Teil 4: Warum will niemand den Job „Apokalyptiker:in” annehmen?
Aus der Reihe „Humor am Rande des Erdbeerfelds“ Was, wenn die Welt gar nicht untergeht – sondern nur auffliegt?
📝 Länge: ca. 9 Min. Lesedauer / 30 Min. Hören.
🎯 Zielgruppe: Laien, Sinnsuchende, Neugierige mit Humor-Antenne
💡 Stil: Theologisch durchdacht, aber ohne Dogma – dafür mit Charme
🗣️ Zwei Nasen, ein Tisch, viele unbequeme Wahrheiten
Ann Kristin und Helge lassen dir mit Hilfe von Taxacher, dem kath. Theologen, die Ohren klingeln – theologisch, freundlich, aber ohne Kuschelkurs. Es geht um Ernst und Ironie in der Endzeit, um das, was die Analysen zeigen – und was wir lieber nicht sehen wollen. Kein Endzeit-Bingo mit Blut und Feuer, sondern ein Gespräch über das, was die Welt im Innersten zerrüttet (siehe auch unseren alten Bekannten Reckwitz hier).
Helge bringt es früh irgendwie so auf den Punkt:
„Der apokalyptische Prophet sagt nicht die Zukunft an – er bringt den Röntgenblick in die kranke Gegenwart.“
Und Ann Kristin? Hakt pointiert nach, fragt, sortiert, lacht – und stellt die richtigen Fragen, die uns Laien aus der Seele sprechen. Und das Ganze mit einem Augenzwinkern, aber ohne Sarkasmus.
Jetzt reinhöre? Oder brauchst du mehr Motivation, dann lies erstmal.
🔎 Die Botschaft der Apokalyptiker als ent-tarnende Brille für „so isses”
Der Clou: In der Apokalypse geht’s nicht um „bald kommt der Weltuntergang“, sondern um eine göttliche Sichtweise auf die Welt.
Unter dem Glanz des Römischen Reichs: Gewalt, Gier, Größenwahn damals.
Heute? Unter dem Hochglanz der Moderne: Klimaerhitzung, Ungleichheit, imperialer Habitus in neuem Gewand.
Und wollen wir es wahrhaben? Ann Kristin nennt das: „Systemrelevante Realitätsverweigerung“.
Gregor Taxachers Kritik an der Kirche
Gregor Taxacher, geboren 1963, ist ein deutscher römisch-katholischer Theologe und Geschichtsphilosoph. In seinem Buch "Apokalypse ist jetzt" kritisiert er die Kirche scharf dafür, dass sie die Klimakrise ignoriert.
Taxacher haut schon 2012 raus, die Kirche hat den Puls der Zeit verpasst und muss sich dringend neu kalibrieren. Er fordert sogar eine neue Erlösungslehre, die auch die Tiere mit einbezieht. Denn wenn wir das nicht tun, geht die Welt zurgrunde. Klingt das einleuchtend? Wir meinen schon.
🐉 Warum der Drache in uns wohnt – und nicht in Moskau oder Berlin
Ein wiederkehrendes Thema: Wir lieben es, „die Bösen“ klar zu benennen – möglichst außen, weit weg, bitte mit Bart und bösem Blick. Aber die Apokalypse konfrontiert uns mit einer unbequemen Wahrheit:
Das Tierhafte ist strukturell in der Geschichte der Kirche – und es geht mitten durch uns.
Das klingt düster? Ja. Aber im Gespräch wird klar: Es geht nicht um moralische Keule gegen die anderen, sondern um Erkenntnisfähigkeit der Kirche. Die Ansage ist also zuerst gegen uns selbst. UNS? Ja, das ist verwirrend, wir sind Teil der Tätergemeinschaft. Haben die Moderne miterfunden und können uns nicht raushalten, wenn es um ihre Nebenwirkungen geht… Ein knallhartes Schuldbekenntnis wäre ein sinnvoller Start für die Transformation.
