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LöwenPost 2025/24

Sino Kolumne: KI-Boom ~ Geburtenrückgang ~ Regierungsarbeit
KI-Bild erstellt mit Copilot

Chinas gesamte Wirtschaft befindet sich in einem massiven Umbruch. Aber entgegen den Krisenbeschwörungen so mancher westlicher "Experten" ist es ein gigantischer Modernisierungsumbruch. Denn die Wirtschaft setzt massiv auf die Unterstützung von KI und anfängliche Erfolge beschleunigen diese Entwicklung. Laut dem Marktforschungsinstitut International Data Corporation (IDC) in Needham, USA, werden die Ausgaben für die KI-Infrastruktur in China von heutigen 3,4 Milliarden US-Dollar auf 23,1 Milliarden US-Dollar bis 2028 steigen. Wobei die steigenden Ausgaben für Software und Service diese Summe auf über 30 Milliarden US-Dollar anhebt. Diese Prognose ergibt sich aus Firmenbefragungen und Auswertungen von Anfragehäufigkeiten. Klar ist allerdings, dass es sich nur um eine Einschätzung handelt, noch dazu, dass bei den meisten Firmen (97%) nur um Investitionsabsichten handeln und bei vielen Firmen (67%) noch keine Entscheidungen darüber getroffen worden sind. Auch haben erst 22% der befragten Firmen eine KI-Strategie erarbeitet. Die Dynamik in diesem Bereich lässt das Institut aber für das Jahr 2025 von "einem strukturellen Sprung nach vorn" ausgehen. Wer die Meldungen in den Nachrichten aus dem Land der Mitte aufmerksam verfolgt, merkt deutlich, dass viele Branchen in China mit der KI-Integration beschäftigt sind. Ich habe einige Male in meinem Taibang-Blog darüber berichten, beispielsweise im Bereich des Gesundheitswesen: »KI DeepSeek im Gesundheitswesen der Stadt Cangzhou (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)« oder »KI-Modell für die Diagnose seltener Krankheiten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)«. Übernimmt China bei der KI-Entwicklung und KI-Integration erneut genauso wie bei der Elektromobilität die weltweite Führungsrolle? Vieles spricht dafür, doch die Entwicklungspfade stehen erst am Anfang und können noch überraschende Wendungen nehmen. So ist die derzeitige ungesunde Entwicklung in der chinesischen EV-Industrie mit Involution statt Fusionen und finanzieller Stärkung durch höhere Renditen fast schon branchenweit gefährdend für die Unternehmen. Doch in der KI-Branche schnellt China mit der Umsetzung erst einmal voran und erarbeitet sich dadurch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Im KI-Bereich wird es wohl bei einem "Zweikampf" mit den USA bleiben, da die ängstlichen und technologieskeptischen Europäer noch nicht mal Anstalten machen, in diesem Bereich auch nur annähernd mithalten zu wollen.

