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Warum es so schwierig ist, einfach anzufangen

Mein Membership-Newsletter "Blaupause" hilft dir, dich unabhÀngig zu machen, indem du erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Heute: Vom Anfangen, der Furcht vor dem Anfangen und wie du diese Furcht niederknetest.

Hallo!

Danke, dass du diesem Newsletter eine Chance gibst. Er heißt Blaupause. Blaupausen sind diese technischen Zeichungen, weiß auf blau, die lang im Maschinenbau, auf Baustellen oder in der Architektur verwendet wurden, um mit wenig Aufwand großformatige Zeichnungen und Grundrisse zu vervielfĂ€ltigen. Und darum geht es hier: große PlĂ€ne.

Falls wir uns nicht kennen: Ich bin Sebastian Esser. Ich helfe Creators und Journalist:innen, durch Mitgliedschaften mit ihrer Arbeit Geld zu verdienen. Dazu habe ich unter anderem eine Crowdfunding-Plattform gestartet, bin Herausgeber des Magazins Krautreporter (Opens in a new window) und MitgrĂŒnder der Membership Platform Steady (Opens in a new window). (Hier erfĂ€hrst du mehr ĂŒber mich. (Opens in a new window))

Ich habe wahrscheinlich hunderte Leute beim Start ihres Mitgliedschaftsprogramms begleitet. Ich habe viele Fragen dazu beantwortet, die meisten davon schon sehr hÀufig. Wie ineffizient! 

Darum gibt es jetzt diesen Membership-Newsletter. Stell ihn dir als eine Ratgeber-Kolumne fĂŒr unabhĂ€ngiges Publizieren vor. Gleichzeitig ist die Blaupause ein Experiment. Denn theoretisch weiß ich, Sebastian, wie man Mitgliedschaften anbietet. Aber kann ich das auch?

Und schon haben wir das Tierchen kennengelernt, das den Medienwandel seit Jahren effektiv ausbremst: das Hochstapler-Syndrom. Meiner Beobachtung nach sind ĂŒberdurchschnittlich viele Medienmacher:innen davon ĂŒberzeugt, dass sie durch ein schreckliches MissverstĂ€ndnis erfolgreich sind, und nicht etwa durch Leistung, Wissen und Talent. Typischer Gedankengang: Man hĂ€lt mich fĂŒr kompetenter, als ich in Wirklichkeit bin. Und sobald eines Tages rauskommt, dass ich betrĂŒge, bin ich geliefert, beschĂ€mt und professionell bankrott.

Das Hochstapler-Syndrom hat drei gravierende Folgen, die möglicherweise verhindern, dass auch du nicht schon lÀngst Mitgliedschaften anbietest. 

Perfektionismus 

Psychologisch schwierig ist es, Geld fĂŒr etwas anzunehmen, das wir alle inzwischen jeden Tag machen: ins Internet publizieren. Warum sollten meine Gedanken, Recherchen, Analysen wertvoller sein, als die vielen kostenlosen da draußen? DafĂŒr zahlt doch kein Mensch! Also muss es etwas ganz Besonderes sein. Es muss perfekt sein.

Dabei muss es nicht perfekt sein. Niemand erwaretet ein perfektes Medienprodukt. Es gibt selten perfekte Artikel, perfekte Podcast-Episoden, perfekte Newsletter. Ganz bestimmt nicht von Anfang an (deswegen wird dieser erste Newsletter hier auch viel zu lang, na ja). Bei Mitgliedschaften geht es eher im AuthetizitÀt, darum, einen Menschen hinter dem Medium zu ereknnen, mit allen SchwÀchen und Fehlern.  

Totplanen

Aber die allermeisten Medienmacher:innen finden alle möglichen GrĂŒnde, warum es gerade jetzt auf keinen Fall schon losgehen kann. Bevor ich anfange, brauche ich erst: Software-Entwickler:innen; Designer:innen; mehr Mitarbeitende; mehr Zeit; mehr Geld; mehr Wissen; mehr von allem. Sonst ist es nicht perfekt! Was werden die Leute denken? Meine Freunde, Familie, Kolleg:innen und Followers werden merken, dass ich nur heiße Luft produziere. Das wird peinlich.

Zugegeben: Wir planen uns auch tot, weil jede:r anfangs hochstapelt, wenn es um Mitgliedschaften geht. Manchmal ist es kein Syndrom, sondern die Wahrheit. Denn ich beschĂ€ftige mich nicht mehr mit den Dingen, mit denen ich mich sicher fĂŒhle – schreiben, sprechen, senden – sondern mit Software, Werbung, Buchhaltung. Dabei merke ich, dass ich vieles noch nicht kann oder verstehe. Und schon sind wir zurĂŒck beim Anfang, dem Perfektionismus. Ein ewiger Kreislauf.

