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Manches liest man, anderes bleibt

Hi, hier schreibt Laura! Mit einer 08-15-halbe-Arschbacke-Ausgabe des Newsletters. Weil: Leben. (Lesen lohnt sich trotzdem. Weil: Buchtipp.)

Eigentlich habe ich ja den Anspruch, in jeder Ausgabe zumindest einen Teil des aktuellen politischen Geschehens einzuordnen. Aus feministischer Perspektive gäbe es unendlich viel zu analysieren, zu kommentieren und zu kritisieren. Aber ganz ehrlich? Ich kann nicht. Die Welt ist mir zu schnell. Social Media finde ich im Moment kaum zu ertragen. Die Gleichzeitigkeit von Krisen und Alltag, von alltäglichen Krisen und Krise als Alltag – das überfordert mich. Dazu der Druck, eine schöne Zeit und gute Laune zu haben– gerade jetzt, da endlich der Sommer angefangen hat.

Verzeiht mir also, dass ich es mir ein wenig leichter mache und (so wie Katharina in der letzten Ausgabe) beim Thema Bücher bleibe. Wir sind inzwischen mitten im Lila Büchersommer. In den letzten beiden Folgen des Podcasts haben wir euch schon Ab ins Bett! von Susann Rehlein (Si apre in una nuova finestra) und Sind Penisse real? von Hugo Tepest (Si apre in una nuova finestra) ans Herz gelegt. Heute möchte ich euch einen Roman vorstellen, der lange in mir nachgehallt hat: Bis ans Meer (Si apre in una nuova finestra) von Peggy Patzschke. Wer mich kennt, weiß, dass ich eine kleine Obsession mit dem Thema transgenerationales Trauma habe. Ich lese alles, was ich dazu in die Finger bekomme. Das Tolle an Romanen ist ja, dass sie etwas fühlbar machen, was Sachbücher, Dokus oder Wissenschaft „nur“ verständlich machen. Sie schenken Ruhe, einen kontrollierbaren Rahmen, und erlauben es, sich Leid, Verlusten und menschlichen Erfahrungen zu öffnen – auf eine Art, die weder überfordert noch oberflächlich bleibt.

Bis ans Meer: Frauen die Deutungshoheit zurückgeben

Im Mittelpunkt der Handlung steht Frieda, die sich Ende der 1920er-Jahre in Brieg, Schlesien, in Karl verliebt. Im eisigen Januar 1945 muss Frieda mit ihrer kleinen Tochter Erika aus Schlesien fliehen, nur das Nötigste im Gepäck. Jahrzehnte später fragt sich die Ich-Erzählerin und Enkelin von Frieda, ob diese Flucht und das erlebte Leid der Grund für ihre eigene Angst vor Nähe sind. Stück für Stück setzt sie das Mosaik einer Familiengeschichte zusammen, in der sich Liebe, Verlust und das Fortwirken von Traumata verweben.

Cover des Romans "Bis ans Meer" von Peggy Patzschke mit entsprechender Aufschrift. Zu sehen ist eine Frau in einem geblümten Kleid am Meer, die nackten Füße im nassen Sand. Weiter vorne in der Brandung steht ein Mann mit Hosenträgern. Stil wie in einem Ölgemälde. (Si apre in una nuova finestra)
Bis ans Meer ist erschienen bei Rütten & Loening.

Der Roman fesselt nicht nur durch wechselnde Perspektiven und gelungene Zeitsprünge, sondern auch durch seine kompromisslose Darstellung von Kriegsrealität und psychischer Korrosion. Manche Passagen sind schwer auszuhalten, und gerade das macht sie so kraftvoll. Man begreift beim Lesen nach und nach, was Frieda, diese unfassbar starke Frau, gebrochen hat. Und man ahnt, wie viele andere Frauen ähnliches erlebt haben müssen – wie viel Schweigen und stummer Schmerz sich in unzähligen Familiengeschichten über Jahrzehnte gehalten haben muss. Bis ans Meer bricht dieses Schweigen, macht weibliche Kriegserfahrungen sichtbar und gibt Frauen die Deutungshoheit über ihre eigenen Geschichten zurück.

Die Fragen, die einen bis zur letzten Seite begleiten: Wird die Liebe zwischen Frieda und Karl bestehen? Welche Spuren hinterlassen Krieg, Flucht und Vertreibung? Und erfüllt sich Friedas Traum, einmal das Meer zu sehen? Basierend auf der eigenen Familiengeschichte der Autorin ist dies ein berührendes, unerschrockenes und literarisch kraftvolles Werk über die unsichtbaren Fäden, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden.

Wir haben auch ein Buch geschrieben!

Es heißt Resist! Weich bleiben in harten Zeiten und erscheint nächsten Monat im Leykam-Verlag. Ihr könnt es jetzt schon hier vorbestellen (Si apre in una nuova finestra) – und wir können es kaum erwarten, es in euren Händen zu sehen.

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Bis bald,
Laura

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