7 Tipps für digitale Sicherheit - in Zeiten von Trump & Co.
Eine Gruppe Forschender hat jetzt ein Handbuch gegen Autokratie erstellt. Es bietet viele hilfreiche Informationen – sowie Tipps für digitale Sicherheit.
“Die Demokratie steht gerade global unter Druck. Die Welt ist heutzutage nahezu gleichmäßig aufgeteilt in 91 Demokratien und 88 Autokratien. Seit 2003 ist der Anteil der Weltbevölkerung, der unter autokratischen Regimen lebt, von 50 Prozent auf 72 Prozent gestiegen – das entspricht 5,7 Milliarden Menschen.” Das berichtet das “The Anti-Autocracy Handbook (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)”, an dem 18 Wissenschaftler:innen mitgearbeitet haben. Darunter Stephan Lewandowsky (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), der schon viel zur Aufklärung über die Klimakrise und Wissenschaftsleugnung beigetragen hat. Das Handbuch richtet sich eigentlich an Forschende – aber einige der Beobachtungen und Tipps darin sind meines Erachtens auch für interessierte Bürger:innen relevant.
Zuerst erklärt das Handbuch, wie ein schrittweiser Umbau von demokratischen Gesellschaften hin zu Autokratien üblicherweise passiert: “Autokrat:innen folgen häufig einem ähnlichen Drehbuch: Sie setzen Populismus ein, indem sie vorgeben, ‘das Volk’ gegen ‘die Eliten’ zu vertreten; sie zielen darauf an, gesellschaftliche Polarisierung zu vergrößern, indem sie Menschen spalten; Und sie versuchen, die Rechenschaftspflicht zu untergraben, indem sie das Konzept von Wahrheit infrage stellen und Verwirrung über grundsätzliche Fakten streuen”. Die drei Ps von Autokrat:innen sind: Populismus, Polarisierung, Post-Truth.
Zum Beispiel ist ein Gradmesser, ob eine Gesellschaft hin in Richtung Autokratie kippt, wie kostspielig es für Einzelne ist, sich der Regierung zu widersetzen. “In einer Demokratie müssen sich Bürger:innen keine Sorgen über Konsequenzen machen, wenn sie auf friedliche Weise die Regierung ablehnen – die Idee von Opposition ist fundamental für eine Demokratie.” Hier möchte ich anmerken, dass in den USA die Kosten für manche komplett legitime Vorgehensweisen in einem demokratischen System auffällig groß geworden sind: Siehe etwa den Druck, den Trump auf Rechtsanwaltskanzleien ausübt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), die z.B. für politische Konkurrent:innen juristisch gearbeitet haben. Oder den Druck, den die Trump-Regierung auf die Universität Harvard ausübt.
Was tun? Wie kann man Widerstand leisten? Zum Beispiel geht es darum, vieles nicht stillschweigend hinzunehmen. Autokratische Regierungen bekommen viel Macht freiwillig – weil Menschen vorauseilend Gehorsam leisten. Man kann sich an Medien wenden, sich über Social Media öffentlich äußern. Oder Forschende können z.B. auch ein “Science in the Pub” (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)-Event veranstalten, bei dem sie sich an eine Öffentlichkeit wenden. Selbst wenn man nicht so öffentlich sichtbar auftreten kann/will, kann man z.B. Sand im Getriebe sein. Der Bericht nennt das “Friktion erzeugen”, etwa die Umsetzung einer problematischen Anordnung verzögern, noch einmal nachfragen, wie eine Anordnung gemeint war...
Und das Handbuch bietet auch 7 Tipps für die digitale Sicherheit:
Ein sicheres E-Mail-System verwenden - wie Proton Mail (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Oder wenn man Gmail verwendet, kann man sein Advanced Protection Program (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) in Erwägung ziehen.
Zwei-Faktor-Authentifizierung auf allen Accounts benutzen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), die es anbieten. SMS soll man nur zur Authentifizierung verwenden, wenn keine andere Option verfügbar ist - denn diese können recht leicht abgefangen werden.
Sichere Messenger-Dienste wie Signal benutzen (auch WhatsApp ist verschlüsselt, aber Signal sammelt anders als WhatsApp keine Metadaten). Auch empfiehlt das Handbuch, die Möglichkeit zu nutzen, Nachrichten nach einem bestimmten Zeitraum automatisch zu löschen. Vorsicht, wenn man solche Apps auf gemeinsam verwendeten Geräten (z.B. Laptops, die auch andere benutzen) nutzt, weil diese leicht geklont werden können, ohne dass man dies merkt. Wenn man WhatsApp, iMessage oder andere Messenger benutzt, sicherstellen, dass die Konversation nicht als Cloud-Backup gespeichert wird.
Einen Privatsphäre-freundlichen Browser benutzen, denn dieser erschwert es, dass Webseiten einen online tracken. Hier gibt es eine gute Übersicht einiger Browser (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Ein VPN benutzen, damit das Browsing-Verhalten privat bleibt. Hier gibt es eine Liste von Diensten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) hierfür.
Software verwenden, die Daten in der EU speichert – weil die EU stärkere Regeln über den Datenschutz hat. (Hier gibt es zum Beispiel eine Übersicht europäischer Alternativen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).)
Technologie verändert sich rasch, das soll einem bewusst sein. Das heißt, eine Software kann auch unsicherer werden (oder z.B. von einem anderen Unternehmen übernommen werden, das nicht so sehr die Privatsphäre schützt)
(Für Menschen in den USA gibt es auch noch den Hinweis, dass dort Data-Broker persönliche Daten verkaufen – und dass es Online-Dienste gibt, die einem helfen, dass weniger Daten von einem käuflich erhältlich sind.)
Meines Erachtens zeigt bereits die Existenz dieses Handbuchs (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), wie ernst die Lage ist. Dass namhafte Forschende es an der Zeit sehen, solche Empfehlungen für andere Wissenschaftler:innen (und alle, die das interessieren könnte) zu richten. Selbst, wenn man zum Beispiel nicht zu Forscher:innen in den USA zählt, die von massiven Kürzungen und einem zunehmend wissenschaftsfeindlichen staatlichen Klima betroffen sind, lohnt es sich meines Erachtens, das Dokument zu lesen. Man bekommt die unfairen Tricks autokratischer Systeme erklärt – und ebenso einen Einblick, wie wichtig Mut und Widerstand in solchen Zeiten sind.
Danke an alle, die bis hierhin gelesen haben - ich melde mich wieder in zwei Wochen!
Schönen Gruß
Ingrid Brodnig
Das Bild in der Web-Version wurde mit ChatGPT 4o erstellt.