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„Das deutsche Recht macht keinen Unterschied zwischen Newsletter und sonstiger Werbung“

Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Was du rechtlich beachten musst, wenn du Lead-Magneten anbietest.

Hallo!

Nach den beiden Blaupause-Ausgaben zum Thema Lead-Magneten (Folge 1, Folge 2 (Opens in a new window)) (Opens in a new window) haben mich einige Leser:innen mit Nachfragen kontaktiert. Sie hatten eine Menge Fragezeichen im Gesicht zum Thema Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – also den Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten der EuropĂ€ischen Union, die seit 2018 in Kraft sind und Klarheit schaffen sollen, aber auch viel Verunsicherung stiften.

Da ich rechtliche Fragen nicht kompetent beantworten kann (wahrscheinlich noch nicht mal beantworten darf 
?) lasse ich heute einen Datenschutz-Experten zu Wort kommen, der den aktuellen Stand der Rechtsprechung kennt: Lev Lexow ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Siebert Lexow Lang (Opens in a new window) in Berlin. Er ist spezialisiert auf Datenschutz und Internetrecht und unterstĂŒtzt zum Beispiel die Seite eRecht24 in datenschutzrechtlichen Fragen.

Lev, darf ich als unabhĂ€ngige Medienmacher:in Lead-Magneten anbieten – also zum Beispiel eine PDF-Datei oder ein Video bereitstellen, um E-Mail-Adressen einzusammeln und anschließend an diese E-Mail-Adressen einen Newsletter versenden?
Ja, darf man. Das Modell nennt sich „Daten gegen Leistung“. Wichtig ist nur, dass man eine korrekte Einwilligung fĂŒr den Newsletter einholt, den Kunden darĂŒber belehrt, dass er den Newsletter jederzeit abbestellen kann. Zudem muss die E-Mail-Adresse mithilfe einer BestĂ€tigungs-Mail verifiziert – das ist das sogenannte Double-Opt-in-Verfahren. Auch eine DatenschutzerklĂ€rung, in der ĂŒber den Newsletterversand informiert wird, sollte nicht fehlen.

Darf ich ihnen statt eines Newsletters auch Werbung fĂŒr eine bezahlte Mitgliedschaft zumailen?
Sofern man eine Einwilligung der Kunden fĂŒr E-Mail-Werbung hat, ist das zulĂ€ssig. Das deutsche Recht macht keinen Unterschied zwischen Newsletter und sonstiger Werbung. Werbung sind alle Mailings, die die direkt oder indirekt der Absatzförderung dienen. FĂŒr solche E-Mails braucht man immer eine Einwilligung.

„Jeder Newsletter, der der Absatzförderung dient, ist eine einwilligungsbedĂŒrftige Werbung.“

Was sind die Regeln, wenn sich Newsletter und Werbung vermischen, wenn also zum Beispiel eine Paywall im Newsletter ist, die mich zum Zahlen auffordert, oder wenn ich eine Art Eigenanzeige in den Newsletter packe?
Eine solche Vermischung besteht eigentlich immer. Jeder Newsletter, der der Absatzförderung dient, ist eine einwilligungsbedĂŒrftige Werbung. Das geht so weit, dass der Bundesgerichtshof sogar eine Bewertungsanfrage per E-Mail als Werbung einstuft. Hat man eine Einwilligung fĂŒr Werbe-E-Mails, ist das zulĂ€ssig. Fehlt die Einwilligung, sind solche E-Mails unzulĂ€ssig und können abgemahnt werden. 

Welche formalen Details muss ich beachten, wenn ich mit Lead-Magneten arbeite? Was muss ich auf meiner Checkliste abhaken?
Die Kriterien, die immer eingehalten werden mĂŒssen, sind

  • Einwilligung einholen

  • Hinweis ĂŒber die jederzeitige Anmeldemöglichkeit vom Newsletter

  • Double-Opt-in-Verfahren, also die Verifizierung der E-Mail via BestĂ€tigungs-Mail

  • Austrage-Link in jeder Newsletternachricht

Zudem sollte man bei der Anmeldung die DatenschutzerklÀrung verlinken und dort erlÀutern, welche Daten beim Newsletterversand verarbeitet werden und welchen Newsletterdienst man einsetzt.  

Blaupause-Leserin Julia schreibt: „Ich dachte immer, seit DSGVO-EinfĂŒhrung ist genau das nicht mehr erlaubt bzw. grenzwertig: Freebie gegen Newsletter-Abo tauschen?“
Dies wird diskutiert unter dem Stichwort „Daten gegen Leistung“. Lange war unklar, ob das zulĂ€ssig ist. Mittlerweile sehen die Datenschutzbehörden das Modell als zulĂ€ssig an, wenn eine Einwilligung vorliegt. Und auch das Oberlandesgericht Frankfurt hat dieses Modell in einer viel beachteten Entscheidung fĂŒr zulĂ€ssig erachtet.

