Trump schickt Atom-U-Boote Richtung Russland – Erklärung

Trump hat zwei Atom-U-Boote Richtung Russland geschickt. Die deutschen Medien berichten groß und breit.
Als ich gelesen habe, Trump habe zwei „Atom-U-Boote“ Richtung Russland geschickt, habe auch ich blöd geguckt.
Dann habe ich in US-amerikanischen Medien gelesen, was wirklich passiert ist. Dann habe ich bei deutschen Medien quer-geguckt. Und ich musste tatsächlich lachen.

Ich gehe es nur kurz aus dem Lamäng durch. Ich wollte endlich mal Wochenende machen.
Da ich aber schon Anfragen per Mail bekam, möchte ich den ein oder anderen Arsch vom Grundeis holen. Nicht meine Worte.
Deshalb auch ohne Bezahlschranke.

Kurzfassung:
Was passiert ist, ist nicht das, was deutsche Medien schreiben. Diesmal sehr eindeutig, weil sie keine Ahnung haben.
In den US-Medien tauch die Story eher so auf Seite zwei bis drei auf, nicht auf der Titelseite.
Ich erkläre erst einmal, was das für U-Boote sind und was die machen.
Dann erkläre ich, was passiert ist.
Dann lichten sich die Nebel.
Ohio-Klasse
Zunächst: „Atom-U-Boot“ hat nichts mit den Waffen zu tun, sondern mit dem Antrieb.
Es gibt viele „Atom-Schiffe“, auch „Atom-Flugzeug-Träger“. Und es gibt konventionelle Schiffe, die Atomwaffen tragen können. Weil es bei U-Booten aber große Unterscheide in der Verwendung von „Atom-Antrieben“ und konventionellen Antrieben gibt, hat die Bezeichnung sich erhalten.
Die Ohio-Klasse ist die Klasse US-Atom-U-Boote, die „strategisch“ sind. Die USA haben noch viel mehr Atom-U-Boote.
Eigentlich müssten die Medien also nicht schreiben „Atom-U-Boote Richtung Russland“, denn das sagt eigentlich noch nichts, sondern „strategische U-Boote Richtung Russland“. Aber das „Atom“ macht sich halt gut in Überschriften.
Die USA haben 18 Schiffe der Ohio Klasse.
Vier davon sind „umgebaut“ und können bis zu 154 Tomahawk Marschflugkörper tragen. Die auch nuklear bestückt werden können. Aber „nur“ eine Reichweite von 2500km haben. Zwei dieser Schiffe wurden vor dem Iran eingesetzt. Und ich bin sicher, eins befindet sich immer noch dort.
Die restlichen 14 tragen 24 Interkontinental-Raketen Trident.
Interkontinentalraketen sind interkontinental.
Die haben eine Reichweite von mindestens (!) 12.000km.
Interkontinental halt. Das, was „Langstrecke“ tatsächlich bedeutet. Über Kontinente hinweg.
Habe ich schon „interkontinental“ gesagt?
Und der aufmerksame Leser fragt sich an dieser Stelle hoffentlich: Wieso muss Trump dann überhaupt Schiffe nach Russland schicken, wenn die auch aus dem Atlantik Moskau treffen können?
Wir sind da etwas Großem auf der Spur.
Ein Leben im Kriegszustand
Die Besatzungen der Ohio-Klasse sind eine Elite. Auch bei angebrachter Sparsamkeit mit dem Begriff.
Man muss auch als fertiger Soldat einen Antrag stellen, um auf ein solches Schiff zu kommen. Man muss weitere Eignungstests durchlaufen und wird vom Nachrichtendienst geprüft. Wird man genommen, wird man automatisch um einen, in der Regel zwei Dienstgrade befördert.
Die Tage der Mannschaft haben 18 Stunden. Sechs Stunden Wacht, sechs Stunden andere Dienste, sechs Stunden frei. Das ist möglich, weil sie ja eh nicht sehen, wann Tag und wann Nacht ist.
Auf diesen Schiffen dienen auch Unteroffiziere und Mannschaften mit einem Universitätsabschluss, beispielsweise in Physik. Uni, nicht College.
Und sie erhalten Zulagen. Denn die Belastung ist hoch.
Die Welt ist eingeteilt in Zonen. Und die Ohio-Schiffe patrouillieren diese Zonen. Für mehrere Monate jeweils.
Sie laufen aus, tauchen ab und sind verschwunden. Sie bleiben für Monate getaucht. Es gibt, bis auf eine explizite, nicht dauerhafte und streng geheime Möglichkeit für Befehle, keine Verbindung zur Außenwelt.
Nach einigen Monaten kommen die Schiffe zurück und gehen dann für einige Wochen in die Wartung, ins Dock. Dann kommt die nächste Patrouille.
Für jedes Schiff gibt es zwei Crews. Sie werden immer komplett gewechselt.

