Liofit in Kamenz: Batterie-Recycling im Familienbetrieb
HINTERGRUND / BATTERIEWIRTSCHAFT IM KREIS BAUTZEN
August 2025
Mit der Reparatur von E-Bike-Akkus hat Familie Günther in Kamenz ein blühendes Unternehmen aufgebaut. Ein Lichtblick in der ansonsten unsicheren E-Mobility-Branche der Lausitz. Nun wird neu gebaut.
von Christine Keilholz

Ralf Günther fand sein Geschäftsmodell mit Mitte 50. Er erkannte, dass das mit den Batterien eine Zukunft haben würde und wollte es groß aufziehen. Das war 2013. Heute beschäftigt Günther 26 Mitarbeiter in Kamenz im Kreis Bautzen.
Günthers Firma Liofit (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) hat sich auf die Akkus von E-Bikes spezialisiert. Die werden geöffnet, repariert oder recycelt. Und das auf eine Weise, die auch die letzten Wertstoffe herausholt aus diesen Dingern, die anderswo einfach in einen Schmelzofen fliegen, wenn sie ausgedient haben. 1,32 Millionen Euro Jahresumsatz hat Liofit damit zuletzt erreicht. Die Geschäfte, die inzwischen Sohn Rico leitet, laufen gut. Nun wird groß investiert.
Im Gewerbegebiet Am Ochsenberg in Kamenz baut Liofit eine neue Halle. Zum Spatenstich in der vergangenen Woche kam Sachsens Wirtschaftsminister aus Dresden. Dirk Panter (SPD) lobte das Unternehmen als innovativen Mittelständler, der „die Vision einer klimaneutralen Zukunft praktisch umsetzt“. Das neue Recyclingzentrum kostet Liofit drei Millionen Euro. Der Freistaat fördert den Bau mit rund 1,38 Millionen Euro.
Nische im Batterie-Cluster gefunden
Batterien für E-Bikes wären vor ein paar Jahren als wirtschaftlicher Kleinkram eingestuft worden in einem Umfeld, das große Tech-Hypes und Milliardenförderungen anlocken will. Doch die Hypes sind abgeflaut, auch in der Elektromobilität. Große Ansiedlungen der Automobilbranche kamen - mit Ausnahme von Botree Cycling (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) in Guben - nicht zustande. SVolt wird doch keine Fabrik in Lauchhammer bauen. Die Porsche-Tochter Cellforce wird allem Anschein nach nicht auf dem Schipkauer Flugplatz bauen - das Unternehmen hat stattdessen jüngst Entlassungen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) angekündigt. Das lenkt den Blick auf die kleineren Player, die schon da sind. Und die, wie Liofit, ohne merkliche öffentliche Gelddusche wachsen konnten.
Ralf Günther ist promovierter Chemiker und hat fast ein Vierteljahrhundert in der Pharma-Branche gearbeitet. Dann wurde er auf die Batterie-Szene in Kamenz aufmerksam. 2012 siedelte sich in der 17.000-Einwohner-Stadt die Daimler-Tochter Accumotive (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) an. Seitdem ist im Umfeld ein Cluster entstanden mit Tausenden Beschäftigten. Günther verlegte sich aufs Fahrradgeschäft, denn das machte noch keiner.
Eine willkommene Marktlücke, die sich prächtig entwickeln konnte. In der Corona-Pandemie schossen die Verkaufszahlen von E-Bikes und Pedelecs nach oben. Mehr als ein Viertel der Deutschen besitzt laut einer Studie von E.on (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) mittlerweile ein Elektrorad. Zuletzt meldete die Branche zwar Überkapazitäten und Insolvenzen von Herstellern. Doch den Bedarf, Batterien zu längerem Leben zu verhelfen, gibt es in der umweltbewussten Kundschaft trotzdem. Liofits Kunden sind Privatleute, Fahrradhändler und Akkuproduzenten. Es werden immer mehr dank EU-Recht: Seit Anfang 2024 müssen Händler die Reparatur ihrer Akkus (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) anbieten. Das gibt Liofit weiteren Auftrieb.
Neuanfang nach Brand 2023
Kreislaufwirtschaft ist ein eher ruhiger Tech-Hype. Recycling gilt nicht eben als eine Industrie, aus der sich viel Wert schöpfen lässt. Obwohl auch dafür gut gefüllte EU-Töpfe bereitstehen. Die Fördermittel für das Kamenzer Recyclingzentrum kommen aus der Richtlinie Kreislaufwirtschaft (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und aus Landesmitteln. Damit sind je nach Projekt und Größe des Antragstellers Zuschüsse bis 70 Prozent möglich, die nicht zurückgezahlt werden müssen.
Im neuen Zentrum wollen Günthers auch eine eigene Forschungsabteilung aufziehen. Mit eigens entwickelten Auslesegeräten und KI-Lösungen werden Akkus sortiert und das Zerlegen erleichtert. Das Diagnosetool - ein kompaktes Gerät zum Auslesen und Programmieren von E-Bike-Akkus - ist eine Schöpfung des Hauses. Es kann sämtliche gängigen Akkus unterschiedlicher Hersteller auf Knopfdruck auslesen und die Daten anzeigen. Solche Entwicklungen heben Liofit ab von den Mitbewerbern, die nur Zellen zusammenschweißen.
Ganz gerade verlief der Erfolgskurs dennoch nicht. Im Mai 2023 brannte der Firmensitz und die Existenz des Familienunternehmens stand auf dem Spiel. Seither produzieren und reparieren Günthers in einem Ausweichobjekt. Deshalb ist der Bau der 1.000-Quadratmeter-Halle am Ochsenberg auch ein Neuanfang. 2026 soll hier der Betrieb starten. Gründer Ralf Günther will damit die Basis legen, um noch mehr Akkus vor der Verschrottung zu retten.