Ein guter Aufschlag
Alexander Heflik und Michael Schmitz schreiben über den Sport im Sportland Nr. 1
Das Sportland NRW ist groß. doch die Literatur dazu ist rar. Das soll sich nun ändern. Die Landeszentrale für politische Bildung initiierte ein Buch, das Erfolgsgeschichten, Herausforderungen und Handlungsfelder beleuchten soll. „Die hatten Interesse an dem Buch und fragten, ob wir eine Idee dazu hätten“, berichtete Alexander Heflik, Ressortleiter Sport bei den Westfälischen Nachrichten, bei der Vorstellung des Buches. Heflik und der langjährige Sportfunktionär Michael Schmitz hatten bei Gesprächen festgestellt, dass eine umfassende Darstellung des Sports in NRW fehlt. Da Schmitz zudem eine journalistische Vergangenheit hat, zögerten sie nicht lange. Es gab keine Vorgaben oder Eingriffe.
Schmitz lag naturgemäß das Thema Sportpolitik näher, weshalb er das Kapitel über die Selbstorganisation des Sports übernommen hat. Und da der langjährige Sportfunktionär für fünf Jahre Vorsitzender (bis Mai 2023) des Stadtsportbundes Münster, lag es nahe, dass er die Aufgabe übernommen hat, die 54 Stadtsportbünde in NRW vorzustellen. Die einzelnen Funktionäre werden präsentiert, die bekanntesten sportlichen Akteure vorgestellt, die ein oder andere Anekdote eingestreut. Und die vielfältigen Aufgaben und Handlungsfeldern der Bünde beim Amateur-, Breiten-, Schul- und Gesundheitssport über Integration und Inklusion herausgearbeitet. Aufgaben die in einer nicht maroden Infrastruktur geleistet werden müssen. Die Bünde gehen auch Themen wie sexueller Mißbrauch im Sport und Rechtsextremismus aktiv an. Und en passant erfährt man auch, dass die Bünde einen Sitz in den Veranstaltergemeinschaften des Lokalfunks haben oder zum Beispiel auch wie in Münster einen Sitz im Sportausschuss des Rates.
Schmitz, immer noch stellvertretender Vorsitzender des SSB Münster, liefert eine solide Bestandsaufnahme, eine kritische allerdings nur bedingt. Wer sich ein wenig mit der Geschichte des Stadtsportbundes Münster auskennt, der weiß, da fällt einiges doch sehr geglättet aus, die Kunst der Darstellung liegt im Weglassen. Ein klarer Transparenzhinweis wäre da angebracht. Andererseits profitiert der Leser von seinen Insider-Kenntnissen wenn er Münsters „Sportmafia“ beschreibt, eine sehr münsterspezifische „engen und vertrauten Zusammen zwischen Sportpolitik, Sportverwaltung und den Stadtsportbund“. Die allerdings in der jüngeren Vergangenheit ein paar Risse bekommen hat. Schmitz Verdienst liegt sich darin diesen Teil in einer sehr flüssige und spannend lesbare Form gebracht zu haben. Und manche längst vergessene Detail der NRW-Sportgeschichte hervorgeholt zu haben. Nicht nur die Polizeibeamten-Vergangenheit von Dieter Hecking, sondern auch die Vermarktungsaktivitäten des Eishockeyvereins ECD Iserlohn, der um der drohenden Insolvenz zu entgegen, für 1,5 Millionen Mark Trikotwerbung für das „Grüne Buch“ von Muhammed al Gadafi machte. Die Geschichte wuchs zu einem sportpolitischen Skandal aus, der Verein landete trotzdem in der Zahlungsunfähigkeit.
Den Part des Spitzensports hat Alexander Heflik übernommen, der für seine Erfolgsgeschichten aus dem großen Sportland NRW die Qual bei der Wahl hatte. „Sport in NRW, ist immer auch Sport in Deutschland und Sport in Münster“. Den Einstieg in das Kapitel Sportpolitik mit einem Porträt der allgemein nicht sonderlich bekannten Staatsministerin für Sport Andrea Milz, einer rheinischen CDU-Frau, kommt allerdings aus der Feder von Schmitz. Eine offenbar erfreulich unkonventionelle Politikerin, die in ihrem neugeschaffenen Amt direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt ist.
Sehr aufschlußreich für zeitgeschichtlich interessierte Leser Hefliks Kapitel über die Geschichte des LSB in NRW seit 1947 mit der wohl prägendsten Figur Willi Weyer.
Heflik ist jemand der sich intensiv mit den verpassten Chancen der Politik und Sportpolitik auseinandersetzt. So wurmt es ihn bis heute, dass Münster es 2017 versäumt hat, den Start der Tour de France nach Münster zu holen. Es gab keine Mehrheit dafür im Rat. Der Startschuß für die Tour fiel dann in Düsseldorf. Und so legt er natürlich - das Olympiajahr 2036 steht quasi vor der Tür - auch die Finger in die Wunde, wenn es um die verpasste Olympiabewerbungen geht: Olympia in NRW - Traum oder Träumerei heißt das Kapitel.
Herzstück des Buches sind sicherlich die Kapitel über die Gründung der Fußball-Bundesliga, den Sport in Funk und Fernsehen, insbesondere der Sportschau, für das Schmitz verantwortlich ist genauso wie für die Kapitel über die politische Verankerung des Sport.
Im Kapitel die Größen des Sports in NRW würdigt Heflik mit großer Sach- und Detailkenntnis die wichtigsten Top-Athleten von Michael Schumacher bis Isabell Werth, ebenso die erfolgreichsten Mannschaften sowie die vielfältigen Meisterschaften, Events und Veranstaltungen. „Das alles auf 200 Seiten zu packen, war sehr sportlich“ sagt Michael Schmitz. Und Heflik ist schon klar: „Jeder der sich damit beschäftigt, wird jemanden finden, den man vergessen hat“. So vermisste einer der ersten Leser des Buches, der Aschendorff Verlagsleiter Dirk F. Passmann, den Helden seiner Jugend die Torwartlegende Hans Tilkowski. Ob der es dann doch noch ins Buch geschafft hat, wird gründlichen Lesern nicht entgehen.
Alexander Heflik/Michael Schmitz: Sport in Nordrhein-Westfalen.
Erfolgsgeschichten – Herausforderungen – Handlungsfelder. Verlag Aschendorff Münster, Juni 2025. ISBN 978-3-402-25060-0 (Paperback, 24,90 Euro).