Reiche
Meine lieben Buddys,
es ist Montag, und wie Ihr Euch vielleicht erinnern könnt, habe ich Euch Mitte Mai mal etwas Recherchematerial unter dem Titel "Lobbykratie" zur Verfügung gestellt, verbunden mit der Fragestellung, wie man als Kabarettist aus solchem Rohmaterial eine Satire entwickeln kann. Nun denn, der erste Entwurf ist fertig gestellt! Und Ihr seid die ersten, die das jetzt zu lesen bekommen. Ich wünsche viel Vergnügen. Bis nächste Woche,
Euer HG.

Wohin kann man eigentlich auswandern, wo es anders ist?
100 Tage soll man ja bekanntlich einer neuen Leitung zur Eingewöhnung gewähren, bevor man sie kritisieren darf. Sei es ein neuer Vorsitzender im Kaninchenzuchtverein, ein neuer Bezirksvorstand in der Sparkassenverwaltung, oder der neue Ehepartner, bzw Partnerin.
Wendet man diese Karenzzeit jedoch auf unsere neue Bundesregierung an, muss man feststellen, dass jeder Kaninchenzuchtverein nach 100 Tagen seriöser organisiert ist, von Sparkasse und EhepartnerIn ganz zu schweigen.
Denn das Bundeskanzleramt lediglich zu kritisieren wäre dabei noch eine milde und nachsichtige Verschonung. Nach Strich und Faden in Grund und Boden stampfen käme dem Grad an Kritikwürdigkeit näher.
Es beginnt ja schon damit, dass man sämtliche Versprechungen direkt nach der Wahl bereits in die Tonne kloppen durfte. Seien es die der Union, wie z B, keine neuen Schulden, Rückkehr zur Atomkraft, Taurus-Lieferungen an die Ukraine. Oder seien es die der SPD, wie z B 15 Euro Mindestlohn, Reform von Einkommensteuern, Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern und Spitzensteuersatz. Und wenn wir alle mal im Lateinunterricht lernten, was "pacta sunt servanda" auf deutsch heisst, so lautet die Übersetzung bei Schwarz-Rot: "An eine Entlastung bei der Stromsteuer für Privatpersonen können wir uns nicht mehr erinnern"
Noch mehr Begeisterung gibt es allerdings, wenn man sich die Prinzipientreue und Redlichkeit der Konservativen mal in der Gesamtschau betrachtet, und die entsprechenden Ideale der Sozialdemokraten in den gleichen Topf wirft, dann kann man sich nur noch fragen: Wohin kann man auswandern, wo es anders ist?
Und um mal ein Exempel zu statuieren, werfen wir exemplarisch mal einen Blick auf Katherina die Grosse, mit Nachnamen "Reiche", die sich im Kabinett Merz um die Wirtschaft kümmert. Denn wie wir ja wissen, ist unser Bundeskanzler ein Mann, der 2 Privatjets besitzt, und sich deswegen zur Mittelschicht zählt. Völlig zu Recht! Ich weiss ja auch nicht, wohin mit meinem Champagner, nachdem mein Jacuzzi aufgefüllt ist. Und damit gehöre ich ja sogar noch zur Arbeiterklasse.
Und weil so ein Kanzler vor Bodenständigkeit kaum laufen kann, ist auch sein Kabinett entsprechend nett besetzt. Und so sprach unsere Bundeswirtschaftsministerin z B mal von einem "Zwang zur Wärmepumpe". Und guckt man dann ins entsprechende Gebäudeenergiegesetz rein, dann gibt es den da gar nicht. Und nicht nur da nicht, sondern auch sonst nirgends irgendwo gab es jemals einen "Zwang zur Wärmepumpe". Was es gab, war die Kommunikationskatastrophe Robert Habeck. Aber das war eher so ein Drang zur Gebärdenwumpe. Was auch immer das heißen mag.
Aber werfen wir mal einen Blick in Habecks ursprünglichen Gesetzentwurf, dann sehen wir:
- Du darfst jede Heizung behalten, die du hast, auch nach 2024.
- Du darfst deine Gasheizung auch jederzeit reparieren.
- Dich zwingt niemand, irgendwann etwas zu ersetzen, du darfst alles weiterlaufen lassen, wie du willst.
