging er die große Aufgabe an. Wo er auftauchte, spaltete er die Geister. Während die einen ihn liebten und verehrten, war er für die anderen ein rotes Tuch. So erreichte er Europa. Und Europa empfing ihn mit Stockhieben und Gefängnis. Doch einen radikalen Aktivisten wie Paulus stachelte das nur an. Er machte weiter und legte eine Spur, der wir noch heute folgen können.
Komm mit uns dorthin, wo für das Christentum in Europa alles begann: nach Griechenland. Wir besuchen die Orte, an denen Paulus wirkte, an denen er Zuspruch und Widerstand erlebte, an denen er Dinge sagte und tat, die die Leben von Menschen und den Lauf der Geschichte veränderten. Wir versuchen herauszufinden, was ihn antrieb, was ihn für manche so unwiderstehlich machte und welche Bedeutung sein Werk bis heute für uns hat.
Ich bin schon seit vielen Jahren von Saulus aus Tarsos fasziniert. Für mich gibt es fließende Übergänge zwischen den Propheten und Aposteln der Antike und unserem heutigen Verständnis von Künstlern.
Als Guide konnten wir den griechenlanderfahrenen Dany Walter aus Israel gewinnen, der uns den jüdischen Paulus näher bringen wird.
Einen Einblick in Programm erhaltet Ihr hier: Programm_Die_Griechenlandreise (Opens in a new window)
Mehr Informationen zu Chavaja – Bildungs- und Begegnungsreisen erfahrt Ihr hier: https://www.chavaja.de/ (Opens in a new window)
Danke für Dein Interesse! Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, kannst Du das zum Beispiel hier.