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13 Uhr Mittag

“Was sind denn die Themen?”

Ich gucke den Chefredakteur nicht direkt in die Augen.

Er sagt: “Im Juni war doch so viel los! Hier das mit Ungarn, toll mit der Übersetzung.”

Ich sage: “Von dem Literaturfestival hab ich schon bei Instagram erzählt. Und das ist in Rumänien, nicht in Ungarn.”

Er fragt: “Der Abbitte Lektüre-Schlüssel?”

Ich sage: “Noch in Arbeit.”

Er fragt: “Eva Mirasol, Anton Weil, Mareike Barmeyer?”

Ich sage: “Die Moderationen waren auch schon alle bei Instagram. Sowie der Vernetzungstag zur Vermittlung von Kinder- und Jugendliteratur in Frankfurt.”

Der Chefredakteur will gerade an seinem Glas nippen, aber das ist schon leer, deswegen setzt er das Glas wieder ab und schaut hoch zum Himmel. Ich könne nicht alles bei Instagram verbraten, sagt er. “Eine Stute tankt man doch nicht mit Benzin voll und einen Ferrari nicht mit Stroh.” Das ist so verwirrend, auch weil er es so schnell hintereinanderweg sagt, da muss ich erst mal drüber nachdenken. Als ich ihm dann erkläre, dass es eine supercoole neue Rubrik bei Instagram gibt, nämlich die Bücher aus dem Regal, das noch bei meinem Ex steht mit Vorstellung all jener Bücher, die ich vor allem in meinen 20ern gelesen habe. Der Chefredakteur sagt, ich muss wirklich dringends über meinen Ex hinwegkommen.

Er fragt weiter: “Und was mit einem Film? Eine Serie?”

Ich sage: “Mit Albrecht Schuch und Martina Gedeck »Die stillen Trabanten« habe ich gesehen. Da habe ich aber wirklich nur einen minikleinen Slide zu gemacht.”

Er sagt: “Schnee von gestern.”

Ich sage: “Ich denke aber immer noch an den Film!”

Dieser Film für Leute, die diese gewisse Traurigkeit in sich tragen, obwohl sie aus voller Brust lachen können. Dieser Film für Leute, denen über die Jahre ein Stück abgebrochen ist, die in Jünger an den Zucker geglaubt haben und trotzdem weitermachen. (Instagram 05.07.)

Der Chefredakteur schaut jetzt so aus, als warte er darauf, dass ihm das Leben eine Idee offenbart. Er bestellt noch zwei neue Mineralwasser und ein Schälchen mit Oliven. Mit dem Laptop und den beiden Büchern, meinem Handy und seinem Notizheft ist der Tisch voll.

»Die stillen Trabanten« (Opens in a new window) spielt übrigens in Leipzig. Da Martina Gedeck als Reinigungskraft bei der Bahn arbeitet, sieht man ziemlich viele schöne Aufnahmen vom Leipziger Bahnhof, besonders nachts, und der, wie ich neulich erst wieder dachte, als ich dort ankam, wirklich der schönste Bahnhof von allen ist. Im Bahnhof gibt es zufällig auch die schönste Buchhandlung von allen. So ne Decke hat keine, nur die LUDWIG (Opens in a new window).

Weitere Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe:

»Abbitte« (Opens in a new window) von Ian McEwan

»Staying Alive« (Opens in a new window) von Eva Mirasol (Moderation)

»Super einsam« (Opens in a new window) von Anton Weil (Moderation)

»Über den Hass hinweg. Briefe zwischen Tel Aviv und Teheran« (Opens in a new window) von Katharina Höftmann und Sohrab Shaname

»Lauf, Mama, lauf!« (Opens in a new window) von Mareike Barmeyer (Moderation)

»Kindeswohl« (Opens in a new window) von Ian McEwan

»Saturday« (Opens in a new window) von Ian McEwan

Am Morgen der Einschulung, letztes Jahr im September. Ein Foto, das mir Barbara vor ein paar Tage geschickt hat, weil sie nach langer Zeit den Film ihrer Analogkamera entwickelt hat. Es ist nicht zu glauben, dass in zwei Wochen, nicht mal!, dieses erste Schuljahr nun rum ist. Ich war auch mal ein Kind. Noch weniger zu glauben!

Bisher gelesene Kinderbücher aus diesem Jahr:

»Seeräubermoses« (Opens in a new window) von Kirsten Boie

»Die kleine Spitzmaus« (Opens in a new window) von Akiko Miyakoshi

»Der Drachenreiter« (Opens in a new window) von Cornelia Funke

»Regenwurm und Anakonda. Was Tiere über sich erzählen« (Opens in a new window) von Bibi Dumon Tak und Annemarie van Haering

»Super lesbar: Eliot und Isabella. Ärger mit Bocky Bockwurst« (Opens in a new window) von Ingo Siegner

»Der Wolfspelz« (Opens in a new window) von Sid Sharp

»Die Tierpolizei. Kommissare mit Fell und Feder« (Opens in a new window) von Anna Böhm

»Dr. Brumm und die verflixte Gemüsekiste« (Opens in a new window) von Daniel Napp und Thorsten Saleina

»Wecke niemals einen Schrat« (Opens in a new window) von Wieland Freund

Der Chefredakteur hat sich seine Sonnenbrille aufgesetzt und trinkt aus dem sprudelnden Glas. Nur noch selten werden Zitronenscheiben in Gläser getan. Das regt meinen Chefredakteur auf. Er begrüßt meine neu entfachte Leidenschaft für McEwan. Eine Leserin schrieb mir neulich, die noch viele andere McEwans gelesen hat, sie könne manchmal gar nicht fassen, dass diese Bücher in ihrer Vielfalt und Brandbreite von ein und demselben Autor stammen.

“Ich denke, als nächstes wird es einen Newsletter über Italien geben. Und danach widme ich mich meinen Rumänienstudien.”

Er sagt: “Wunderbar.” Und nimmt den letzten Schluck.

Ich freue mich über neue Mitglieder und bitte um Verzeihung für das ganze gute Zeug auf Instagram und nicht hier im Newsletter. Oft werde ich gefragt, ob ich nicht mal ein paar Highlights mit den ganzen Buchempfehlungen machen könnte. Die sind immer in meinem Newsletter zu finden, antworte ich dann. Denn nach wie vor ist dies hier mir das liebste Plätzchen.

Eure Judith Poznan

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