- Funktionierende Heizungen dürfen weiter genutzt werden und Kaputte dürfen so lange repariert werden, wie man sie reparieren kann.
- Und du darfst selbstverständlich so viel heizen, wie du willst.
- Auch Technologieoffenheit ist gesichert für den Fall, dass du eine neue besorgen musst: Du darfst du auch alles einbauen, was du willst.
Die einzige Bedingung:
- 65 % der Energie muss dann aus erneuerbaren Energien stammen.
- So könntest du sogar theoretisch weiter eine Gasheizung betreiben, mit Biogas oder Wasserstoff (wobei diese Dinge extrem teuer und noch Zukunftsmusik sind und sich ohnehin wahrscheinlich nie vergleichbar rentieren werden.
- Dies wird beispielsweise auch von einer Hybridheizung erfüllt. Also, wenn eine Gasheizung beispielsweise durch eine günstige Wärmepumpe ergänzt wird.
- Günstige Luft-Luft-Wärmepumpen sind schon für niedrige vierstellige Beträge zu haben.
-Aber auch das gilt nur für neue Heizungen und für den Zeitpunkt, wenn deine alte den Geist aufgibt.
- Und selbst hier kann es Ausnahmen geben und mehrjährige Übergangsfristen! Verpflichtend ist ein Heizungstausch erst nach 2044.
- Außerdem soll dieser Heizungstausch auch noch stark staatlich gefördert werden.
Soweit der original Gesetzentwurf von Habeck, dem sogar die FDP viermal zugestimmt hatte. Christian Lindner höchstselbst hat es als „technologieoffen“ und „pragmatisch“ gelobt. Und der Knüller: Große Teile dieses Gesetztes kamen gar nicht von Habeck, sondern - Achtung Trommelwirbel und Tusch! - von einem CDU-Gesetz aus dem Jahr 2020!
Und dann bekam irgendjemand bei der Springer-Presse anscheinend Langeweile, und dachte sich das Märchen von fehlender Technologieoffenheit aus, und von 101 Fragen, die angeblich unbeantwortet waren. Und Überraschung! Überraschung! Diese 101 Fragen gab es nicht. Nie. Nirgends!
Und wofür diese Kampagne?
Damit am Ende 0,1 % der Gasheizungen, die eh schon uralt sind, ein minimal kleines bisschen länger laufen dürfen. Und das auch nur deswegen, weil die CDU ihr eigenes, altes Gesetz ein minimal kleines bisschen anpassen wollte.
Und selbst die neue Wirtschaftsministerin Reiche musste dann zurückrudern. Plötzlich ging es nur noch um ein Betriebsverbot für Gasthermen von vor 1991, also aus dem letzten Jahrtausend. Was aber sowieso kaum jemanden betrifft, weil die Dinger längst ausgemustert sind.
Die Union hat also Wahlkampf gemacht mit einer Behauptung, die nachweislich …äh…wie nennt man das noch? …ach ja: gelogen war. Und anschließend hat die Union so getan, als würden sie etwas abschaffen, was noch weniger Relevanz hat, als eine Vorfahrt für Droschkenpferde auf der A9 bei Nebel.
Und wenn man sich fragt, warum Katherina Reiche denn so etwas überhaupt macht, dann werfen wir mal einen Blick auf ihren Werdegang, und sehen einen Drehtüreffekt zwischen Politik und Wirtschaft aus dem Lehrbuch für das Erklimmen aufstrebender Karriereleitern.
So startete die langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2015 zunächst als Hauptgeschäftsführerin beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), und dann zuletzt als Vorstandsvorsitzende der Eon-Tochter Westenergie AG.
In dieser Zeit betrieb sie Lobbyarbeit bei hochrangigen Regierungsvertretern, wie z B den damaligen Ministern Peter Altmaier (CDU), Olaf Scholz (SPD) sowie Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Und irgendwann bei dieser Gelegenheit lernte sie auch ihren derzeitigen Ehemann kennen, einen gewissen Karl Theodor zu Guttenberg, diesen ehrbaren Vorzeigesozialisten aus dem Stammbaum der proletarischen Einheitsfront von 1917.
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