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Rechte Kollapspolitik III: der Führer und das bedürftige Volk

Trump 2017 in Puerto Rico: Hilfe vom Führer

Liebe Leute,

heute geht's um “Kollapspolitik”, aka die Katastrophe als strategischer Raum – genauer: es geht heute wieder am Beispiel von Trump II darum, wie die Rechten mit Katastrophen umgehen, haben sie sich, soweit wir das von außen überblicken können, doch sowohl emotional, als auch ideologisch, und natürlich praktisch sehr viel besser auf Katastrophen und Kollaps vorbereitet, als wir Linksgrünen. Daher gilt vorerst immer noch weitgehend: von den Rechten lernen, heißt, die Katastrophe verstehen lernen – dann gilt es halt, andere Schlussfolgerungen zu ziehen.

Präambel: 2 Kollapscamp-Updates

Zuerst aber zwei kurze Updates aus dem Kollapscamp-Prozess, der einerseits wahnsinnig kickt und genau das vermittelt, wovon ich immer schreibe – aktivistische Handlungsfähigkeit im Angesicht einer nahezu übermenschlich erscheinenden Bedrohung – andererseits aber auch wahnsinnig anstrengend ist, und unseren feinen aber kleinen Orgaprozess an den Rand der Erschöpfung treibt. U.a. auch daher dieser erste Update, direkt vom Kollapscamp selbst:

Dank Eures riesigen Interesse ist das Camp mittlerweile restlos ausgebucht! D.h., dass Ihr Euch nicht mehr anmelden könnt, und wir bitten Euch eindringlich, nicht einfach so spontan anzureisen. Das wäre unfair gegenüber anderen Teilnehmer*innen, ggü Orga- und KüfA-Crew und würde unser kleines Orga-Kollektiv vor große Herausforderungen stellen und zu Planungsunsicherheiten führen, die dann alle betreffen würden. Wir sind berührt und erfreut ob des großen Interesses, können aber keine weiteren Teilnahmemöglichkeiten schaffen." (Euer Kollapscamp-Team)

Der zweite Update bezieht sich auf die Finanzen des Camps: das ursprünglich noch gähnend große Finanzloch schließt sich langsam, aber noch fehlen uns einige Tausend Euro. Falls Ihr die Möglichkeit habt, uns durch eine Spende zu unterstützen, könnt Ihr das über unsere betterplace-Crowdfunding-Kampagne tun (die Euch sogar Spendenquittungen ausstellt, wenn Ihr das wollt): https://www.betterplace.org/de/projects/156994-solidaritaet-i-d-katastrophe-deine-spende-fuers-kollapscamp (Si apre in una nuova finestra)

So, danke für Eure Aufmerksamkeit, jetzt zurück zur Sache.

Die Sturzflut in Texas

In den letzten Wochen wurden die USA gleich von mehreren klimakatastrophenbedingten Wetterkatastrophen heimgesucht: vor wenigen Tagen in New York und New Jersey, am beeindruckendsten und tragischsten aber in Texas, als am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag und einem der wichtigsten Feiertage im Land, eine Sturzflut über 130 Menschen das Leben kostete (Si apre in una nuova finestra). Entsprechend meiner Argumentation, dass in einer Zukunft des Kollaps, den wir als eine dauernde Verdichtung und Intensivierung von Katastrophen erleben werden, “die Katastrophe” ein immer wichtigerer politischer Raum wird, sprangen auch alle relevanten politischen Akteure auf die Katastrophe an, versuchten, sich darin zu positionieren, daraus politisches Kapital zu schlagen, die politische Konkurrenz damit unter Druck zu setzen – all die weil in Texas die Menschen vor allem Hilfe bei der Befriedigung ihrer unmittelbaren Bedürfnisse einforderten, oder eben versuchten, diese selbst zu befriedigen. Würde diese Katastrophe, wie in Serbien nach dem Einsturz des Bahnhofs in Novi Sad (Si apre in una nuova finestra), der eine mächtige Protestwelle auslöste, oder in Griechenland, wo die politische Nichtbearbeitung einer Zugkatastrophe Anfang '23 in Thessaloniki zwei Jahre nach dem Unglück eine der größten Protestwellen dieses Jahrhunderts auslöste, einen politischen Raum der Veränderung schaffen, würde sie Massenmobilisierungen nach sich ziehen, für mächtige Menschen relevante politische Kosten haben?

In diesem Fall: nein. Zwar starben über 130 Menschen, und allerlei skandalträchtige Tatsachen kamen zum Vorschein – das County (ung: der Landkreis) hatte keine Warnsirenen installiert, obwohl die lokale Geographie bekanntermaßen Sturzfluten erleichtert; die nationale Wetterbehörde, wo Trump und Musks Angriff auf die Staatsapparate zu Personallücken führt, wirkte nicht ganz on top of things; bis zum Leiter des Jugendcamps “Camp Mystic”, der trotz offizieller Warnungen eine tödliche Stunde wartete, bis er die Evakuierung begann – aber am Ende war das Desaster zu komplex, die Schuldzuweisung zu diffizil, und die Skandalgeschwindigkeit in den USA so hoch, dass daraus kein kreativer, dynamischer politischer Raum wurde. Trotzdem wurde eine Frage in den Tagen kurz nach der Flut immer wieder gestellt, und um die geht es mir heute: wenn wir doch alle wissen, dass die Zukunft immer mehr klimakatastrophenbedingte Extremwetterevents wie z.B. die Sturzflut in Texas mit sich bringen wird, und da wir auch wissen, dass die Trump-unterstützenden “red states” diejenigen sind, in denen sich solche Katastrophen am häufigsten und am zerstörerischsten niederschlagen, warum greift Trump dann direkt die US-Katastrophenschutzbehörde FEMA an, warum nimmt er gerade seinen eigenen Wähler*innen die Unterstützung, die sie in so einer Situation brauchen (Si apre in una nuova finestra)?

