Was von einem viralen Post übrig bleibt
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Heute: Kann man aus dem Vertriebskanal Linkedin einen verlässlichen Revenue-Stream generieren?

Hallo!
In der Blaupause von der vergangenen Woche hatte ich ja von meiner Waschmaschine erzählt, meinem Hund Juri und was das Ganze wiederum mit der nächsten Distributions-Ära des Internets zu tun hat.
https://blaupause.community/posts/4d63a680-d303-4f46-a44d-8a2a70a9f88f (Opens in a new window)Darauf habe ich so viele Reaktionen bekommen wie selten. Und das hatte sehr viel mit meiner Waschmaschine zu tun, und nur ein ganz kleines bisschen was mit der Zukunft der Reichweite für unabhängige Medien.
Zum Beispiel durfte ich deswegen am Freitag zu Gast sein bei „Holger ruft an“, dem Podcast von Übermedien. Das Gespräch ist schön geworden, finde ich, und wenn du eine halbe Stunde Zeit hast und dich für Blaupause-Themen interessierst, würde ich dir tatsächlich empfehlen es mal anzuhören. Es ging um das große Thema Distribution und darum, wie schwierig es inzwischen für unabhängige Medienmacher:innen ist, mit dem eigenen Publikum in Kontakt zu bleiben.
https://uebermedien.de/107327/killt-ki-die-reichweite-unabhaengiger-medien/ (Opens in a new window)Denn KI führt dazu, dass es immer mehr sogenannte Zero-Click-Searches (Opens in a new window) gibt; Google also direkt Fragen beantwortet, statt die Leute auf deine Webseite zu schicken.

Zum anderen aber auch daran, dass Social Media inzwischen gar nicht mehr social ist, sondern es sich um Entertainment-Streams handelt, in denen es so gut wie unmöglich ist, Leute dazu zu kriegen, auf einen Link zu klicken.

Wir sind dadurch als Content-Produzenten mit eigenen Produkten wie bezahlten Mitgliedschaften oder Digital-Abos zu unbezahlten Praktikant:innen der großen Plattformen geworden.
Quod erat demonstrandum!
Meine Waschmaschine wird berühmt
Am Montag hatte ich die aktuelle Ausgabe zusammen mit dem Waschmaschinenbild bei Linkedin gepostet.

Ich ahnte, dass etwas so Anschlussfähiges wie eine Waschmaschine ganz gut funktionieren könnte. Das hat es tatsächlich auch getan. Linkedin gibt eine Zahl von fast einer Viertelmillion angezeigter Beiträge an, bei über 150.000 erreichten Linkedin-Usern.

Das ist für meine Verhältnisse sehr, sehr viel. Und eigentlich beste Voraussetzungen dafür, den typischen Creator-Funnel abzubilden, wie er früher funktioniert hat. Und der sah so aus: Auf Social Media konnte man Leute durch Links auf die eigene Webseite locken, und dort Werbung anzeigen und digitale Abos oder bezahlte Mitgliedschaften anbieten.
Auf die Blaupause übertragen heißt das: Von diesem Linkedin-Post hätte ich hoffentlich
einen Gutteil der User dazu bekommen, meinen Text zu besuchen,
auf dieser Seite das eingebettete E-Mail-Formular auszufüllen,
möglichst viele von ihnen also zu Newsletter-Subscribern zu machen,
und diese dann zumindest teilweise dazu bekommen, eine bezahlte Mitgliedschaft abzuschließen.
Ich habe gestern Nachmittag mal aufgedröselt, wie das ganz konkret in meinem Fall aussah.

Von den gut 150.000 erreichten Linkedin-Usern haben schließlich 2.131 auf den Link geklickt. Tatsächlich stimmen die von Linkedin ausgewiesenen Zahlen ziemlich gut mit den Zahlen überein, die das Plausible-Analytics-Dashboard bei Steady anzeigen.


Von diesen 2.100 Leuten haben allerdings nur 74 ihre E-Mail-Adresse eingegeben, um den Newsletter zu erhalten. Bezahlt, das hat niemand.

