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Green Areal Lausitz hebt ab 

ANALYSE / INDUSTRIE IN SPREE-NEIßE  

Am Flugplatz Drewitz nahe Jänschwalde soll es jetzt richtig losgehen. Das ier entstehende Industriegebiet wirbt um Investoren. Doch auf das begehrte Gelände darf nicht jeder. 

von Christine Keilholz

  1. Oktober 2022

Hier eine Fabrikhalle, da Windräder und hingen rechts der alte Flugplatz-Turm mit neuem Anstrich. So soll das "Green Areal Lausitz" aussehen, wenn es fertig ist. Grafik: Euromovement 

Helmut Badtke gefiel, was ihm da präsentiert wird: „Das Konzept scheint mir das richtige zu sein“, sagte Jänschwaldes Bürgermeister, nachdem er die Vorträge der Investoren gehört hat. Was der Projektentwickler „Euromovement (Opens in a new window)“ auf dem Flugplatz Drewitz vorhat, klingt wie der wahr gewordene Traum jeder klammen Gemeinde. Die Berliner Firma will das verlassene Gelände zum „Green Areal Lausitz (Opens in a new window)“ machen, zum größten CO2-neutralen Industriegebiet der Lausitz. Die ersten beiden Investoren stehen bereit. Am Donnerstag stellten sie sich im Hangar des Flugplatzes vor. 

Die Hy2gen AG (Opens in a new window) aus Wiesbaden will eine E-Fuel-Fabrik aufbauen. Gleich daneben kauft sich der österreichische Energie-Pionier Anton Aschbacher (Opens in a new window) mit seiner Holding „Energy4Future“ ein. Aschbacher plant ein Holzkraftwerk, das CO2-neutral Strom gewinnen soll. Insgesamt sind damit die ersten 525 Millionen zugesagt für das 209 Hektar große Gelände, das lange ein toter Winkel für die Lausitzer Wirtschaft war. Bürgermeister Badtke belässt es vorerst bei vorsichtiger Euphorie. „Die Skepsis unter den Gemeindevertretern war schon groß“, sagt er. Das hat mit der Historie des Geländes zu tun. 

Auf dem Flugplatz Drewitz hat seit 30 Jahren keine Geschäftsidee hingehauen. Ein Investor nach dem anderen scheiterte. Auf anfängliche Begeisterung folgte gewöhnlich Ernüchterung und dann wieder langes Warten auf die nächste Chance. An Flugbetrieb ist lange nicht mehr zu denken, zuletzt zerborsten 2017 die Pläne einer Unternehmergruppe, die Drewitz zu einer Außenstelle des Großflughafens BER machen wollte. 

Transparenz der Investoren freut die Kommunen 

Warum es diesmal anders laufen sollte? „Weil die Investoren transparent vorgehen“, sagt Helmut Badtke. Er berichtet von mehreren Treffen in der Gemeinde, alle Fragen seien beantwortet worden. „Das war in den vorherigen Fällen nicht so, da wurde alles hinter verschlossenen Türen verhandelt. Da ist dann der Schiffbruch passiert.“ Was den Vorsteher der 1.500-Einwohner-Gemeinde zudem überzeugt hat, war das Auftreten des Geschäftsführers. 

Jochem Schöppler (Opens in a new window), Chef von Euromovement, ist in der Gegend eine Art Heilsbringer geworden. Der Immobilien-Geschäftsmann aus Berlin hat einen Coup gelandet mit dem Kauf des Flugplatzes. Schöppler und seine Geschäftspartner verfügen nun über die größte zusammenhängende Industriefläche, die in Brandenburg noch zu besiedeln ist. Falls irgendwo im Land nach Tesla eine zweite Gigafabrik entstehen soll, dann nur hier. Das ist nicht mal unwahrscheinlich. 

