Die Sache mit den Pausen (Juni-Logbuch)
Ich habe da diese neue Regel: Alle 10.000 Wörter darf ich mir ein Buch kaufen. Ob ich mich daran halte? Wir werden sehen. Aber wenn ich in sechs Monaten meinen Jahresrückblick teile und du dich fragst, wie ich dieses Jahr so viel schreiben konnte - es war einmal im Juli …
Moment. Das ist das Juni-Logbuch!
Wie an jedem Monatsende sitze ich da und frage mich, was eigentlich passiert ist. Es ist nicht direkt hilfreich, dass der angeblich nicht vorhandene Klimawandel gerade mit seiner Hitzewelle mein Hirn al dente kocht. Ich könnte mal Tagebuch schreiben. Leider reicht meine Aufmerksamkeitsspanne erfahrungsgemäß nur für drei Einträge. Tja. Und nun?
Ach, jetzt fällt’s mir ein! Mein Buch ist erschienen! Darüber habe ich hier auch einen Beitrag verfasst, er trägt den sehr dezenten Titel Was ich vom Aufgeben gelernt habe (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Spoiler: Ich habe nicht aufgegeben. Zumindest nicht das Schreiben. Was den Rest angeht …

Ich wurde neulich gefragt, was ich über Pausen denke. Tatsächlich halte ich sie für absolut wundervoll und in einem Leben, in dem ich mehr Zeit habe, werde ich ganz viele davon machen. In diesem Leben bin ich leider nicht sehr gut darin. Meine Pausen sehen meist so aus: Um den Block laufen, Musik auf den Ohren. Mit dem Hund laufen, im Kopf den nächsten Dialog entwerfen. Mit dem Kind laufen, Termine checken. Fünf Bücher im Monat lesen, nebenbei selbst zwei schreiben. Schlafen wollen, das Gespräch von vorgestern nochmal durchgehen. Was hätte ich anders sagen können? Und was meinst du mit: Das kannst du jetzt nicht mehr ändern?
Chaos ist meine Expertise
Wenn ich etwas ändern könnte, dann das: Meine Sprunghaftigkeit ausschließlich für Dinge einsetzen, die mir guttun; bei denen sie ein Vor- und kein Nachteil ist. Mehr Energie daraus gewinnen, als es mich kostet.
Also Schreiben, zum Beispiel.
(Noch 7.000 Wörter bis zum nächsten Buchladen-Besuch!)
In der ersten Monatshälfte war ich alle paar Tage Bücher streicheln, und ja, ein paar habe ich auch adoptiert. Zu meinem eigenen hatte ich diesmal in freier Wildbahn erstaunliche Berührungsängste, obwohl es so gut platziert war:

Und wie passend ist es eigentlich, dass mein Weltschmerzbuch erscheint, während mich ebendieser allmählich auffrisst? Was hätte ich dafür gegeben, “Rebel of the Light” zu dieser Zeit zum ersten Mal lesen zu dürfen!
Stattdessen habe ich ein paar Apps deinstalliert, meinen Algorithmus auf Tiervideos und Konzert-Mitschnitte trainiert, meine RomCom-Ära eingeleitet (lesend) und neue Ideen geplottet. Eine davon setze ich bereits als Leseprobe um. Und dann denke ich wieder, wie froh ich bin, meine Erfahrungen in Geschichten stecken zu können, wo ich die Kontrolle habe, wo ich Dampf ablassen darf, wenn ich woanders trotz allem scheißnett bleiben muss. Ich werde definitiv nie die Art Künstlerin sein, die man von ihrer Kunst trennen kann, tut mir nicht leid.
In diesem Sommer …
Kommt die Pause zu mir. Zwei Wochen lang haderte ich damit, jetzt bin ich abgetaucht. Und es ist gut. Es ist notwendig. Zu tun, was ich will. Nichts zu tun, wenn ich nicht will.

In diesem Sommer lerne ich zu akzeptieren, welche Kämpfe sich lohnen und welche nicht. Ich verliere den Faden, irgendwo zwischen Bahn Nummer neunzehn und ich-bin-mir-nicht-sicher. Ich drehe Hunderunden und finde mich Zickzack laufend im Wald wieder, weil die Luft gerade gut ist, weil ich nirgendwo hinmuss, weil es einfach schön ist - die laute Stille um mich herum, das Atmen, das Nicht-funktionieren-müssen.
Ich schreibe also langsamer
Und irgendwie kommt doch etwas zusammen. (Auch wenn die Buchhandlung eine Weile auf mich warten muss.) Ich bin trotzdem immer noch die Person, die lieber in der prallen Sonne die Treppe nimmt, statt gemütlich im Schatten geradehin zu schlendern. Am Ende tun mir so oder so die Füße weh, warum dann also nicht mit besserer Aussicht?
Mit den Stärken und Schwächen ist es ja so eine Sache. Was mir an der einen Stelle die Füße wegzieht, lässt mich woanders auf den Berg steigen. Das ist sogar ein sehr guter Vergleich, fällt mir gerade auf, weil Berge und Schreiben für mich etwas gemeinsam haben: Es stört mich nicht, dabei ins Schwitzen zu kommen. Und es geht nie darum, mich jemand anderem zu beweisen, sondern immer nur darum, die eigenen Zweifel zu überwinden.

In diesem Sommer arbeite ich an zwei Geschichten, die es mir auf ganz unterschiedliche Weise sehr leicht machen. Und besonders diese eine lässt mich an letztes Jahr zurückdenken, als Schreiben alles war, aber nicht leicht. Als ich von verschlossenen Türen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)sprach und von Bewegungslosigkeit und - ach, schau an, auch von Stärken und Schwächen, wie kreativ!
Würde ich an solche Dinge glauben, wäre das jetzt der Punkt, an dem ich darüber philosophiere, dass das Leben nicht grundlos Schleifen dreht und seine Fragen wiederholt, als wolle es noch einmal nachhaken, ob ich mir meiner Antwort wirklich sicher bin. Tue ich aber nicht. Ich laufe lieber selbst, egal ob geradeaus oder den Berg hoch. Hauptsache vorwärts. Und wo’s dabei hingeht? Schauen wir mal …
Schön, dass du hier bist und dich ein bisschen mit mir in diesem Juni verlaufen hast. Danke für deine Zeit!
Deine Karla 🤍
P.S.: Auf meiner Website (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gibt es aktuelle Infos zu meinen Schreibworkshops, die nun unter dem Titel Los: Schreiben! laufen. Ich habe festgestellt, dass die Schreibpause etwas unkonkret war - vielleicht kannst du dir jetzt mehr darunter vorstellen, was dich dort erwartet. Die angegebenen Termine sind immer unter Vorbehalt, es steht und fällt mit den ersten zwei Anmeldungen. Bei Interesse oder Fragen schreib mir gern eine Mail (oder antworte auf diese hier).