#21 Sucht und ambulante Psychotherapie - es bewegt sich was, aber genug?
Liebe*r Psychoaktiv-Leser*in,
es ist der Erste im Monat - und damit ist es Zeit fĂŒr den psychoaktiven Newsletter - dem begleitenden Newsletter zum Podcast Psychoaktiv. Das bedeutet spannende DenkanstöĂe und einen MonatsrĂŒckblick zu den Themen Drogen & Sucht. AuĂerdem gibt es die wichtigsten AHA-Erlebnisse aus den zwei Podcast-Folgen, die ich in dem Monat herausgebracht habe.
Liebe GrĂŒĂe
Stefanie
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Um was geht es heute?
Sucht und Psychotherapie - es bewegt sich was, aber genug?
ADHS und Sucht - der Zusammenhang
Kokain - wird Deutschland ĂŒberschwemmt?
Psychoaktiv Presseschau im August
Psychoaktiv im September
Meine Fortbildungen 2025
Als Mitglied hast du Zugriff auf das komplette Newsletter Archiv. Danke, dass du Psychoaktiv, als unabhĂ€ngige AufklĂ€rungsplattform unterstĂŒtzt <3
1. Sucht und Psychotherapie - es bewegt sich was, aber genug?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21. August 2025 beschlossen, die Möglichkeiten fĂŒr ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen auszuweiten. KĂŒnftig können bis zu 24 Sitzungen bewilligt werden, ohne dass Betroffene bereits vollstĂ€ndig abstinent sein mĂŒssen. Das erleichtert vielen Menschen den Zugang zur Behandlung, denn bislang galt es eine Abstinenz innerhalb von 10 Stunden nachzuweisen, sonst wĂŒrde die Weiterbehandlung nicht bewilligt.
Die Abstinenz soll frĂŒhzeitig innerhalb der ersten 12 Behandlungsstunden (Kurzzeittherapie 1) erreicht werden.
Weitere 12 Behandlungsstunden (Kurzzeittherapie 2), können dann durchgefĂŒhrt werden, wenn mit der Patientin oder dem Patienten das Erreichen von Abstinenz als vorrangiges Therapieziel abgestimmt und hierzu ein konkretes Vorgehen vereinbart ist.
Gleichzeitig bleibt aber eine EinschrĂ€nkung bestehen: Innerhalb der ersten zwölf Stunden soll weiterhin Abstinenz angestrebt werden. Genau hier setzt die Kritik an. Vertreter:innen der Patientenschaft warnen, dass diese Vorgabe gerade jene ausschlieĂt, die am dringendsten UnterstĂŒtzung benötigen, etwa Menschen mit komplexen Krankheitsbildern wie einer Kombination aus Trauma und Sucht, bei denen in der Regel deutlich mehr Zeit als die besagten 24 Sitzungen benötigt werden, um die Erkrankungen effektiv zu bearbeiten.
Ich persönlich empfinde die AbstinenzhĂŒrde fĂŒr Psychotherapie einen Eingriff in die persönliche Zielsetzung und Autonomie der Betroffenen und wĂŒrde mir wĂŒnschen, dass ein ernstgemeinter zieloffener Ansatz sich stĂ€rker durchsetzt um damit Menschen auch deutlich frĂŒher in ihrer Suchtentwicklung zu erreichen.
Trotz dieser Kritik freue ich mich, dass sich etwas bewegt. VerÀnderungen entstehen selten von heute auf morgen in einem idealen Endzustand. Doch jeder Schritt hin zu einer besseren Versorgung ist bedeutsam.
