Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Abonnent*innen,
das Selbstbestimmungsgesetz wird kommen. Endlich! Ich wage noch gar nicht zu glauben, dass es Mitte 2023 tatsächlich so weit sein könnte und Menschen ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern lassen können, ohne ein aufwendiges, teures und erniedrigendes Verfahren zu durchlaufen. Das sogenannte „Transsexuellengesetz“ wird dann tatsächlich Geschichte sein. Dass es mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetz nun doch länger dauern wird als angekündigt – geschenkt. Wir haben so lange gewartet, da kommt es auf ein paar Monate nicht an. Positiv hervorzuheben ist außerdem, dass das neue Gesetz auch für nicht-binäre (Opens in a new window) Personen gelten soll. Das ist insofern bemerkenswert, als dass die vorherige Bundesregierung noch darauf beharrte, dass die sogenannte „dritte Option“ (also der Geschlechtseintrag „divers“) ausschließlich für Menschen mit „Varianten der Geschlechtsentwicklung“, also inter (Opens in a new window) Personen galt. Die Ampelkoalition will nun die Verfahren vereinheitlichen und jeder Person die Möglichkeit geben, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu lassen, egal ob sie trans, inter oder nicht-binär ist.
Doch ihr ahnt es schon, es gibt ein „Aber“, oder vielmehr zwei. Denn während die Gesetzesentwürfe von Grünen und FDP im vergangenen Jahr noch die medizinischen Leistungsansprüche von trans und inter Personen im Sozialgesetzbuch verankern wollten (Opens in a new window), ist im vorgestellten Eckpunktepapier (Opens in a new window) davon jetzt keine Rede mehr. Es sei Sache des Gesundheitsministers, hier tätig zu werden, erklärte Justizminister Marco Buschmann. Eine weitere Kritik am Eckpunktepapier kam vom Verein Trans-Kinder-Netz, der in einer Pressemitteilung (Opens in a new window) erklärte: „Wir bedauern es, dass das Recht zur geschlechtlichen Selbstbestimmung Jugendlichen ab 14 Jahren darin nur dann zugebilligt wird, wenn alle Sorgeberechtigten zustimmen. Die Änderung von Vornamen und Personenstand ist auch für Jugendliche ein wichtiger Schritt, um ihre Identität diskriminierungsfrei und in Würde leben zu können.“ Jugendliche, deren Sorgeberechtigte nicht zustimmen, müssen zukünftig vor einem Familiengericht um ihre geschlechtliche Selbstbestimmung kämpfen, laut Trans-Kinder-Netz ein „unnötiges Hindernis“. Der Verein befürchtet „ein erneutes Einfordern von entwürdigenden Gutachten Dritter über die Selbstauskunft der Jugendlichen“, auch durch solche Gerichte, die nicht ausreichend für Fragen geschlechtlicher Vielfalt sensibilisiert sind.
