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Senftenbergs neuer Intendant macht Theater für alle 

PORTRAIT / KULTURSZENE IN SENFTENBERG

Daniel Ris will die Neue Bühne Senftenberg aus der Corona-Starre führen. Dafür setzt der neue Intendant radikal auf alles, was seinem Spielplanmotto dient. Das lautet „Hütte voll!“.

von Claudia Arndt

  1. Januar 2023

„Das Senftenberger Publikum ist besser als ich befürchtet hätte." Daniel Ris macht seit Sommer 2022 Theater in Senftenberg. Foto: Steffen Rasche/Neue Bühne
„Das Senftenberger Publikum ist besser als ich befürchtet hätte." Daniel Ris macht seit Sommer 2022 Theater in Senftenberg. Foto: Steffen Rasche/Neue Bühne

Vor einem Jahr wusste Daniel Ris nicht, was die Lausitz überhaupt ist. Da war der gelernte Schauspieler von der Westfälischen Schauspielschule Bochum noch Intendant der Burgfestspiele in Mayen (Abre numa nova janela) in der Eifel. Jetzt ist sein Arbeitsort Senftenberg. „Wenn ich hier vor die Tür gehe, beginnt sofort mein Arbeitstag“, sagt er. „Das ist in Berlin anders, denn selbst ein international berühmter Intendant kann einfach so durch die Großstadt laufen, denn wer weiß schon, wie der aussieht.“ In einer 17.000-Einwohner-Stadt kennt aber wahrscheinlich jeder den Mann, der seit Juni einen der wichtigsten kulturellen Managerposten weit und breit innehat. 

In den fünf Jahren, für die er unterschrieben hat, will Ris in Senftenberg ein Theater für alle (Abre numa nova janela) entwickeln. Seine neue Wirkstätte liegt im Stadtkern, umschlossen von sanierten Plattenbauten und teilt sich den Hof mit einer Grundschule. Ebenso bescheiden ist sein winziges Büro mit Aussicht auf Schrebergärten. So eng fügt sich die Welt des Theaters selten ins pralle Leben ein. Ris sieht genau in dieser Anschlussfähigkeit eine Chance, die Neue Bühne nach der Corona-Entfremdung wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Von Berlin nach Senftenberg gezogen 

Senftenberg ist ein Vorzeigebespiel für Transformation vom „Glück auf!“ einer Tagebauregion hin zum „Ahoi!“ des Lausitzer Seenlandes. Ris erkannte die Lebensqualität in der Region bereits beim ersten Vorstellungsgespräch. Der Imagewechsel von Industrie auf Tourismus und Kultur ist auch der Neuen Bühne zu verdanken. Das ehemalige Theater der Bergarbeiter genießt als exzellentes Einspartentheater überregionale Bedeutung. Hier wirkten Größen wie Hans-Peter Jantzen, Heinz Klevenow (Abre numa nova janela), Sewan Latchinian (Abre numa nova janela) und der kürzlich verstorbene Manuel Soubeyrand (Abre numa nova janela), von dem Ris das Amt im August 2022 übernahm. 

Seine Herausforderungen bestehen nun erstmals im ganzjährigen Führen eines Teams mit 100 Mitarbeitenden - und selbstredend im Hineinhorchen in eine Region, die sich im Wandel befindet. Dafür hat Ris seinen Hauptwohnsitz von Berlin in die Lausitz verlagert. Auf die Stadtgesellschaft ist er direkt zugegangen. Bei Schulleiterinnen, Lokalpolitikern und ehrenamtlichen Chören hat er sich als der Neue vom Theater vorgestellt. Jeden hat er gefragt: „Was können wir zusammen machen?“ und sich erkundigt, was die Menschen vor Ort umtreibt. Gemeinsam mit Chef-Dramaturgin Karoline Felsmann und Hausregisseurin Elina Finkel hat der Intendant einen Spielplan entwickelt, der Menschen egal welchen Alters, Sozialisation und Vorlieben etwas bieten soll. Heraus kam ein Potpourrie von Juli Zehs „Über Menschen (Abre numa nova janela)“ über eine Live-Kochshow (Abre numa nova janela) hin zu einer musikalischen Zeitreise zum 50-jährigen See-Jubiläum „Wenn ich den See seh … (Abre numa nova janela)“. 

Publikum auf Augenhöhe ansprechen

Ris ist 1965 in Leverkusen geboren als Sohn eines Bildhauers. Aufgewachsen ist er in einem kleinen Dorf im Rheinland. 2003 ging er als freiberuflicher Schauspieler, Theaterregisseur, Autor, Berater und Kulturmanager nach Berlin. Das Pendeln zwischen Großstadt und ländlicher Idylle und das Wechseln zwischen West-Herkunft und Ostkultur ist ihm durch Engagements in Dortmund, Bielefeld, Stuttgart oder Frankfurt/Main bekannt. Er nahm die Komödie „Pension Schöller (Abre numa nova janela)“ in den Spielplan, denn ob nun Kyritz an der Knatter oder Senftenberg – die Probleme sind die gleichen. Ris fragt direkt nach, was die Menschen in der Lausitz anspricht, und das auf Augenhöhe. 

Wenn der Star des Hauses, die 35-jährige Marianne Helene Jordan (Abre numa nova janela), an einem Adventssonntag Lieder von Hildegard Knef singt, kommen Paare aus Hoyerswerda, die sonst in die Semperoper fahren. Alles in allem stellt Ris fest: „Das Senftenberger Publikum ist besser, als ich befürchtet hätte.“ Auch jüngere Leute schauen wieder öfter rein. 

Als Landestheater benötigt die Neue Bühne eine Haltung, die Kunst nicht als selbstreferentielles Werkzeug versteht: „Theater für die Menschen zu machen, die in der Region leben, in der dieses Theater steht, denn Theater ist eben kein Selbstzweck“, sagt Ris. „Theater muss die Menschen erreichen, die da sind in der Region.“ 

Tópico Gesellschaft und Kultur