Aufschieben

Interessanterweise fĂŒhrt das Totplanen aus Perfektionismus eher dazu, dass wir nichts tun, statt sofort die Ärmel hochzukrempeln. Fachbegriff: Prokrastination (bitte dreimal schnell hintereinander sagen). Wir schieben die vielen Dinge, die ja angeblich noch fehlen, immer wieder auf. Name, Logo, Preise fĂŒr mein Mitgliedschaftsprogramm? Das mache ich gleich nach dem Wochenende, oder spĂ€testens nach den Ferien, also Herbst 2023 klingt realistisch. 

Perfide: Dieses gefĂŒhlte Dauerversagen bestĂ€rkt wiederum das Hochtapel-Syndrom, beweist mein Nichtstun doch meine Nichtsnutzigkeit, die glĂŒcklicherweise bisher niemandem auffiel. Ewiger Kreislauf Nummer zwei.

So habe ich es wirklich immer wieder erlebt: Medienmacher:innen haben eine eingeschworene Community aufgebaut, die nur darauf wartet, durch einen kleinen monatlichen Beitrag ihre WertschĂ€tzung ausdrĂŒcken zu können. Objektiv betrachtet kann gar nichts schief gehen mit einem erfolgreichen Mitgliedschaftsprogramm. Aber es passiert: nichts. 

Bei Steady mussten wir deswegen machnmal aufgeben und stattdessen auf einen Katastrophen-Moment lauern, so verzweifelt waren wir. Ein ĂŒbles Ereignis – Wegbrechen der Werbung, eine Klage, eine Steuernachzahlung –, nach dem ein Syndrom-befallener Publisher keinen anderen Ausweg mehr sieht, als seine Nutzer:innen zu aktivieren. Erst dann schaffen es manche Medienmacher:innen, SchwĂ€che zuzulassen – selbst auf die Gefahr hin, als Hochstapler:innen enttarnt zu werden. 

Was tun? 

Ich bin kein Therapeut. Ich will nicht behaupten, dass ich dir dein Hochstpler-Sydrom ausreden kann (ich habe natĂŒrlich selbst eines). Ich kann aber an deine Vernunft appellieren und dir dazu von den anderen angeblichen Hochstaplern erzĂ€hlen, die inzwischen sehr erfolgreich sind.

"Warten ist teuer", sagt meine ehemalige Kollegin Deborah. Was sie meint: In der Zeit, in der du ein Mitgliedschafts-Angebot perfektionierst, oder vor dich hinprokrastinierst, hĂ€ttest du garantiert schon Geld verdient. Und zwar Monat fĂŒr Monat. All dieses Geld wird nie wiederkommen. Es ist der Preis fĂŒr unser Medienmacher:innen-Syndrom. "Ich hĂ€tte schon viel frĂŒher anfangen sollen", ist ein Satz, den ich hĂ€ufig höre.

Frank Joung von Halbe Katoffl (Opens in a new window) behauptet, ich hĂ€tte ihn mit dem Satz "Fang einfach mal an" ĂŒberzeugt, seinen Podcast zu starten. Das klingt banal, aber es ist wahrscheinlich der beste Rat, den ich geben kann. Wer wird die erste Episode denn schon hören? So gut wie niemand. Du beschĂ€ftigst dich am Anfang mit dem Erlernen eines neuen Handwerks statt mit deinem Syndrom-Haustier. Also fang an!

Das bringt uns zurĂŒck zur Anfangsfrage: Kann ich das auch? Den ersten Schritt habe ich hinbekommen, ich hab einfach angefangen. Aber tatsĂ€chlich liest diese erste Folge ein sehr erlesender Kreis. Zur Zeit sind wir 22 🙃. Mein Ziel: tausend Leser:innen bis zum Sommer. 

Darum meine Bitte: kennst Du Leute, die dieser Newsletter interessieren könnte? Dann schick ihnen diese Mail weiter. Fantastisch wĂ€re es auch, wenn du diese Blaupause bei Twitter (Opens in a new window), Facebook (Opens in a new window) oder Linkedin (Opens in a new window) teilen wĂŒrdest. Ich berichte in der nĂ€chsten Ausgabe, wie viele neue Leute dazugekommen sind. Vielen herzlichen Dank!

Bis nÀchste Woche,
👋 Sebastian

(Zur Frage, wer wer ist auf dem Foto oben: der Kollege rechts heißt Juri)

Topic Startup

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