In weiser Voraussicht enthält das Eckpunktepapier auch den Satz: „Das Gesetz wird ein buĂźgeldbewehrtes Offenbarungsverbot enthalten.“ Das heiĂźt ĂĽbersetzt: Wer eine trans Person gegen ihren Willen outet oder ihren Deadname (Opens in a new window) nennt, muss mit einem BuĂźgeld rechnen. Das gilt fĂĽr Behörden, aber auch fĂĽr Einzelpersonen. Letzteres ist neu und eine direkte Reaktion auf transfeindliche Initiativen und Personen, die schon jetzt alles daransetzen, trans Personen das Leben zur Hölle zu machen. Personen, die mit ihrem alten Namen in der Ă–ffentlichkeit bekannt waren, werden aber auch mit dem neuen Gesetz nicht vor Deadnaming geschĂĽtzt. Das Eckpunktepapier greift auĂźerdem die gängigste „BefĂĽrchtung“ von Transfeind*innen auf: „Es wird weiterhin darauf geachtet werden, dass Schutzbereiche fĂĽr vulnerable und von Gewalt betroffene Personen nicht missbräuchlich in Anspruch genommen werden. Gewalttätige Personen gleich welchen Geschlechts haben z.B. wie bisher keinen Zugang zu Frauenhäusern.“ NatĂĽrlich kocht die Wut reaktionärer Konservativer und menschenfeindlicher TERF (Opens in a new window)s seit Donnerstag wieder auf höchster Flamme. Unter dem #FrauenSagenNein verbreiten sie Hass und Verschwörungsgeschwurbel gegen trans Frauen und die BILD-Zeitung titelte „Ein Mal pro Jahr darf jeder sein Geschlecht wechseln“. Die Kompetenz zum Thema lässt aber nicht nur bei Springer deutlich zu wĂĽnschen ĂĽbrig. Regelmäßig sind es Medien, die transfeindliche Berichterstattung als „ausgewogen“ präsentieren, Ă„ngste schĂĽren durch falsche Darstellungen und hasserfĂĽllten „Expert*innen“ Raum geben. Deshalb ist am Montag die Kampagne TransMedienWatch gestartet. Die Petition „Gegen trans*feindliche Berichterstattung, fĂĽr einen respektvollen und sachlichen Umgang!“ hat Stand jetzt (3. Juli, 15:50 Uhr) 3.683 Unterschriften. Ihr könnt sie hier mitzeichnen (Opens in a new window).Â

Was sonst so los war in dieser Woche, könnt ihr wie immer im WochenrĂĽckblick aus feministischer Perspektive (Opens in a new window) nachlesen. Dieses Mal geht es u.a. um den CSD und Deutschlands erste Schwarze Ministerin.Â
Wenn ihr lieber hört als lest, habe ich hier eine Podcast-Empfehlung für euch:
"Der Schuss von Porz - Ein Politiker drĂĽckt ab (Opens in a new window)" ist eine fĂĽnfteilige Audioserie des WDR, die die Geschichte von Krys erzählt, der mit seinen Freunden an einem Dezemberabend am Rheinufer mit dem Bewohner eines Einfamilienhauses in Streit gerät. Der Rentner hat eine Schusswaffe und drĂĽckt ab, die Kugel trifft Krys in die Schulter, nur wenige Zentimeter von der Hauptschlagader entfernt. Der SchĂĽtze:  Hans-Josef Bähner, der fĂĽr die CDU in der Bezirksvertretung von Köln-Porz sitzt. Krys ĂĽberlebt, Bähner kommt vor Gericht. Der Podcast zeichnet den Prozess nach und lässt neben Krys und seinen Freunden auch Weggefährten Bähners, Anwohner*innen, Krys Mutter, die Anwältin der Nebenklage, Bähners Verteidiger sowie einen Aktivisten der antirassistischen Initiative "Tatort Porz (Opens in a new window)" zu Wort kommen.  Wer True Crime liebt, kommt hier voll auf seine Kosten, ich mochte vor allem, wie sich der gesellschaftlich tiefverwurzelte Rassismus zeigt - als Motiv fĂĽr die Tat, aber auch in den Aussagen der Anwohner*innen und Bähners Freunden aus dem SchĂĽtzenverein und der CDU. Wenn ihr wissen wollt, was der Medienanwalt  und ehemalige GeschäftsfĂĽhrer der Werteunion, Ralf Höcker, mit dem Fall zu tun habt, solltet ihr jetzt den Podcast hören. Gibt es in der ARD-Audiothek oder hier (Opens in a new window).Â
Ich verabschiede mich fĂĽr heute und Danke euch fĂĽrs Lesen und fĂĽr euren Support! Wenn ihr könnt und mögt, gibt es via PayPal die Möglichkeit, eine kleine Spende (Opens in a new window) dazulassen und wenn ihr regelmäßig unterstĂĽtzen wollt, werdet doch Teil der Pfefferhasen-Familie als Zwergkaninchen, Feldhase oder Belgischer Riese.Â
Habt es gut und passt auf euch und einander auf,
Ulla