Lindner vs. TITANIC: Jetzt wird’s ernst!

Liebe Leser*innen,
den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, wurmte es diese Woche sehr, dass alle bis auf ihn das Privileg hatten, Jeffrey Epsteins Insel zu besuchen. Deshalb entschied Trump, auf einer anderen Insel seinen Kopf frei zu bekommen und nach Schottland zu fahren. Um sich ein bisschen von seiner Enttäuschung abzulenken, traf er dort die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen:
Das waren die besten Momente des Treffens zwischen den USA und der EU in Schottland

Als Ursula von der Leyen zusagte, 500 Tonnen amerikanischen Sprühkäse zu kaufen
Als Trump eine Schweigeminute für die durch europäische »Windmühlen« getöteten Vögel einlegte
Als Donald Trump von der Leyens hervorragende Deutschkenntnisse lobte
Als von der Leyen Trump dazu brachte, die Zölle zu senken, andernfalls würde sie sich weigern, weiter seine Golftasche zu tragen
Als Trump von der Vernichtung eines »Weißen Riesen« in Duisburg erfuhr und von der Leyen Genozid vorwarf
Als Trumps und von der Leyens Frisuren zum Abschied eng umschlungen im schottischen Küstenwind tanzten

Die Erwähnung Trumps in den Epstein-Akten kam für viele seiner Anhänger*innen sehr überraschend. Auch Horst-Mahler-Fans zeigten sich diese Woche verblüfft darüber, dass es sich bei ihrem Idol um einen Nazi gehandelt haben soll. Allerdings war es bei Wandlungskünstler Mahler auch immer schwierig, den ideologischen Überblick zu behalten:

Auch der Maus wurde ihre RAF-Zeit noch lange vorgehalten, doch in den letzten Jahren konnte sie die Bundesrepublik davon überzeugen, wie fest sie mittlerweile auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. So dachte sie zumindest, bis sie von einigen Absolvent*innen der Axel-Springer-Academy angezündet wurde. Weggefährt*innen zeigten sich betroffen:

Prominente Stimmen zum Brandanschlag auf die Maus
»Es gibt viele gute Gründe, wütend auf den WDR zu sein: der Köln-›Tatort‹, die ›Carolin Kebekus Show‹, Tom Buhrow. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, beim Fernsehen in Gedanken nicht auch schon mal einen Molotowcocktail geworfen zu haben. Die Maus jedoch ist das falsche Ziel.«
Käpt’n Blaubär
»Als Harald Schmidt und Herbert Feuerstein des Kinderfernsehens haben die Maus und ich im Laufe der Jahre einige Meinungsverschiedenheiten gehabt. Trotzdem ist Gewalt keine Lösung, auch wenn sich jemand immer rücksichtslos ins Rampenlicht drängt. Die Maus ist der Markus Söder unter den Zeichentrickfiguren. Dennoch tut mir der Anschlag leid. Also jetzt nicht mir persönlich, sondern, äh, dass er passiert ist. Ich habe damit nichts zu tun. Ehrlich!«
Der Elefant
»Die Medien sollten Vorverurteilungen unterlassen. Anders als vom Mainstream suggeriert, wäre auch ein Clan-Krieg denkbar, wie man ihn unter Mausländern häufig sieht. Oder eine False-Flag-Aktion des Deep States, um missliebige Stimmen zu diskreditieren. Ist das noch Demokratie?«
Günter Kastenfrosch
»Diese elenden Hurensöhne! Ich werde euch finden, skalpieren und in eure abgeschlagenen Schädel defäkieren!«
Bernd das Brot
»Ein Angriff auf die Maus ist ein Angriff auf uns alle, auf unsere Art zu leben. Für mich kann es nur eine Antwort geben: Wir senden weiter! Sonst hätten die Terroristen gewonnen! Volle Soli! Wir sind mehr! Lefties unite! Rest in Power! Good night, white pride! Weg mit dem Scheißsystem! 1312!«
Shaun das Schaf
»Als Kind habe ich die Maus immer gern geschaut, aber nie verstanden. Bis heute ist mir das zu hoch, ich gucke lieber Markus Lanz. Trotzdem gute Besserung!«
Friedrich Merz
Friedrich Merz’ Genesungswünsche kamen von Herzen, fürchtet er doch ein ähnliches Schicksal:

Auch das Fatum eines anderen Spitzenpolitikers beschäftigt unsere Qualitätsmedien: So soll ein heimtückisches Satiremagazin über Christian Lindners Familie hergezogen haben! TITANIC präsentiert die wichtigsten Fakten, die die Presse zur Causa zusammengetragen hat:

Lindner vs. TITANIC: Jetzt wird’s ernst!
Neuigkeiten zum »Satire-Streit« (turi2 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre))! Der arbeitssuchende Christian Lindner hat sich endlich mal zu den Behörden bequemt, um Klage wegen des Covers der Januar-Ausgabe der TITANIC einzureichen, und die deutschen Leitmedien sind ihm dankbar für seine Konjunkturankurbelung mitten im Sommerloch.
Doch was war geschehen? T-Online (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) versucht, die Vorgeschichte zusammenzufassen, scheitert jedoch an der Reihenfolge der Ereignisse: »Stolz präsentierten sich Christian Lindner und Franca Lehfeldt im Frühling als frisch gebackene Eltern. Dann machte sich ein Magazin über sie lustig. Das hat jetzt Konsequenzen.« Der Titel der Januar-Ausgabe, der ein Ultraschallbild des Lindner-Lehfeldt-Embryos zeigt, wurde aber natürlich schon Monate vor der Entbindung im April veröffentlicht. Print ist langsam, aber so langsam dann doch auch nicht!
Was genau auf besagtem Titel zu sehen ist, erklärt das Nachrichtenportal Lomazoma (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre): »Im Zentrum des Rechtsstreits befindet sich die Titelseite einer früheren Ausgabe des Magazins. Es gibt eine Fotomontage mit einem Fötus, in der Überschrift heißt es: ›Baby Glück im Eimer. Es wird ein Low -Performer!‹ Zu diesem Zweck ›legt Lindner dringende Anmeldungen auf, um § 218 abzuschaffen‹.«
Doch welche Folgen könnte die Klage haben? T-Online schätzt die Lage wie folgt ein: »Wie das Gericht über die Klage entscheiden wird, ist derzeit noch offen.« Eine sehr wahre Aussage bei einem in der Zukunft liegenden Gerichtstermin, so geht faktenbasierter Journalismus! Zum Berufsethos der Presse gehört auch, die eigenen Fehler in der Berichterstattung einzugestehen: So wurde in einer früheren Version des Artikels behauptet, Lindners und Lehfeldts Anwalt Christian Schertz trage den Vornamen Matthias, wie T-Online zerknirscht mitteilt. Vielleicht kam da schon eine Abmahnung in der Redaktion an?
»Schluss mit lustig!« verkündet hingegen RTL (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), sowie »Franca Lehfeldt und Christian Lindner reichen gegen das Satire-Magazin Titanic ein.« »Linders« Anwalt Schertz wird hier ebenfalls erwähnt, die Info, dass es sich aber natürlich auch um Lefelds Anwalt handelt, allerdings nicht. Darüber wird der interessierte Leser aber mit dem »Lese-Tipp: Schluss mit Politik! So verdient Christian Lindner jetzt sein Geld« hinweggetröstet.
Auch der Kölner Stadt-Anzeiger (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) präsentiert unter seiner Berichterstattung zur Justizschlacht des Jahres »Alles zum Thema Christian Lindner«: »›Unser Lebenswerk lag im Schlamm‹ Vier Jahre nach der Flut – Wenn aus Wunden langsam Narben werden« und »Im Partnerlook Überraschende Begegnung – Christian Lindner posiert Seite an Seite mit Claudia Obert« lauten die ersten beiden Punkte, »›Tut mir sehr leid‹ Christian Lindner überfährt versehentlich Hund auf Parkplatz« ein weiterer. »Das Ehepaar Franca Lehfeldt und Christian Lindner wollen wegen einem Titelbild auf dem Satire-Magazin TITANIC vor Gericht ziehen«, teilen der KSA dem Weiteren mit.
