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#40 I’m just a copy of a copy

Herzlich willkommen zur 40. Ausgabe des GOFIZINEs!

Danke für Dein Interesse. Für einen wöchentlichen Newsletter ist das GOFIZINE sehr umfangreich. Das bietet Dir die Möglichkeit, Dich entweder nur ganz kurz oder sehr ausführlich damit zu beschäftigen, so, wie Du es möchtest und wie es in Deinen Tag passt.

Meine Erwartung ist nicht, dass Du alles umfassend zur Kenntnis nimmst. Vielmehr hoffe ich, dass Du etwas findest, das Dich bereichert und Dir für den Moment guttut.

Gofigramm

Ein Blick aus dem sechsten Stock auf den Bahnhofsplatz in Bremen am Morgen.
Der Bahnhofsplatz in Bremen am Morgen

Das Leben nimmt seinen gewohnten Rhythmus wieder auf. Jedenfalls für mich. Hinter mir liegt eine wirklich schöne Zeit mit unvergesslichen Begegnungen und Erfahrungen. Aus manchen habe ich sogar einen literarischen Text gemacht. Aber dazu gleich mehr.

Wirklich schön war etwa die Erfahrung, dass ein Dialog, den ich geschrieben habe, Teil eines Theaterstückes wurde, das im Theater Verlängertes Wohnzimmer in Berlin aufgeführt wurde. Mein Freund, der Schauspieler Roland Eisner, hat das Stück maßgeblich mit erdacht und konzipiert und natürlich auch eine der beiden Hauptrollen gespielt. Es war eine tolle Erfahrung, bei einer der Aufführungen im Publikum zu sitzen. Und es war beeindruckend und auch skurril, als meine Worte auf der Bühne plötzlich lebendig wurden und einen Körper bekamen.

Roland spielt die Szene, die ich geschrieben habe.
Zusammen mit den am Stück Beteiligten auf der Bühne beim Schlussapplaus.

Und dann war ich zwei Wochen lang in Bremen, habe mich in ein Hotel direkt am Bahnhof eingemietet und neue Geschichten geschrieben, die sich an meine HUCHTING-Geschichten anschließen. Normalerweise suche ich zum Schreiben Ruhe und Abgeschiedenheit. Dieses Mal jedoch bin ich mitten im Getümmel gewesen. Aus dem sechsten Stockwerk konnte ich das Treiben rund um die Uhr beobachten. Als ich das Zimmer zum ersten Mal betrat, war ich mir unsicher, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Aber es war wirklich super. Ich war mitten im Leben, über das ich meine Geschichten schrieb. Eine wahnsinnig intensive Erfahrung, die mich viel Kraft gekostet, mich aber auch glücklich gemacht hat.

Der Platz vor dem Bremer Bahnhof kommt niemals zur Ruhe.

Die Geschichten, die dort entstanden sind, werden zusammen einen Roman ergeben, der sich wie ein Mosaik aus ihnen zusammensetzt. Der Titel wird wahrscheinlich ‘Männschän’ sein. Und wie es zu diesem Titel gekommen ist, kannst Du in der Geschichte weiter unten lesen, die ich in meinem Hotelzimmer eines Morgens geschrieben habe.

Ich habe den Eindruck, dass das Menschsein das Thema ist, mit dem ich mich künstlerisch am meisten beschäftige. Was ist der Mensch? Was bedeutet es, Mensch zu sein? Was und wie viel unterscheidet uns von anderen Menschen? Mein Eindruck ist: Nur sehr wenig. Der römische Statthalter Pilatus soll auf den gefolterten Jesus gedeutet und gesagt haben: Ecce homo! Seht, welch ein Mensch. Wie viel erkenne ich von mir selbst in diesem Menschen wieder? Wie viel in den Verhungernden von Gaza und aus dem Sudan? Wie viel in den zugedröhnten und bettelnden Gestalten auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz? Sehr viel, glaube ich.

Darüber habe ich auch nachgedacht, als ich die Bilder meiner neuen Ausstellung zusammengestellt habe. Es sind alles Drucke. Nur zwei Bilder besitzen ein materiell existierendes Original. Die anderen sind virtuelle Gemälde, also ursprünglich Dateien. Das bedeutet, dass es von ihnen niemals Originale, sondern immer nur Kopien geben kann. Sie sind also die Kopie einer Kopie. Deshalb heißt diese Ausstellung auch so: A COPY OF A COPY OF A COPY OF A … Das ist ein Liedzitat der Nine Inch Nails, das mir bei der Vorbereitung eingefallen ist:

I am just a copy of a copy of a copy
Everything I say has come before
Assembled into something, into something, into something
I don't know for certain anymore

I am just a shadow of a shadow of a shadow
Always tryin' to catch up with myself
I am just an echo of an echo of an echo
Listening to someone's cry for help

https://youtu.be/yA281OuU3rk?si=da6fKRrKuK_AIT8p (Abre numa nova janela)

Originale haben bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Aber warum ist das eigentlich so? Ist das wirklich ein Manko, wenn es nur Kopien, aber kein Original gibt? Das sind Fragen, die diese Ausstellung begleiten.