Das alles wird gemacht, weil diese strategischen U-Boote Zweit- und Drittschlagwaffen sind.
Bei einem Atom-Krieg ist der erste Schlag der Angriff, der zweite Schlag die Antwort und wenn der Staub sich gelegt hat, tauchen diese Schiffe auf und können kaputtmachen, was vielleicht noch übrig ist.
Und damit die Abschreckung funktioniert, werden die Mannschaften so hart darauf vorbereitet.
Deshalb bin ich persönlich auch davon überzeugt, dass zumindest die 14 Schiffe mit den Trident grundsätzlich Nuklear bestückt sind.
Das Gepolter
Die Spannungen zwischen den USA und Russland steigern sich.
Fahrt aufgenommen haben sie, als Trump durch das übliche russische Verhalten Putins nicht erfreut war: Erst scheinbar vernünftig verhandeln, und sobald man aus der Tür ist den Mittelfinger zeigen.
Daraufhin hat Trump zusätzliche Waffen für die Ukraine zugesagt.
Beim letzten Stand waren es u.a. zehn komplette Systeme des Flugabwehr-Raketensystems Patriot.
Acht werden von Europa bzw. europäischen Staaten bezahlt. Zwei gibt die Bundeswehr ab und kauft dafür zwei brandneue, auch auf dem neusten Stand, beim Hersteller. Das gute Zeug.
Ein System hat bis zu acht Starter und einen Wert von etwa einer Milliarde. Ich würde grob schätzen, damit werden die Abwehrfähigkeiten der Ukraine gegen Marschflugkörper und ballistische Raketen verdoppelt.
Russland war not amused.
Seitdem trommelt vor allem Medwedew auf Social Media immer extremer. Wobei er sich gerne der Gossensprache bedient.
Dmitri Medwedew ist derzeit die Nummer zwei in Russland. Er war auch schon Präsident und Ministerpräsident, hat also immer wieder mal mit Putin die Rollen getauscht. Derzeit ist er stellvertretender Leiter des Sicherheitsrates, der in Russland sehr wichtig und mächtig ist.
Und er ist Vorsitzender der Partei Einiges Russland (Jedinaja Rossija , Единая Россия), die Russland seit 2005 mit absoluter Mehrheit regiert. Zumindest, was Putin erlaubt. Man kann die Partei etwas rechts von der AfD einordnen.

