Schipkaus grüner Profit
HINTERGRUND / ENERGIEWIRTSCHAFT IN OBERSPREEWALD-LAUSITZ
Februar 2023
Die Leag fängt gerade erst an, mit Strom aus Erneuerbaren Geld zu machen. Die Bürger von Schipkau profitieren schon lange vom Energiepark im Ortsteil Klettwitz. Für den sich Robert Habeck interessiert.
von Christine Keilholz
Der Ort, wo die Windkraft in Brandenburg ihren Anfang nahm, heißt Klettwitz. Davon ist Siegurd Heinze überzeugt. „Das ist ein tolles Bild, mitten in der ehemaligen Braunkohle heute einen der modernsten Energieparks zu haben mit Wind und Solar“, sagte der Politiker aus Lauchhammer kürzlich dem Bundeswirtschaftsminister, als sie zusammen im brausenden Wind in dem ehemaligen Tagebau standen. Angefangen hat das noch im letzten Jahrtausend. Nun sollen hier bald 300 Megawatt Spitzenleistung erzeugt werden. Wenn es in der Lausitz einen Ort gibt, wo Robert Habeck die Energiewende in vollem Lauf bewundern kann, dann hier.
Der Energiepark Klettwitz ist der Hidden Champion der Lausitzer Energiewirtschaft. 1999 entstanden hier die ersten Windräder. Die bilden noch immer die Höhendominante des Parks. Zu ihren Füßen stehen nun auch Photovoltaik-Anlagen in Reih und Glied, so weit das Auge reicht. Lange rauschten die Windräder auf der abgelegenen Fläche still vor sich hin, unbeachtet von einer in Energiefragen polarisierten Lausitzer Öffentlichkeit. Habecks Besuch macht Klettwitz zum Hotspot mitten in der Energieregion.
Versuch der Wiedergutmachung
Der Minister ist an diesem Tag in die Lausitz gekommen, um die Potenziale der Energiewende in jener Region vorzuführen, wo der Weg in die grüne Zukunft am weitesten scheint. Als er auf der Kippe in Klettwitz steht, hat er den Energiekonzern Leag bereits besucht und in Schwarze Pumpe den Startschuss für das Wasserstoff-Referenzkraftwerk gegeben. Die Nachrichten hinterher bemühen das spannungsreiche Narrativ - früher Braunkohlebrache, jetzt Windräder - so, als wären es zwei Welten, die hier aufeinanderprallten. Dagegen folgt die Realität einer einfachen Logik: Wo früher Kohle war, ist heute Platz für Erneuerbare. Wie in Klettwitz.
Hier, so erfährt Habeck, wird schon seit Jahren mit grünen Strom Geld verdient, was die Leag mit allen Mitteln versucht. „Das ist der Versuch der Wiedergutmachung“, sagt Siegurd Heinze. Der Landrat von Oberspreewald-Lausitz war Bürgermeister der Gemeinde Schipkau, als sich hier die ersten Windräder drehten. „Mittlerweile erzeugen wir mehr, als wir hier im Landkreis verbrauchen“, berichtet Heinze. „Wir brauchen immer noch Grundlastabsicherung auch mit Kohle, aber der Trend geht eindeutig zu den Erneuerbaren.“ Aktuell stehen im Energiepark 170 Megawatt installierter Leistung an Solar und 90 Megawatt aus Windkraft. Der Energiepark wächst, zurzeit ist der dritte Bauabschnitt in Arbeit.
Ob das auch im Einvernehmen mit den Bürgern stattfindet, will Habeck wissen. „Natürlich, von Anfang an“, sagt Schipkaus Bürgermeister Klaus Prietzel: „Wir haben gleich vom Start weg ein Bürgerstrommodell gehabt, wo jeder einzelne Bürger mitverdient.“ Man habe keine Beteiligung gewählt, wo nur diejenigen Geld herausbekommen, die investieren konnten. In Schipkau bekommt jeder Bürger 80 Euro im Jahr ausgezahlt. 450.000 Euro schüttet die Gemeinde pro Jahr aus. „Das dürfte deutschlandweit einmalig sein“, sagt Prietzel. Habeck ist zufrieden: „Das ist das Klimageld, von dem immer alle reden.“
Viele Player ins Geschäft holen
Noch in diesem Jahr soll eine Wasserstoff-Wirtschaft in Klettwitz entstehen. „Wir planen mit Elektrolyseanlagen und einer Tankstelle“, berichtet Heinrich Gärtner, Gründer und Geschäftsführer des Parkbetreibers GP Joule (Abre numa nova janela). Vorverträge mit regionalen Unternehmen habe man schon geschlossen, sagt Gärtner. Der gebürtige Bayer mit wallendem Haar ist Agraringenieur mit Diplom von der Fachhochschule Weihenstephan und eigenem landwirtschaftlichen Betrieb. So sehen die Pioniere aus, die die Energiewende wirtschaftlich, dezentral und demokratisch machen sollen. Gärtner weiß auch, wo es hakt: „Der Netzanschluss ist nicht ganz ausreichend für das, was wir hier produzieren.“ Mit dem dritten Bauabschnitt kommt der Energiepark noch nicht ans Netz. „Da arbeiten wir noch dran mit dem Netzbetreiber hier am Ort.“
So geht es bei Habecks Besuch auch um die nächsten Schritte, die Deutschland auf dem Weg in die CO2-neutrale Zukunft nehmen muss. Heinrich Gärtner meint, es müssten jetzt möglichst viele Player in die Erneuerbaren einsteigen, damit das Geschäft Schwung und Aufmerksamkeit bekommt. „Wir müssen viele mitmachen lassen und darauf hoffen, dass die schnell ins Rollen kommen“, sagt er. „Dafür brauchen wir Regularien, die stabil sind.“ Die Flächen sind da, die Fachkräfte würden auch kommen. Wichtig sei nur ein stablier CO2-Preis, dann kämen auch die Kunden. So spiegeln ihm das die Unternehmer, die Energie aus Klettwitz einkaufen, sagt Gärtner: „Die haben bisher noch nichts gemacht, weil die noch auf russisches Gas gesetzt haben.“