Jetzt würde ich natürlich nicht erwarten, dass man sofort anfängt, Geld zu bezahlen nur, weil man ein Newsletter einmal interessant fand. Ich gehe davon aus, dass es schon ein paar Wochen oder Monate dauert, bis jemand, der zahlungsbereit ist, das auch tatsächlich tut.
Eine Daumenregel, auf die ich ja immer wieder verweise, ist die Zahlungsbereitschaft bei etwa 5 Prozent der Community. Was im Fall dieser 74 neuen Leser:innen drei oder vier neuen Mitgliedern entspräche. Wenn die jeweils ein Lifetime Value (Opens in a new window)1 von, sagen wir, 120 Euro hätten (was nicht unrealistisch ist, wahrscheinlich ist es sogar mehr), dann hätte ich also mit diesem einen Linkedin-Post rund 400 Euro verdient. Gar nicht mal so übel.
Andererseits habe ich in den letzten zwei bis drei Jahren, als die neue For-You-Feed-Ära anbrach, noch nie 150.000 einzelne Menschen mit einem Social-Media-Post erreicht. Ich halte es für völlig unrealistisch, jede Woche so einen Post zu produzieren. Das wäre mir auch viel zu stressig.
Gut, dass wir mal über was völlig anderes geredet haben
Seufz. So weit, so bekannt. Trotzdem hat es mir natürlich Spaß gemacht, die Woche über die Unterhaltung zu verfolgen. Denn es haben sich immerhin 137 Kommentare angesammelt.

Und die waren zivilisiert, nett und oft lustig.

Allerdings wurde mir noch mal bewusst, dass solche Plattformen – Surprise! – viel Noise und wenig Sinn generieren. Ich habe ChatGPT gebeten, die Kommentare nach Themen zu clustern.

Um das Thema „KI im Haushalt“ ging es in den meisten Beiträgen, etwa 43 Prozent. In 20 Prozent der Kommentare ging es nur um Waschmaschinen. Und nicht weniger als 15 Prozent gaben mir den Hinweis, doch einfach in die Bedienungsanleitung zu gucken. Duh!

Solche Hinweise – die im Übrigen zu 100 Prozent von männlichen Kommentierern kamen – ergeben in diesem Kontext kaum Sinn, aber demonstrieren, wie Online-Diskussionen bei normalen und freundlichen Leuten den inneren Klugscheißer wecken. Natürlich habe ich die Bedienungsanleitung längst irgendwo verräumt oder weggeschmissen. Und der ganze Witz an KI ist es ja, dass man aus einem kryptischen Fehler wie E20 in kürzester Zeit eine Lösung meines Problems erstellt, was die Bedienungsanleitung wahrscheinlich nicht schaffen würde. Auf keinen Fall aber so komfortabel. Und … das war ja auch gar nicht der Punkt!!1!
Um das Thema, auf das ich eigentlich hinauswollte, ging es dagegen in gerade mal 3,8 Prozent der Kommentare. Was ja auch gar nicht anders sein kann, denn es haben ja schließlich nur 1,44 Prozent der Interagierenden überhaupt den Text besucht.
Was bringt’s?
Um ein Fazit zu versuchen: In der Logik der Plattform habe ich
neue Kontakte gefunden.
Leute haben mich möglicherweise unter irgendwas mit Medien und KI abgespeichert, was mir theoretisch irgendwann nochmal nutzen könnte.
Ich konnte mich drei Tage lang viel beachtet fühlen und sah möglicherweise für ein paar Momente schlau aus.
Aber ich muss festhalten: Meine Aktivitäten auf LinkedIn sind mehr oder weniger nutzlos für die Blaupause. Kann man für einen mitgliederfinanzierten Newsletter aus diesem Vertriebskanal einen verlässlichen Revenue-Stream generieren? Kann ich als unabhängiger Medienmacher also auf Linkedin ein Geschäft machen?

Klare Antwort: Nein.
Bis nächsten Montag
👋 Sebastian
🤗 Fand ich hilfreich (Opens in a new window) 😐 War ganz okay (Opens in a new window) 🥱 Für mich uninteressant (Opens in a new window)
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Was das Desaster rund um die abgesagte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur neuen Richterin am Bundesverfassungsgericht mit Social Media zu tun hat, zeigt diese Grafik sehr eindrücklich:
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