Diese öffentliche Maulfechterei ging nun einige Male hin und her.
Wobei die russische Seite gerne die Atom-Karte zieht. Weil es das einzige ist, das sie haben. Sie wissen, dass sie den USA und der NATO in einem vollen Schlagabtausch hoffnungslos unterlegen sind.
Trump drohte mit seinen üblichen Zöllen und einem Wirtschaftskrieg. Und er schrieb, die Wirtschaft von Indien und Russland sei tot. Daraufhin schrieb Medwedew dann, dass auch das als Bedrohung angesehen werde und etwas in Anspielung auf die Serie „Walking Dead“ von der „Dead Hand“, der „toten Hand“.
Eine Toter-Mann-Schaltung wird beispielsweise von Bombenattentätern genutzt. Sie löst nicht aus, wenn man einen Knopf drückt, sondern wenn man einen Knopf loslässt. Wird man erschossen, geht die Bombe hoch.
Russland hat angeblich ein System implementiert, das ähnlich wie eine solche Schaltung einen nuklearen Angriff auslöst, wenn Russland angegriffen oder beispielsweise der Präsident getötet wird. Laut Gerüchten müssen drei Menschen den Einsatz von nuklearen Waffen in den USA zustimmen, einer davon ist der Präsident. Dafür haben die Entscheidungsträger immer einen speziellen Koffer in der Nähe, in Russland ist der Code dafür Cheget (Чегет).
Gestern schrieb Trump daraufhin auf seiner Social Media Plattform u.a.:
„Ich habe die Positionierung von zwei Atom-U-Booten in den entsprechenden Regionen angeordnet, nur für den Fall, dass diese dummen und aufrührerischen Aussagen mehr als nur das sind.“
Das ist der Satz, an dem sich vor allem die deutschen Medien nun aufhängen.

Meine Einschätzung
Was Trump getan hat, ist schlicht auf dem Niveau von Russland zu antworten.
Es ist bei sehr vielen Experten eine Binsenweisheit, dass Russland ausschließlich sowas versteht und ernst nimmt. Sozio-kulturell und aufgrund der Mentalität. Stichwort Maskirowka.
Und dafür die ganze Erklärung der Ohio Klasse. Damit verständlich wird, dass die sowieso ständig Russland erreichen könnten.
Noch deutlicher wird es, wenn man die Welt einmal „von oben“ betrachtet. Und nicht, wie auf unseren üblichen Weltkarten. Dann sieht man erstmal, wie nah die USA tatsächlich an Russland sind. (Und welches Interesse Trump plötzlich an Grönland hatte.)

Denn diese Atom-U-Boote können natürlich auch unter dem Eis des Nordpols hindurchtauchen. Man spricht auch vom „Arktischen Ozean“.
Und genau das ist der Bereich, in dem die Schiffe der Ohio-Klasse am meisten auf Patrouille ist.
Und deshalb ist die Nordmeer-Flotte die größte der russischen Flotten. (Pazifik flotte, Baltische Flotte, Schwarzmeerflotte)
Und deshalb sind dort auch die mit Abstand meisten russischen Schiffe dieser Klasse stationiert.
Ich bezweifle sogar, dass Trump das überhaupt getan hat. Vielleicht hat er auch pro forma eine Weisung gegeben, doch da mal irgendwie ein bisschen anders zu patrouillieren. Oder ein Schiff von einer anderen Patrouille dorthin verlegt. Aber mehr ist es nicht.
Und deshalb taucht die Meldung beispielsweise in der Washington Post und dem Wall Street Journal auch viel weiter hinten auf. Deshalb wird meist viel mehr zur Ukraine oder zu dem Patriots-Deal erklärt. Und deshalb titelt die Washington Post auch nicht „Atom-U-Boote geschickt“ sondern „Trump sagt, er habe nukleare U-Boote neu positioniert, als verdeckte Warnung an Russland“.
Während ich dies tippe, ist der Artikel sogar ganz aus den Schlagzeilen verschwunden. In Washington ist es jetzt früher Morgen, das sind Schlagzeilen von gestern. Bei der Tagesschau ist es nach wie vor die Top-Story.

Wie ich das sehe, hat der eh verbal übergriffige Medwedew in seiner populistischen Art mal wieder die Atom-Karte gezückt. Und Trump hat mit einem müden Wisch eine Antwort gegeben.
Es würde mich sehr wundern, wenn Russland darauf mit mehr als ein paar Großkotzigkeiten reagiert. Die natürlich eher die Russen adressieren, als Trump, die USA oder die NATO. Und vielleicht kommt nicht einmal das.