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Noctivagus Charakter-Hörbücher (Oma Tituba)

Ein Teaser von neuen Charakteren aus Vytra für unseren Noctivagus-Nebenstrang, der auf der Gamescom 2025 startet und unter anderem auf Conventions weitererzählt wird, geschrieben und eingelesen als Hörbuch von unseren Synchronschauspielenden, damit ihr direkt ein Gefühl für diese Persönlichkeiten bekommt.

Triggerwarnung (TW):

psychische und physische Gewalt, traumatische Erinnerungen/Ereignisse, Folter, Blut Ertrinken, Tod

Kapitel 1 - Das Nebelgericht

Sie treten aus den Schatten. Nachts, wenn Nox das Firmament erstickt. Wiedergänger auf der Jagd nach Mächten, jenseits der Vernunft. Meidet sie und betet, dass ihr für sie nicht von Interesse seid. Sie hinterlassen Tod und Trauer auf ihren Wegen. Sie sind Noctivagus.

Aus dem Leben von Oma Tituba


Das erste, was sie spüren konnte, war die bittere Kälte, die sich durch ihre nassen Kleider in ihre Haut bohrte. Der stechende Schmerz in ihren Lungenflügeln drohte sie zurückzuziehen, zu verschlingen, dorthin, woher sie gekommen war. Aus der Dunkelheit. Bei jedem Atemzug musste sie sich darauf konzentrieren, nicht wieder das Bewusstsein zu verlieren. Sie hustete Wasser, das nicht hierher gehörte und drehte sich gequält auf die Seite. Mühsam öffnete sie ihre Augenlider und blickte sich um.

Sie lag zwischen feuchtem Moos und schwarzem Schlamm von Fäulnis durchsetzt. Die Raben kreischten in der Ferne durch den Wald, als ob sie ihr Erwachen beklagten. Sie konnte ihre Schreie verstehen. Sie waren enttäuscht, dass dieses Festmahl keines war und sie sich jetzt etwas anderes suchen mussten. Sie blickte an sich herab, während die Erinnerungen sich mühsam in ihr Gedächtnis zurückkämpften. Ihr nackter Körper war übersät von Schnitten und blauen Flecken. Er fühlte sich unter ihren Fingern irgendwie fremd an, kalt und rau…

Sie zitterte. Nicht nur vor Kälte, sondern vor dem Wissen, das langsam in ihr aufstieg. Ertrunken. Sie war ertrunken.

Die Bilder rissen plötzlich schmerzvolle Wunden in ihren Verstand. Das eiskalte Wasser, das sich fordernd in ihre Kehle drängte, die nagenden Schmerzen an ihren Händen und Füßen, während sie unaufhörlich gegen den Käfig schlug und trat, die panische Stille, die sich plötzlich unter der Wasseroberfläche ausbreitete. Dann Dunkelheit.

Und doch war sie hier, lebendig. Ihr Herz schlug. Zu schnell. Zu wild. Aber es schlug. Und dann kam der Schmerz wie eine Welle über sie und drohte sie wieder in die Tiefe der Dunkelheit zu reißen. Ein Wimmern drang über ihre Lippen, ehe es sich in ein herzzerreißendes Weinen verwandelte und in einem spitzen Schrei endete. Sie erinnerte sich an alles. Die Fesseln, die ihr das Blut abschnitten, das Messer das auf ihrer Haut tanzte und seine Furchen zog, die Fragen und Schläge, ohne eine Antwort abzuwarten. Und schließlich der rostige Gestank ihres eisernen Sarges über dem kühlen Nass. Nur dass es sich nicht um ihren Sarg gehandelt hatte. Sie waren zu vorschnell gewesen, arrogante Scheißkerle. Entweihung, Folter, Schuld. Was sie ihr genommen hatten, würde kein Zauber, kein Ritual, keine Rache zurückholen können. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und weinte bitterlich.

Der Wald hielt den Atem an. Bis sich ihr plötzlich etwas näherte. Zuerst hielt sie es für die sanfte Umarmung des Nebels, der sie aufzuheitern versuchte, bis ihr mit einem Mal der Gestank in die Nase kroch. Es war kein Nebel, der zwischen den Lücken der Baumstämme zu ihr drang, es war Rauch. Nicht der eines gemütlichen Kesselfeuers, sondern schwerer, schwarzer Dunst von brennender Schuld. Darunter lag ein süßlicher Gestank, der sich in ihren Sinnen eingenistet hatte wie lästiger Schimmel. Sie hatte diesen Geruch nun schon viel zu oft riechen müssen und würde ihn wohl nie wieder vergessen können. Der Gestank von verbranntem Haar und Fleisch, das sich von den Knochen löste.

Tituba hob schlagartig den Kopf. Ein kehliger Schrei schnitt durch den Rauch und echote in ihrem schmerzenden Schädel. Dann ein weiterer. Und noch einer. Es war kein Kampfgeschrei. Keine Rufe nach Hilfe. Sie hörte lediglich Verzweiflung und Schmerz, ausgedörrt und brüchig, aus Kehlen, die schon viel zu lange geschrien hatten. Und etwas in ihr riss erneut auf.