Wie in jedem entwickelten Land nimmt mit Steigerung von Bildung und höherwertigen Jobs die Geburtenrate in China ab. Einerseits sehen die Menschen in den neuen beruflichen und gesellschaftlichen Möglichkeiten mehr Lebenserfüllung und andererseits steigen mit höheren Bildungserwartungen auch die Kosten der Kindererziehung. Es ist eine ganz normale Entwicklung, wie es europäische Länder, Singapore, Japan oder Südkorea längst erlebt haben. Allerdings ist die Entwicklung in China fast schon dramatisch. Während in Japan, ein Land mit ähnlichem besorgniserregenden Status bei der Anzahl der Geburten, die Halbierung der Geburtenrate über einen Zeitraum von 41 Jahren verlief, halbierte sich die Rate in China in lediglich 7 Jahren. Dabei muss man bedenken, dass die frühere Ein-Kind-Politik der Regierung politisch nicht gerade für Kinderreichtum geworben hat und auch die Anzahl der Frauen in gebärfähigem Alter in der Zukunft weiter abnehmen wird. Die Regierung hat nun begonnen, mit finanziellen und strukturellen Maßnahmen dem Trend entgegenzuwirken. So zahlt der Staat jetzt ein jährliches Kindergeld von 450 Euro zusätzlich neben den lokalen Förderungen. Außerdem wird das letzte Jahr der Vorschulbildung für Eltern kostenlos sein. Durch diese staatlichen Maßnahmen ist die Diskussion in China zum Thema Geburtenrate in den Social Media angeschwollen. Ein prominenter Meinungsführer ist dabei James Liang, der im Bereich Demografieentwicklung forscht und als Co-Gründer der führenden Reiseportals in China Trip.com (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) bekannt ist. Ihm reichen die Maßnahmen der Zentralregierung nicht aus und er schlägt weitere Maßnahmen vor. So soll das Kindergeld auf 1.500 Euro pro Jahr erhöht werden, wobei die Summe für das zweite Kind verdoppelt und für das dritte Kind verdreifacht werden soll. Die Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge sollen für Eltern mit Kindern halbiert werden. Die Hypothekenzinsen beim Wohnungskauf sollen für Familien mit Kindern drastisch gesenkt werden. Die beiden letzten Punkte sehe ich ebenfalls als sinnvolle Maßnahme und darf ergänzen, dass insgesamt die Bildungs- und Gesundheitskosten gesenkt werden müssen. Ich plädiere nämlich eher für strukturelle Maßnahmen, die Kosten für Kinder zu reduzieren, wie Bildungs- und Freizeitangebote, kostenlose Nutzung von Verkehrsmitteln, ermäßigte Mehrwertsteuer für Kinderkleidung, usw. Die staatliche Transferzahlung sehe ich dagegen kritisch, da das Geld von den Eltern auch zu anderen Zwecken als der Kindererziehung verwendet werden könnte. Bei dem Thema der Finanzierung der Maßnahmen stimme ich Liang zu, dass die Zentralregierung trotz des hohen Regionalisierungsgrads in China in der Pflicht ist. Die Belastung der Kommunen mit den Kosten einer günstigen Kinderinfrastruktur zahlt das Kind eventuell später nicht zurück, da es die berufliche Mobilität in China nutzt und später seine gesellschaftliche und berufliche Leistung in einer anderen Region erbringen kann. Die Förderung von Familien bei der Kindererziehung ist deshalb eine nationale Aufgabe. Das eine erhöhte Anstrengung in diesem Bereich Früchte tragen kann, zeigt nicht nur Südkorea sondern auch die chinesische Stadt Tianmen. Im Rahmen der Förderpolitik der Stadt Tianmen bekommen Eltern für die Geburt eines zweiten Kindes bis zu 35.000 Euro an Zuschüssen und Zahlungen, für die Geburt eines dritten Kindes sogar bis zu 43.000 Euro. 17 % mehr Geburten gegenüber dem Vorjahr war in der Stadt im Jahr 2024 das Ergebnis. Die massiven Förderungen zur Erhöhung der Geburtenrate ist notwendig, um auch die Innovationskraft des Landes zu erhalten, so führt Liang aus: "Die Bevölkerungsgröße ist eine grundlegende Variable im Innovationswettbewerb; je größer die Bevölkerung, desto mehr F&E-Personal steht zur Verfügung." ("Population size is a basic variable in innovation competition; the larger the population, the more R&D personnel can be deployed.") Diesem Gedanken stimme ich voll und ganz zu. Im Gegensatz dazu möchte ich aber einigen anderen Kommentatoren widersprechen, wenn diese die Auswirkungen durch die niedrigen Geburtenrate auf das Verhältnis zwischen den Generationen in China bewerten. Nur weil weniger Kinder in China geboren werden und dadurch sich der Anteil von jung und alt an der Gesamtbevölkerung ändert, wird es keine Änderung der stark ausgeprägten Pietät gegenüber Eltern, Großeltern und generell alten Menschen durch die Kinder geben. Der große Respekt der Jüngeren gegenüber den Älteren ist in China ein angenehmes kulturelles Merkmal und trägt ganz wesentlich zur Harmonie in der Gesellschaft bei. Das wird sich nicht durch die gesellschaftliche Altersstruktur verändern, sondern der westliche Einfluss ist dabei der schädliche Faktor. Die westliche Kultur mit ihrem Fokus auf Individualismus erzeugt bei Jugendliche einen ausgeprägten Narzissmus und fördert die Respektlosigkeit gegenüber älteren Menschen, wie man in den westlichen Ländern sehr gut beobachten kann. Einige chinesische Rückkehrer, die lange Zeit im westlichen Ausland gelebt haben, oder westlich-fixierte Einheimische stören dieses wichtige kulturelle Element und nicht irgendwelche Geburtenrückgänge.

Robert Wu ist ein Journalist, dessen geistreichen Blogartikel ich hoch schätze. Er hat in einem Interview mit dem italienischen Journalisten Simone Pieranni einige sehr interessante kulturelle Aspekte über China erwähnt und erläutert, welche ich in weiteren Beiträge der LöwenPost immer mal wieder aufgreifen werde. Heute möchte ich dabei auf eine Aussage im Hinblick auf die Führungsrolle der Kommunistischen Partei beziehen. Es ist ein Thema, auf welches ich später noch ausführlicher eingehen werde, doch im Moment habe ich mir eine einzige Aussage rausgepickt, die mit einem Mythos in der westlichen Welt aufräumen soll. Denn sehr viele Menschen im Westen denken naiv oder voller Unkenntnis (und auch getrieben von der westlichen Demokratiepropaganda und arroganten kolonialen Gedanken), dass die Menschen in China unter der Diktatur der KPCh zu leiden haben und sich davon befreien wollen. Doch die Realität sieht anders aus. Eine überwältigende Mehrheit der Menschen in China sind mit der Regierung zufrieden (übrigens viel mehr Menschen, als es die Menschen in irgendeiner westlichen Demokratie mit der eigenen Regierung sind), weil die konfuzianische Ethik einen wichtigen Aspekt betrifft, wie Robert Wu erläutert: "In der konfuzianischen Ethik wird von den Mächtigen in hohen Ämtern erwartet , dass sie für die Massen sorgen und sich buchstäblich den Arsch aufreißen." ("In Confucian ethics, the powerful in high office are expected to provide and to literally work their asses off for the masses.") Und genau dies empfinden die Menschen in China überwiegend so.

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