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Wie wird man ein Mensch?

Ich sag’s, wie’s ist: Irgendwo muss die ganze Waleuphorie ja hin. Und dann wird eben sowas draus.

Wie wird man ein Mensch?

Anorganisches und Organisches mischen und die Seele in die Fugen laufen lassen.
Drei Mal in den Himmel schauen. Einmal zu oft auf den Boden.
Irgendetwas zwischen Lehm und Rippen und Zellteilung.
Irgendetwas zwischen Entfremdung und Geborgenheit.
Sich irgendwann nicht mehr richtig strecken können.
Sich in einen Rahmen spannen lassen (meistens in den falschen Maßen).
Gewebt werden.
Dabei die Farben nicht kennen.
Sie vielleicht sogar nicht mögen.
Manche vielleicht doch.
Auf den Tag warten, der Ausspannen bedeutet.
Nicht wissen, was das heißt.
Leben vom kleinen her noch nicht richtig verstehen.
Aus Algen und Mikroorganismen und irgendwo Sauerstoff generieren lassen.
In Linien denken. In Leitern. In nicht-zirkulär.
Masse aufbauen, anpacken. Mit viel Glück zu denen gehören, die nicht abrutschen (runter zu den Sprossenlosen).
Trotzdem irgendwann im Netz landen.
Sich fragen, was Freischwimmen bedeutet.
Nicht schwimmen können, aber müssen.
Cholerisch werden, oder zynisch, oder stumm.
Nach Benzin suchen, oder Messern, oder Stricken.
Sich der eigenen Fragilität nicht stellen wollen.
Nur denken: Vielleicht wären wir besser Wale geworden.
Hätten uns in eine Herde gebären lassen, hinein in ein Lied, das unseres gewesen wäre. Wir hätten das Singen gemeinsam gelernt, lauter als Jets klingen, wir hätten unter uns das Meer vibrieren lassen.
Wir hätten einander berührt, ganz sanft unsere Körper aneinander und übereinander gelegt, während die Wellen unsere Körper schaukeln lassen. Unsere Körper hätten einander in der Sprache zugeflüstert, in der nur Körper miteinander sprechen.
Wir hätten uns unsere Lieder gezeigt, hätten neue Sequenzen in die Melodien eingearbeitet, die nur uns gehörten. Wir hätten um unsere Körper und unser Können gewusst. Hätten herzzerreißend getrauert, gekonnt gejagt, hätten aufrichtig gespielt, instinktiv gependelt zwischen dunkler Schwärze und heller Oberfläche.
All das stumm denken und sich dabei auf die Hände schauen.
Dann irgendwann an die Gabelung treten.
Sein zwischen points of no return, der grauen Linie und dem Entsteigen dessen, was mal Weg war.
Am Ende Entscheiden:
Wie wird man ein Mensch?

Topic Lyrik

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