Kein Gedanke. Kein Bild. Nur ein Gefühl. Es brodelte dumpf unter ihrer Haut, schwer und heiß, als würde ihr Fleisch kochen. Zwei Stimmen fehlten. Ihre Schwestern…Sie spürte, wie das Band gerissen war. Ein Band, das nie hätte reißen dürfen und die Welt um sie herum begann zu versinken. Der Zirkel verloren.

Mit zitternden Gliedern zog sie sich an einem der Baumstämme hoch, taumelte vorwärts und spürte, dass ihre Kraft noch nicht zurückgekehrt war. Äste zerkratzten ihre Haut, zogen ihre Spuren durch triefendes Blut, während ihre Wunden erneut aufrissen. Der Boden unter ihren Füßen war träge und weich, als würde er sie verschlucken wollen, aber sie kämpfte sich immer weiter durch das Dickicht, bis die Bäume endeten. Die Welt tat das jedoch nicht.

Brockensee, einst Titubas Heimat, lag vor ihr und der Horror, den sie erblickte, ließ sie einige Schritte zurückweichen. Flammen leckten an den Wänden der Häuser, Wind trug gierige Glut über die Strohdächer. Sie stürmte hinein. Überall Bewegung. Zuckende, röchelnde, sterbende Frauenkörper. Keine Ordnung, nur Panik & Chaos, als wäre dem Tod persönlich Einlass in die Gassen des Dorfes gewährt worden. Als hätte sich das Tor zur Hölle vor ihr aufgetan. Sie stürmte weiter.

Aber kein einziges Lebenszeichen, bis sie das Zentrum erreichte und die riesige Meute von Männern inmitten des Hauptplatzes erblickte. Zwei Pfähle ragten zwischen ihnen hinauf. Hoch, hart und grausam schlicht. Um ihre Basis lagen Holzscheite und Leichen, sorgsam geschichtet, als hätte man ihnen Bedeutung beigemessen. Und dann sah Tituba sie. Die zwei leblosen Körper, die an den Pfählen hingen. Schlaff, aber noch atmend. Die Haut verbrannt, die Haare verklebt und die Gesichter zu Masken aus Schmerz und Leid verzogen.

Victoria…

Florentina…

Der Himmel über dem Dorf war blutdunkel. Der aufsteigende Rauch vermischte sich mit der Asche und bildete einen Schleier, der jegliches Licht verschlang. Die Schreie waren verstummt. Die Verzweiflung nicht mehr zu hören. Was blieb, waren die Flüche und das Gejohle der Männer, das Knistern der Flammen und das Knacken von Knochen, wenn das Feuer sie fand.

Tituba stand hinter ihnen. Keiner hatte sie bis jetzt bemerkt. Sie spürte, wie die Erde unter ihren Füßen zu beben begann. In ihr stieg etwas auf, brodelte, kochte. Erst kaum merklich und dann nahm es ihren ganzen Körper in Beschlag. Es war kein Zorn, keine Trauer. Es war ein Gefühl, das sie in den Tiefen ihres Seins erschütterte. Eine Kälte, die nicht fror, sondern sie zerfraß.

Ihre Knochen knackten, buckelten sich auf. Ihre Haut platzte auf, riss noch mehr Wunden in ihr malträtiertes Fleisch und sie spürte, wie ihre Kraft schmerzvoll ihren Körper durchzog, mächtiger als jemals zuvor. Es hatte also begonnen. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib und die ersten drehten sich bereits erschrocken zu ihr um, doch es war zu spät für sie. Sie alle.

Der Nebel kam zuerst. Wie eine grüne Plage drang er aus den Ritzen der Pflastersteine und sammelte sich im ganzen Dorf. Titubas Schreie verstummten und mit einer einzigen knackenden Handbewegung ihrer langen Finger bohrte sie sich in den Kopf eines jeden Dorfbewohners, so dass jeder einzelne von ihnen ihre Fluchrede zu hören vermochte.

„Hört mich, ihr Mörder, Männer mit falscher Macht,

die ihr gelogen, verbrannt und die Schwestern verlacht!

Die Frauen geschunden und das nennt ihr Ruhm?

Ich werde zurückkehren, um Gerechtigkeit zu tun.

Eure Schuld vergeht nie, das Blut schreit nach Blut,

mein Zorn ist erwacht, spürt die Rache, die Wut.

Wenn Nebel hinaufsteigt in grünlichem Licht,

dann senkt eure Augen, erhebt nicht das Gesicht.

Meine Stimme wird in eurem Inneren kreisen,

kein Gott, kein Gebet, wird euch mir je entreißen.

Die Ernte wird faulen, das Vieh wird verstummen,

das Trauerlied des Todes im Wind leise summen.

Sollt nicht mal mehr in euren Betten noch ruhen,

die Rache werde ich auch im Traumland noch tun.

Die Männer verfallen, ihr Wille zerbricht,

seelenlose Puppen durchs Nebelgericht.

Ich bin die Erinnerung, die niemals vergeht,

die Strafe, die aus Wahn & Hass entsteht.

Ihr habt Böses geboren, mit Feuer genährt,

die glorreichen Tage für immer verwehrt.

Wenn grüner Nebel sich wieder erhebt,

zu spät dann die Reue, die Erde erbebt.

Denn ich komme zu euch mit der Macht der Drei,

keine Seele, kein Mann, ist je wieder frei.“

Aus dem Leben von Oma Tituba

Euer Flemming
Sujet Die Welt von Vytra

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