Aber Schöppler lässt nicht jeden auf sein Areal. Sein Energiekonzept verfolgt er eisern. „Jeder, der sich hier ansiedeln will, muss sich an diesem Grundsatz orientieren.“ Das bedeutet: Begrünte Dächer auf allen Hallen, bepflanzte Ausgleichsflächen, wasserschonende Produktion und Stromverbrauch aus grünen Quellen. Und dann sagt er etwas, das der versammelten Kommunalpolitik wie pures Glück erscheinen muss: „Uns wichtig, dass die auch selber hier vor Ort Unternehmenssitze gründen. Und dass sie ihre Gewerbesteuern hier zahlen.“ 

„Muss den internationalen Vergleich nicht scheuen“ 

Drewitz ist jetzt ein Ort, an dem alle kühnen Pläne der Lausitz kulminieren. Deshalb hatten IHK Cottbus und der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg (UVBB) die Präsentation im Hangar anberaumt. Alle wollten zusammen das Zeichen geben: Die Lausitzer Wirtschaft steht hinter dem Vorhaben. Die Kommunen der Umgebung ebenso. Das Amt Peitz, zu dem die Gemeinde Jänschwalde und das Drewitz-Areal gehören, „steht vor einem großen wirtschaftlichen Wandel“, sagt Amtsdirektorin Elvira Hölzner. „Für uns spielt es keine so große Rolle, ob die Wirtschaftskraft des Kraftwerks Jänschwalde nochmal verlängert wird.

Das Kraftwerk, der lange Zeit größte Arbeitgeber weit und breit, soll zur Absicherung der Stromversorgung länger Strom produzieren. Das freue die Peitzer schon, sagt Hölzner. Wichtiger findet sie aber, dass auf dem Flugplatz Drewitz etwas losgeht. Das ist auch ein Lebenssignal aus einem Winkel der Lausitz, der bei Ansiedlungen lange vergessen wurde. 

Die Gemeinden im Umkreis des Tagebaus Jänschwalde spielen in den Plänen des Landes Brandenburg nur eine Randrolle. Nennenswerte Landesprojekte gibt es hier nicht. Von den mit Fördermillionen bedachten Industrie-Clustern um Schwarze Pumpe und Schwarzheide fühlt man sich nordöstlich von Cottbus abgehängt. Die Gemeindekassen sind am Limit, seit die Einnahmen der Braunkohle nicht mehr in den Tagebau-Orten versteuert werden. Seither ist Peitz hoffnungslos verschuldet. „Uns fehlen diese Gewerbesteuern seit 2014“, sagt Elvira Hölzner. Von neun Jahreshaushalten seither waren vier nicht genehmigt. Das schlägt aufs Gemüt. „Diese ständigen Haushaltssicherungskonzepte, das nervt. Man kommt ja nicht voran.“ 

Gleisanschluss kommt in zwei Jahren 

Da tut es gut, Sätze zu hören wie von Tobias Janning (Opens in a new window), Manager bei Hy2gen, der den unscheinbaren Flugplatz überschwänglich lobt: „Dieser Standort muss den internationalen Vergleich nicht scheuen. Das ist schon ziemlich cool, was hier passiert.“ Das sieht Harald Altekrüger ähnlich „Endlich bewegt sich hier etwas in die richtige Richtung“, sagt dern Landrat von Spree-Neiße und sichert zu: „Was wir als Landkreis an Unterstützung bringen können, das machen wir auch.“ 

Entwickler Jochem Schöppler ist zufrieden mit der Begeisterung, die er ausgelöst hat. „Heute wird es Realität, es wird anfassbar“, sagt er seinen Gästen im Hangar. Im Jahr 2024 soll auch die Bahnanbindung Realität werden. Die Ostanbindung der Bahn an das Industriegebiet Gral ist schon beschlossen und wird ebenfalls von IHK und Unternehmerschaft unterstützt. Das wäre ein Pluspunkt für weitere Ansiedlungen. 

Topic Verkehr und Netze