Blaupause-Leser Matthias schreibt: „Als DSGVO neu war, wurde gesagt, dass das wegen des Kopplungsverbotes nicht mehr geht. Inzwischen interessiert das aber wohl keinen mehr. Mich wĂŒrde aber interessieren, was die Rechtslage ist.“ Hat sich das tatsĂ€chlich etwas verĂ€ndert im Lauf der Zeit?
Zu Beginn der DSGVO gab es sehr viele Diskussionen ĂŒber verschiedene Themen. Die DSGVO ist ein sehr allgemeines Gesetz und lĂ€sst an vielen Stellen weite InterpretationsspielrĂ€ume. Mittlerweile haben sich Gerichte und Datenschutzbehörden positioniert. Das Koppelungsverbot gibt es zwar immer noch. Aber es greift nicht, wenn man ein Freebie oder ein anderes Goodie gegen eine Newsletter-Anmeldung „tauscht“. 

„DSGVO ist nicht viel strenger als das deutsche Recht – man hat durchaus GestaltungsspielrĂ€ume.“

Was sind nach deiner Erfahrung andere verbreitete MissverstÀndnisse beim Thema DSGVO?
Da gibt es viele Extreme. Die einen glauben, dass die DSGVO im Grunde alles verbietet. Die anderen glauben, dass man die DSGVO im Grunde schon dann erfĂŒllt hat, wenn man eine DatenschutzerklĂ€rung auf seiner Webseite hat. Beides ist falsch. Gerade im Bereich der Werbung ist die DSGVO nicht viel strenger als das deutsche Recht – man hat also durchaus GestaltungsspielrĂ€ume. Gleichzeitig sollte man nicht glauben, dass es mit der DatenschutzerklĂ€rung getan ist. Die DSGVO enthĂ€lt viele komplexe Vorgaben, die man beachten muss. Gerade bei grĂ¶ĂŸeren Unternehmen lohnt es sich daher, sein GeschĂ€ftsmodell einmal datenschutzrechtlich durchleuchten zu lassen.

Mal angenommen, ich mache etwas falsch: Was sind Worst-Case-Szenarien, die ich zu befĂŒrchten habe?
Zum einen kann man vom Betroffenen oder von einem Wettbewerbsverband abgemahnt werden. Das kostet in der Regel zwischen 300 und 900 Euro. Zum anderen könnte es zu einer datenschutzbehördlichen PrĂŒfung kommen. Die Datenschutzbehörden können unangenehm werden. Sie können zum einen hohe Bußgelder verhĂ€ngen. Zum anderen können sie verfĂŒgen, dass man keine Newsletter mehr versenden darf, bis sichergestellt hat, dass dort nur korrekte Daten enthalten sind.

„Bei einem Erstverstoß geht es in der Regel glimpflich aus.“

Und was sind aus deiner Praxis die wahrscheinlichsten Szenarien, wenn man – absichtlich oder nicht – die Regeln missachtet hat? 
Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass ein EmpfĂ€nger, an den keine E-Mails verschickt werden durften, euch kostenpflichtig durch einen Anwalt abmahnen lĂ€sst. Es kann auch passieren, dass EmpfĂ€nger sich direkt bei der Datenschutzbehörde beschweren. Die Behörde ist dann verpflichtet, diesen Vorgang zu prĂŒfen. Diese beiden Szenarien sind hĂ€ufig und kommen bei meinen Kunden regelmĂ€ĂŸig vor. Bei einem Erstverstoß geht es in der Regel glimpflich aus. Wenn es sich aber um den zweiten oder dritten Verstoß handelt, kann es teuer werden.

Viele haben Angst vor solchen Abmahnungen. Was ist das eigentlich, wie oft kommt so etwas vor und welche Kosten habe ich zu erwarten?
In Deutschland gibt viele Gesetze, die unzulĂ€ssige Werbe- und Wettbewerbspraktiken regeln. Es ist zum Beispiel verboten, E-Mail-Werbung ohne Einwilligung zu verschicken. Diese Regeln werden in Deutschland aber in der Regel nicht von einzelnen Behörden ĂŒberwacht, sondern von Wettbewerbern oder VerbraucherverbĂ€nden. Wenn man also beispielsweise BĂŒcher verkauft, kann man von jedem anderen BuchhĂ€ndler oder einem Wettbewerber oder einem Verbraucherverband abgemahnt werden. Durch dieses System ĂŒberwachen sich die Wettbewerber gegenseitig, sodass Abmahnungen hĂ€ufig sind. Zum Teil spricht man in Deutschland von einer Abmahnindustrie, da viele AnwĂ€lte sich auf solche Abmahnungen spezialisiert haben. Bei einer Abmahnung wird vom Abgemahnten verlangt, dass er ein bestimmtes Verhalten unterlĂ€sst. Dazu muss der Abgemahnte eine UnterlassungserklĂ€rung abgeben. Die Kosten fĂŒr die Abmahnung trĂ€gt der Abgemahnte selbst – denn er hat ja die Abmahnung durch sein rechtswidriges Verhalten provoziert. Sollte man eine Abmahnung erhalten, sollte man sie ernst nehmen und auf jeden Fall einen Rechtsanwalt konsultieren.◟

In der nÀchsten Woche schlage ich im vierten und letzten Teil der Serie zum Thema Lead-Magneten ein paar einfache Tools und Methoden vor, wie du selbst eine Datei gegen E-Mail-Adressen zum Tausch anbieten kannst.

Bis nÀchsten Montag,
👋 Sebastian

PS:

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