Es bewegt sich was im Hause Psychoaktiv: Seit einer Woche habe ich meine Online-Praxis eröffnet. Damit stehe ich wieder direkt Menschen beratend zur Seite, die UnterstĂŒtzung im Umgang mit Sucht und Konsum suchen. Wenn dich das betrifft oder du jemanden kennst, fĂŒr den es hilfreich sein könnte, findest du alle Informationen hier:
2. ADHS und Sucht - der Zusammenhang

Menschen mit ADHS haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Suchterkrankung zu entwickeln. Zwei Hypothesen versuchen, diesen Zusammenhang zu erklĂ€ren. Die Dopaminmangelhypothese geht davon aus, dass im Gehirn von ADHS-Betroffenen das Belohnungssystem anders arbeitet: Dopamin wird zu schnell abgebaut, wodurch Belohnungen schlechter wirken â und Substanzen besonders attraktiv werden. Die Selbstmedikationshypothese wiederum beschreibt, dass Menschen mit ADHS bewusst oder unbewusst Substanzen einsetzen, um ihre Symptome zu lindern, etwa um konzentrierter oder ruhiger zu werden.
In meiner hochgeladenen Podcastfolge (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) gehe ich darauf ein, wie genau diese Mechanismen zusammenhĂ€ngen und welche Rolle das Belohnungssystem spielt. Menschen mit ADHS erleben Substanzen oft anders â gerade Stimulanzien wie Amphetamin oder Kokain wirken bei ihnen paradoxerweise beruhigend statt aufputschend. Das macht die Versuchung groĂ, sie als Selbstmedikation einzusetzen.
Passend dazu gibt es im Bonusbereich Psychoaktiv+ eine neue Fallbesprechung: âLaraâ, (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)24, erzĂ€hlt, warum Speed ihr Ruhe, Konzentration und Struktur verschafft â und fragt sich, warum sie ĂŒberhaupt damit aufhören sollte. In der Bonusfolge ordne ich ein, wie riskant Selbstdiagnosen ĂŒber Social Media sein können, ob eine ADHS-Medikation trotz Suchterkrankung sinnvoll ist und welche ersten Schritte in der Beratung möglich sind.
Wen das Thema dazu auch noch tiefer interessiert, findet auch einen Hörleitfaden zu ADHS und Sucht (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)bei Psychoaktiv+.
3. Kokain - wird Deutschland ĂŒberschwemmt?
Kokain wird aktuell medial heiĂ diskutiert. Es wird von einer Kokainschwemme gesprochen, davon, dass Kokain in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Vor einigen Wochen ein Fruchtcontainer im Hamburger Hafen mit etwa 600âŻKilogramm Kokain gestoppt, ein Erfolg internationalen Zusammenspiels â gleichzeitig zeigen Funde an StrĂ€nden per "DropâoffâMethode", dass sich die Handelswege verschiebenâŻ. Das Bundeskriminalamt warnt zudem von einer Lieferzunahme: Ursache ist ein gesĂ€ttigter nordamerikanischer Markt, der Kokain ins Visier Europas rĂŒcktâŻ.
Das schlĂ€gt sich auch in der Statistik nieder: Laut dem REITOX-Bericht 2024 ist der Anteil der Erwachsenen (18â59 Jahre), die mindestens einmal im Jahr Kokain konsumieren, von 0,6âŻ% im Jahr 2015 auf 1,6âŻ% im Jahr 2021 gestiegen.
Ein sichtbarer Anstieg, trotzdem stört mich an der medialen Berichterstattung, das ein Bild gemalt wird, das jeder zweite Kokain konsumiert. Dem ist nicht so!
Ich habe meine Sommerpause dazu genutzt, meine Podcastfolge zu Kokain (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) erneut hochzuladen. Hier biete ich einen klaren und fundierten Ăberblick â von den Grundlagen zur Wirkung ĂŒber Risiken bis hin zum aktuellen strafrechtlichen und gesundheitlichen Kontext. Da die Diskussion um Kokain gerade wieder an AktualitĂ€t gewinnt, denke ich ĂŒber eine vertiefende Folge nach, die konkreter in die gesellschaftliche Dimension, Konsummuster oder politische Haltung eintaucht. Wenn du bestimmte Aspekte besonders relevant findest, lass es mich gerne wissen. Unter dem untenstehenden Link kannst du mir deine WĂŒnsche auch anonym mitteilen, sonst kann auch einfach auf diese E-Mail geantwortet werden.