Ob Lindner und Lehfeldt auch gegen N-TV (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) klagen wollen, weil der Satz »Seit der Bundestagswahl hat Ex-Finanzminister Christian Lindner viel Zeit für das gemeinsame Kind mit Franca Lehfeldt« das Höchstmaß an erlaubter Passiv-Aggression überschreitet, war bis zum Redaktionsschluss leider unklar. Wie das Gericht über eine solche Klage entscheiden würde, ist derzeit noch offen.
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Heute: Mut zur Mundart?
Ich weiß nicht, ob er noch immer dort beschäftigt ist, aber vor ein paar Jahren begegnete mir im Deutschlandfunk (oder war es bei Deutschlandfunk Kultur?) regelmäßig ein Sprecher mit deutlichem bayerischen Zungenschlag. Ganz konkret war es das gerollte r, das ihn als Bayern auswies; die genaue Region vermochten meine preußischen Ohren nicht herauszuhorchen.
Jedes Mal wollte ich vor Wut ins Empfangsgerät boxen. »Kann dieser Kerl nicht einfach aufhören, das r zu rollen?« schrie ich in den Äther. »Ich kann doch auch auf Kommando anfangen, das r zu rollen. Das ist nichts Angeborenes, zefix!« Aber er hörte nicht auf und man ließ ihm’s durchgehen. Jemand mit nur minimalem westpfälzischen oder vogtländischen Einschlag dürfte in der sich ach so distinguiert gebenden Rundfunkanstalt nicht mal das Klo putzen, aber Bairisch, hoho, das wird akzeptiert, das hat Niveau und Charme, das war die Sprache von Franz Josef Strauß und von diesem beliebten Volksschauspieler!
Ewig hatte ich nicht mehr an den schändlich geduldeten Feuilletontrampel und den Komplex »Mundart im Radio« gedacht, bis ich vor einer Weile den Ansager in einer baden-württembergischen Lokalstation aktuelle Verkehrsmeldungen durchgeben hörte – in astreinem Schwäbisch! Nicht übertrieben, auch nicht gezwungen oder selbstironisch, doch wenig subtil, eine klare geographische Identifizierung ermöglichend (»Oschtalb«). Stark, dachte ich, die trauen sich was.
Letzte Woche wiederum schaltete ich einen sächsischen Privatsender ein und musste wahrnehmen, wie ein Moderator sich schlicht gar keine Mühe mehr gab, seine Herkunft zu verbergen: In fast schon derb zu nennendem Leipziger Allerlei führte er durch das Programm. Später tat es ihm eine Kollegin gleich: Sie fragte die Zuhörenden, was es heute bei ihnen zum Mittagessen gebe, und sächselte dabei nicht weniger als die Anrufenden (»Spogheddi Bolonäse!«). Übrigens ein herrliches Mitmach-Feature; so was sollten sie auch im Öffentlich-Rechtlichen bringen!
Nun kann man freilich darüber streiten, ob ausgerechnet Schwäbisch und Sächsisch als Deutschlands unbeliebteste Dialekte die ersten sein sollten, die man in einem Massenmedium von der Leine lässt, aber den generellen Trend heiße ich gut. Von Hessens Funkhäusern bin ich derlei nicht gewohnt, da klingt eine wie der andere, moderiert in unverortbarem Hochdeutsch alles steril weg. Auch in Berlin: sauberste Bühnenphonetik, obendrein erstaunliche Eloquenz (da müssen Sie wirklich mal drauf achten – in der Bundeshauptstadt können Sie den wortgewandtesten Moderatorinnen und Moderatoren lauschen).
In diesem Sinne: Think globally, speak regionally. Oder so.
Verabschiedet sich und wünscht ein gut informiertes Wochenende:
Ihre TITANIC-Redaktion

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