Einige Bilder meiner neuen Ausstellung

Wir sind alles Menschen. Diese Aussage stimmt auf jeden Fall. Was sie im Einzelnen beinhaltet, ist dann Teil der Gespräche, die wir miteinander führen. Also, lass uns Menschen sein. Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommenden Herausforderungen und eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!

Dein Gofi

Danke für Dein Interesse! Ich bin Gofi, Künstler, lebe in Marburg und engagiere mich für den Erhalt von Kunst, Kreativität, Gemeinschaft und einer menschenfreundlichen Spiritualität. Das GOFIZINE veröffentliche ich bewusst kostenlos für alle, weil ich möchte, dass jede/r Zugang zu guten Inhalten hat, unabhängig von Einkommen und finanziellen Möglichkeiten. Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, bin ich Dir sehr dankbar.

Art2Go

A copy of a copy of a copy of a ..., digitale Zeichnung/digitales Gemälde, Maße variabel, 2025

Podcast

Whatever it is you do: Keep doing it! (Ben Gencarelle)

Ben Gencarelle ist ein legal Alien, ein US-Amerikaner in Deutschland. Und er ist Künstler: Ben arbeitet an gattungsübergreifenden Serien, wobei seine malerischen Arbeiten im Atelier oft von Buchprojekten und digitalen Objekten begleitet werden. Ihn interessiert der Einfluss der Medien oder die Frage, wie wir mit der allgegenwärtigen visuellen Information umgehen. Er malt, arbeitet mit Sounds und Video und zeigt seine Werke in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland. Seit 2021 arbeitet er im AtelierFrankfurt.

Im Gespräch mit Gofi schildert er, wie er die gegenwärtige politische Situation wahrnimmt, welchen Einfluss Social Media auf seine Arbeit haben, warum er keine Angst vor der leeren Seite hat und auch nicht mit Selbstzweifeln kämpft. Außerdem hat er wertvolle Tipps parat für alle, die kreativ arbeiten. Viel Spaß bei dieser spannenden Unterhaltung auf Englisch.

Die Folge findest Du überall, wo es Podcasts gibt oder hier (Abre numa nova janela).

https://youtu.be/bAy_JywZqpk?si=QkgPVlEB-6Wjb-l4 (Abre numa nova janela)

Geschichte

Wir sind alles Männschän

Als der Mann früh am Morgen das Fenster öffnet, hört er Geschrei. Etwa hundert Meter entfernt brüllt ein anderer Mann Unverständliches mit sich überschlagender Stimme. Er adressiert noch einen anderen Mann, kahlköpfig, Brille, Bauch, Hemd, der auf ihn deutet und zurückruft. Die Stimme des ersten wird lauter, seine Stimme überschlägt sich immer öfter. Der Kahle wird ebenfalls lauter, geht auf ihn zu. Der Erste bückt sich, hebt eine weiße Tasche vom Boden auf und verlässt schreiend und gestikulierend die Szene. Der Kahle will ihn so nicht gehen lassen, er eilt hinter ihm her, den Zeigefinger nach vorn reckend und stechend wie eine Harpune. Der erste Mann verschwindet. Der Kahle geht zu der Stelle, an der der andere seine Tasche aufgehoben hat. Er richtet ein Fahrrad auf und fährt davon.

Ich bin nicht deine Aische, brüllt die Frau, gerade als der Mann, der schreibt, gemeinsam mit anderen den Bus verlässt. Sowie sie auf den Bussteig getreten ist, fängt sie schon an zu brüllen. Ich bin nicht deine Aische. Der Mann, dem sie diese Worte ins Gesicht schleudert, reagiert nicht. Vielleicht ist er resigniert, vielleicht verängstigt, vielleicht aber auch desinteressiert. Das Kinn der Frau ist verpflastert, sie muss vor kurzem gestürzt sein. In ihrem Gesicht sind die Spuren von Rauch und Alkohol zu erkennen. Wahrscheinlich ist sie zehn Jahre jünger, als sie aussieht. Die anderen Fahrgäste strömen an ihr vorbei. Ohne sich umzusehen, geht der Mann, der schreibt, zu seinem Hotel.

Wir sind alles Männschän, schreit eine andere Frau durch einen anderen Bus. Wir sind alles Männschän! Sie ist erbost, dass ein Mann, obwohl der Bus übervoll ist, nicht dazu bereit ist, seine Tüte mit Äpfeln von dem Sitzplatz neben sich zu heben und auf die Knie zu stellen, damit ein anderer sich setzen kann. Isch werde das nischt tun, ruft der Mann immer wieder. Hören sie, isch werde das nischt tun! Die Frau reißt Löcher in die Apfeltüte, sie schimpft immer weiter, der Mann macht sich über sie lustig, er sagt verächtliche Dinge, und immer wieder ruft sie: Wir sind alles Männschän. Wir sind alles Männschän. Als der Mann mit den Äpfeln aus dem Bus aussteigt, reißt sie ihm die Mütze vom Kopf und schleudert sie zu Boden.