4. Psychoaktiv Presseschau im August
In dieser Kategorie findest du eine kleine News-RĂŒckschau ĂŒber den letzten Monat. Was wurde zu den Themen Drogen und Sucht berichtet? Finde es heraus!

đ ArchĂ€ologische Ăberraschung aus Italien: In Mailand wurden in einer Klinik-Gruft zwei Skelette aus dem 17. Jahrhundert untersucht â und Forschende fanden Spuren von Kokain (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre). Damit ist erstmals belegt, dass KokablĂ€tter (oder deren Extrakte) bereits vor rund 400 Jahren in Europa konsumiert wurden. Bisher galt das 19. Jahrhundert mit der chemischen Isolation des Wirkstoffs als Startpunkt des europĂ€ischen Kokaingebrauchs. Der Fund wirft ein neues Licht auf Handelswege und Selbstmedikation in der FrĂŒhen Neuzeit â und zeigt, wie viel Ă€lter die Geschichte des Kokains auf dem Kontinent tatsĂ€chlich ist.
đșDrogenbeauftragter Streeck plant begleitendes Trinken ab 14 Jahren zu verbieten (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre). Damit soll der Trend, dass immer weniger Jugendliche Alkohol trinken, weiter bestĂ€rkt werden.
đ AuĂerdem möchte Streeck âKinder-Vapesâ verbieten (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre). Der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung möchte Aromastoffe in EâZigaretten verbieten, die speziell auf Kinder abzielen â darunter Sorten wie Wassermelone, Erdbeer oder Kaugummi. Diese bunten, âspielerischenâ Aromen werden laut Streeck zu hĂ€ufig als Einstiegsdroge genutzt â er hĂ€lt entsprechende Angebote fĂŒr âskandalösâ und kĂŒndigt ihren gesetzgeberischen Stopp an.
đ Drogendealerin Schuld am Tod von Friends Star Matthew Perry? (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)Jasveen Sangha, bekannt als die "Ketamine Queen", hat sich bereit erklĂ€rt, sich schuldig zu bekennen. Der US-Justiz zufolge lieferte sie das Ketamin, das letztlich zum Todesfall des Schauspielers Matthew Perry fĂŒhrte. Sangha wird sich fĂŒnf Straftaten schuldig bekennen, darunter der Betrieb eines drogenbasierten Lokals sowie die Verteilung von Ketamin mit tödlichem Ausgang. Dieser Schritt markiert den Abschluss eines Ermittlungsprozesses, der Hollywood und die Grenzen zwischen Selbsttherapie und illegalem Drogenhandel in ein neues Licht rĂŒckt.
Hab ich was vergessen? Ihr könnt mir gerne Artikel schicken, die ihr fĂŒr die Presseschaf interessant findet. Einfach dem Newsletter antworten.
5. Psychoaktiv im September
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Lust auf ein besseres Hörerlebnis durch den werbefreien Premium Feed, mit early Access zu den Podcastfolgen, Mitbestimmung bei den Substanzkundefolgen, Bonusfolgen und -artikel und Webinaren. All das gibt es bei Psychoaktiv+, dem Bonusprogramm rund um Psychoaktiv, das meine unabhÀngige AufklÀrungsarbeit möglich macht.
6. Meine Fortbildungen oder Live-Termine 2025
Ich bin 2025 wieder in Deutschland und halte auch ein paar Fortbildungen und VortrÀge. Vielleicht interessieren dich folgende Themen:
01.09.2025: Neue, legale und illegale Substanzen und Medikamente: (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)Ein Tag Substanzkunde als Grundlage fĂŒr deine Arbeit.