Die Himmelschreiende Sünde
Taxacher führt darum den Begriff der „himmelschreienden Sünde” wieder ein, der in der Bibel an fünf Stellen vorkommt. Diese Sünden sind so gravierend, dass sie zu Gott aufsteigen und sein Eingreifen erfordern. Paradestellen aus der Bibel sind die Unterdrückung der Israeliten in Ägypten und die Sünden von Sodom und Gomorrha. Taxacher sagt, dass die moderne Welt ebenfalls himmelschreiende Sünden begeht… wir finden Beispiele wie die Ausbeutung der Drittweltländer und die Massentierhaltung. Die Verantwortung dafür trägt auch die Kirche, die als Teil des Systems diese Sünden mitproduziert.
🙃 Und der Humor?
Er kommt auch in diesem anstrendenen Theme durch. Immer wieder. Mal subtil, mal laut. Wie etwa bei der Frage, ob die Apokalypse eigentlich ein Genreproblem ist. Da lacht man – und denkt gleichzeitig: Verdammt, da ist was dran.
Die Rolle der Propheten oder sagen wir lieber Clowns?
Taxacher fordert Unheilspropheten, wir sagen: Da müssten wir uns ja zum Affen machen. Ihre Ansagen könnten auch Elemente enthalten wie… „danach könnte es vielleicht besser werden, aber erst mal müssen wir die Kacke auslöffeln!” Es gibt also keine Rettung vor dem Untergang?!
Die Frage ist, wie deuten wir diese ganzen Verluste? Wie gehen wir damit um? Klar ist: Die Propheten müssen die himmelschreienden Sünden anprangern und das Gericht Gottes verkünden. Aber wer will schon Unheilsprophet sein? Wer will so eine anstrengender Job?
✨ Hoffnung? Ja. Aber bitte mit Haltung.
Das Gespräch endet nicht in der Schwermut. Im Gegenteil. Es geht um Haltung. Darum, dass Apokalypse nicht lähmen muss, sondern ermutigen kann: zur Entlarvung, zur Umkehr, zur heiligen Widerständigkeit. Ann Kristin ahnt es so:
„Die Apokalypse ruft uns nicht zur Flucht, sondern zur Transformation. Oder doch eher Revolution?“
Wie soll das in der Praxis umgesetzt werden?Wir, als Kirche, stehen vor der Herausforderung, neue Strukturen und Gemeinschaftsformen zu entwickeln, die nicht auf der individualistischen Logik der Moderne basieren.
Ann Kristin meint zurecht:
Du kannst doch nicht am Sonntag morgen aus der Wohlfühlveranstaltung ein apokalyptisches Gemetzel machen und zum jüngsten Gericht einladen?
Ja, Predigt und Verkündigung müssen sich ändern, um die himmelschreienden Sünden und das Gericht Gottes zu thematisieren. Aber wie macht man das? Wie geht man damit um, wenn die Gemeinde nicht hören will? Das sind Fragen, die uns gerade quälen. Es geht darum, ein neues „Evangelium” zu finden, das der Realität der Klimakrise und der sozialen Ungerechtigkeiten gerecht wird, but: ohne dabei in bloße Anklage oder Hoffnungslosigkeit zu verfallen. Oh je,….
Wenn wir hier eine neue Theologie erfinden, die Gemeinschaft und kollektive Verantwortung in den Vordergrund stellt, verändert das alles das, was bisher immer höchst persönlich fokussiert war: “Wie finde ich einen gnädigen Gott?” zu „wir kommen wir mit einem zornigen Gott klar?
Wir kriegen wir die Kirchenlogik, die über die individualistische Sichtweise hinausgeht in Rituale, Formen und Gebäudeformen übersetzt? Und: Die Kirche muss dabei auch bereit sein, sich selbst zuerst kritisch zu hinterfragen und ihre eigenen Strukturen und Praktiken zu ändern.
🎁 Fazit für die Zuhörer:innen im Erdbeerfeld
Diese Folge ist kein theologisches Seminar – sondern ein Gespräch voller Tiefe und Humor über das, was schiefläuft – und wie wir trotzdem aufrecht stehen können, wenn wir unsere Rolle ernsthaft annehmen. Aber keine will diese Nervensäge sein, die immer die Katastrophe erinnert. Wenn du wissen willst, warum Offenbarung nicht stressige Vorhersage ist, sondern Einladung zur Klarheit für die Wirklichkeit wie sie ist und warum das am Ende besser ist als sich auf die Zunge zu beißen – hör jetzt hier rein.
Und wenn du wissen willst, wie man dabei noch lachen kann – bleib dran.