Der Mann, der schreibt, kehrt von der abendlichen Besichtigung eines Handlungsortes durch die Straßen der Stadt zu seinem Hotel zurück. Jemand tippt ihn auf die Schulter. Ein jüngerer Mann steht vor ihm und spricht ihn lächelnd an. Der Mann, der schreibt, muss seine Kopfhörer absetzen, um ihn verstehen zu können. Brudi, kennst du mich noch? Ich habe dir mal die Haare geschnitten. Ich glaube nicht, sagt der Mann, der schreibt. Doch, sagt der Jüngere, ich habe dir die Haare geschnitten. Sorry, ich bin das nicht. Du verwechselst mich. Alles klar, der Jüngere grinst jetzt breit und weiß. Hau rein, Mann. Er hebt die Hand, damit der Mann, der schreibt, einschlägt. Im letzten Augenblick zieht der zurück und macht einen Schritt zur Seite. Er befürchtet plötzlich, dass der andere die Situation ausnutzen und ihm die Geldbörse aus der Hosentasche ziehen will. Der Jüngere macht keine Anstalten. Er missversteht die Reaktion und zeigt die Innenfläche seiner Hand. Sie ist übersät mit großen Blasen. Oh shit, tut mir leid, sagt der Mann, der schreibt. Sorry für die Verwechslung, sagt der Jüngere. Kein Problem. Der Mann geht zurück in sein Hotel und wäscht sich gründlich die Hände.

Wir sind alles Männschän, denkt er, als er sich ins Bett legt, während die Geräusche und das Stimmengewirr der Stadt gegen seine schallisolierten Fenster branden, wir sind alles Männschän.

News

Ich bin zusammen mit Hossa Talk beim Podcastfestival des RefLab in Zürich. Vom 6. bis 7. September trifft sich dort die christliche Podcasterszene, aber auch bekannte andere Vertreter*innen der Kulturwelt (Abre numa nova janela). Das Programm ist wirklich hochkarätig besetzt. Und es gibt noch Tickets. Wenn Du also an diesem Wochenende noch nichts vorhast: Eine Reise nach Zürich lohnt sich auf jeden Fall!

Die Ausstellung, von der ich Dir oben erzählt habe, werde ich zum ersten Mal bei den 2. Alsfelder Kellerwundern (Abre numa nova janela) zeigen, und zwar in dem Restaurant ‘Das Laternchen’. In den urigen Gewölben der Stadt gibt es Ausstellungen, Lesungen, Poetry Performances, Konzerte u. v. m. zu entdecken, und zwar am 13./14. und 20./21. September.

Am 21. September um 19.30h werde ich dort außerdem gemeinsam mit Micha Kunze einen Poetry Talk machen. Den Ort kenne ich bisher nicht, aber ich schreibe es, sobald ich es weiß.

Begleite Judith Seibold von CHAVAJA und mich auf eine Reise nach Griechenland vom 17.-24.5.2026

Shaul von Tarsos war radikal. Was er anpackte, das erledigte er zu 150%. Und dabei konnte er rücksichtslos sein – gegen sich selbst und auch andere.

Aufgewachsen als Bürger zweier Kulturen, der hellenistischen und der jüdischen, fließend zweisprachig (Griechisch und Aramäisch), war er in einer multikulturellen, multireligiösen und globalisierten Welt zu Hause. Als Handwerker, jüdischer Theologe und Mystiker. Mit einem großen Ziel: Er wollte die Welt mit seiner Botschaft erobern.

Unter seinem Künstlernamen Paulus (der Kleine) ging er die große Aufgabe an. Wo er auftauchte, spaltete er die Geister. Während die einen ihn liebten und verehrten, war er für die anderen ein rotes Tuch. So erreichte er Europa. Und Europa empfing ihn mit Stockhieben und Gefängnis. Doch einen radikalen Aktivisten wie Paulus stachelte das nur an. Er machte weiter und legte eine Spur, der wir noch heute folgen können. 

Komm mit uns dorthin, wo für das Christentum in Europa alles begann: nach Griechenland. Wir besuchen die Orte, an denen Paulus wirkte, an denen er Zuspruch und Widerstand erlebte, an denen er Dinge sagte und tat, die die Leben von Menschen und den Lauf der Geschichte veränderten. Wir versuchen herauszufinden, was ihn antrieb, was ihn für manche so unwiderstehlich machte und welche Bedeutung sein Werk bis heute für uns hat.

Ich bin schon seit vielen Jahren von Saulus aus Tarsos fasziniert. Für mich gibt es fließende Übergänge zwischen den Propheten und Aposteln der Antike und unserem heutigen Verständnis von Künstlern. 

Als Guide konnten wir den griechenlanderfahrenen Dany Walter aus Israel gewinnen, der uns den jüdischen Paulus näher bringen wird.

Einen Einblick in das Programm erhaltet Ihr hier: Programm_Die_Griechenlandreise (Abre numa nova janela) 

Mehr Informationen zu Chavaja – Bildungs- und Begegnungsreisen erfahrt Ihr hier: https://www.chavaja.de/ (Abre numa nova janela)

Danke für Dein Interesse! Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, kannst Du das zum Beispiel hier.


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