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Ich finanziere meine politische Arbeit vor allem über diesen Blog, und wäre dankbar für Deine Unterstützung

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Trump vs. FEMA: der Führer und das Volk

Die Antwort ist: weil Trump nicht will, dass Menschen in einer Katastrophe irgendeine Art von Unterstützung haben, außer die Art, die direkt von ihm kommt, auf die am besten sogar noch sein Name oder Konterfei gedruckt ist, wie zum Beispiel auf die Corona-Support-Schecks, welche der US-Staat 2020 austeilte (berühmt-berüchtigt ist in dieser Hinsicht auch sein Auftritt nach dem Hurricane Maria, der 2017 große Teile Puerto Ricos verwüstete, als er vor einer Gruppe geschädigter Menschen stand, und ihnen Rollen Papierhandtücher zuwarf, ein bisschen wie man Tieren im Zoo Leckerli durch die Käfigstangen zuwirft).

Dieses “keine Unterstützung für niemand, außer sie kommt von rechts/vom Volk/vom Führer” ist die zentrale strategische Leitplanke rechter Kollapspolitik: genau wie von Naomi Klein in The Shock Doctrine beschrieben, verstehen die Rechten, dass “die Katastrophe” ein psychologisch extrem relevanter Raum ist, und die Erlebnisse in diesem Raum Menschen nachhaltig verändern (reprogrammieren) können. Und wie wir wissen imaginieren die Rechten sich eine Welt, wo erstmal jeder Mensch dem anderen Menschen ein Wolf ist, und sich alle gegenseitig die Köpfe abreißen würden, wenn kein Staat, kein Leviathan, kein Führer da wäre.

Im Oktober 2024 traf der Double-Whammy der beiden Hurricanes Milton und Helene auf North Carolina, da sahen wir schon die Anfänge dieses rechten Playbooks, das dort in drei Schritten durchgespielt wurde (Si apre in una nuova finestra): erstens wurde staatliche Hilfe ideologisch delegitimiert (“das Geld geht nur an die Migranten!”), und sogar auf der praktischen Ebene unmöglich gemacht; zweitens wurde die reale Notlage diskursiv noch übertrieben, also den Menschen noch mehr Angst gemacht; drittens und letztens versuchten rechtsradikale Netzwerke den durch staatliche Institutionen offengelassenen Raum mit ihren Angeboten zu füllen. Die Dynamik ist also: Menschen maximal einer Notlage ausliefern; diese Notlage eventuell noch verstärken; und ERST DANN den Menschen helfen, wenn aus dieser Hilfe eine Art psychologischer und emotionaler Abhängigkeit entstehen kann. Jede Form kollektiver Selbsthilfe soll unmöglich gemacht werden, damit nur noch Individuen, die autoritäre Volksgemeinschaft (vgl. Spanien und Vox nach den Fluten in Valencia (Si apre in una nuova finestra)) und der Führer handlungsfähig sind.

Und jetzt, wo immer klarer wird, dass es immer mehr solcher Katastrophen geben wird, wird auch Trumps Playbook ziemlich deutlich: "Trump said he planned to start 'phasing out' FEMA after hurricane season, that states would receive less federal aid to respond to disasters, and that he planned to distribute disaster relief funds himself."

Ehrlich gesagt ist die Strategie ziemlich einfach: “Schaut her, Ihr nassen, dreckigen, armen Plebs: Nur der Führer kann Euch helfen. Dieser Moment äußerster Bedürftigkeit, den ihr gerade erlebt? In dem gibt es nur eine Art von Hilfe, die von oben, vom Führer. Wenn Ihr den Führer verärgert, krieg ihr keine Hilfe, wenn Ihr Euch benehmt, dann bekommt ihr Hilfe.” So wird “die Katastrophe” selbst zum Raum, der den Führer stärkt, auch wenn – nein, gerade wenn er kurz davor jegliche Katastrophenhilfe nahezu verunmöglicht hat. Weil es in der Katastrophe dann nicht mehr um Fakten, und schon gar nicht (für die Betroffenen) um große politische Strategie geht, sondern nur um ganz direkte und konkrete Bedürfnisse, und wer diese Bedürfnisse erfüllen kann, der gewinnt. Das besonders perfide: Auf diese Weise dienen Katastrophen und Zusammenbrüche nur dazu, den Führer weiter zu stärken, anstatt ihn zu schwächen, weil er vorher die notwendigen Institutionen zerstört hat.

Schlussgedanken

Das bedeutet, dass die Rechten erstens die Katastrophe vorantreiben, sie zweitens, im Rahmen ihres merkwürdig-erotisierten Todeskults hart abfeiern, und drittens, durch die oben beschriebene Strategie durch sie politisch noch stärker werden, was dann wieder zu Schritt eins zurückführt: die Katastrophe weiter vorantreiben. Dieser merkwürdige Eros ist einer der vielen Gründe, warum uns die Rechten im Entwickeln einer strategischen Kollapspolitik weit voraus sind. Ein weiterer Grund, warum ich mich so aufs Kollapscamp freue, und auf den Bewegungsurknall, der dort hoffentlich stattfinden wird: der Beginn einer attraktiven, solidarischen, linken Kollapspolitik. Auf dass die Katastrophe die Solidarität stärken möge, anstatt ihr Gegenteil.

Mit katastrophensolidarischen Grüßen,

Euer Tadzio

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