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WENN DER PINGUIN NICHT LEHRT

FILM-KRITIK

Dass wir in dieser Redaktion ganz besondere Pinguinfreunde ist, dĂŒrfte mittlerweile allenthalben bekannt sein. Und dass der Weltpinguintag an diesem Freitag so etwas wie ein kleiner Feiertag ist, ist ebenfalls kaum mehr eine Überraschung.

Eine solche hingegen erlebt Tom Michell (Steve Coogan) in dem Film „Der Pinguin meines Lebens“, der passend zum genannten kleinen Feiertag nun in den deutschen Kinos startet. Er basiert auf dem gleichnamigen und auf wahren Gegebenheiten beruhenden Buch von Michell, das vom Verlag S. Fischer anlĂ€sslich der Verfilmung erneut aufgelegt wurde (Opens in a new window) (kein Affiliate-Link!). Übersetzt wurde das Buch – auch wenn diese Angabe in der Neuauflage offenbar fehlt – von der versierten Übersetzerin Lisa Kögeböhn.

gelehrte, Pinguin, der // Copyright: Tobis Film

Englischlehrer Michell wurde Mitte der 1970er-Jahre an das St George's College in Buenos Aires versetzt, die Heimatstadt des vor wenigen verstorbenen Papstes Franziskus. Der hatte damals allerdings noch wenig zu sagen, sondern vielmehr war es die MilitĂ€rjunta, die kurz zuvor die Macht ĂŒbernommen hate und große Teile der Bevölkerung terrorisierte. Das College unter der Leitung des strengen und etwas hinter seiner Zeit herhinkenden Direktor Buckle (Jonathan Pryce – ironischerweise spielte dieser bereits vor einer Weile Papst Franziskus) versucht sich möglichst neutral zu verhalten, auch wenn viele der SchĂŒler aus Familien stammen, die dem Regime nahestehen oder zumindest von ihm profitieren.

Als Michell nach einer Weile mit seinem finnischen Kollegen Tapio (Björn Gustafsson) fĂŒr ein Wochenende ins benachbarte Uruguay fĂ€hrt, soll der titelgende Pinguin mit dem spĂ€teren Namen Juan Salvador in sein Leben treten. Er findet ihn ölverschmiert am dortigen Strand, sĂ€ubert ihn und gewinnt – zuerst eher widerwillig – einen neuen GefĂ€hrten. Er schmuggelt ihn ĂŒber die Grenze nach Argentinien und lebt fortan gemeinsam mit ihm in der Schule. Anfangs ist das noch ein Geheimnis, aber das lĂ€sst sich dort nicht lange bewahren...

Headmaster Timothy Buckle (Jonathan Pryce) und der Super-Pinguin // Copyright Tobis Film

Der Stoff, den der britische Regisseur Peter Cattaneo hier verfilmt hat, basiert wie gesagt auf einer wahren Geschichte. Videoaufnahmen des echten Tom Michell – der in Wahrheit viel jĂŒnger war, als der hier von Steve Coogan verkörperte – werden zu Beginn und zum Ende des Films hineingeschnitten. Im Vergleich zum Buch nehmen sich Cattaneo und sein Drehbuchautor Jeff Pope auch einige Freiheiten.

Tom (Steve Coogan) mit SchĂŒlern und Unterrichtshilfe // Copyright: Tobis Film

Der Großteil der politischen HintergrĂŒnde wird beispielsweise in der Vorlage kaum aufgegriffen, aber dient hier vor allem als Vehikel, um die Geschichte zur MilitĂ€rdiktatur und die schwierige Situation in dem Land zu erzĂ€hlen. Das ist durchaus löblich, denn man stelle sich vor, jemand wĂŒrde eine Schmonzette ĂŒber Deutschland im Ersten oder Zweiten Weltkrieg erzĂ€hlen, ohne diese jedoch wirklich zu erwĂ€hnen. Das wĂ€re kaum denkbar.

https://www.youtube.com/watch?v=L8SAoF15KLM (Opens in a new window)

So löblich dieses Vorgehen auch sein mag, in der Umsetzung ist das jedoch nur so halb gelungen. Ja, in der Form der HaushĂ€lterin MarĂ­a Álvarez (Vivian El Jaber) und ihrer Enkelin SofĂ­a (Alfonsina Carrocio) werden das Unrecht des Regimes und der Widerstand gegen dieses zwar gut vermittelt, aber gleichsam lauert hier auch eine gewisse Kitsch- und Klischeefalle. Leider sind die Macherinnen und Macher doch ein wenig in diese getreten und es stellt sich die Frage, ob es sich hier eher um eine sĂŒĂŸe Mensch-Tier-Geschichte oder doch ein mahnendes historisches Werk mit pinguiniöser Beigabe handeln soll.

Nichtsdestoweniger ist dieser bereits ab 6 Jahren freigegebene Film ein sehenswerter Beitrag zum Weltpinguintag 2025. Der Humor, den die Darsteller*innen – menschlich wie tierisch – vermitteln, lĂ€sst uns oft genug schmunzeln. Vermutlich braucht es angesichts von staatlich orchestriertem Terror gegen die eigene Bevölkerung eben auch immer ein wenig Ablenkung vom gefĂ€hrlichen Alltag.

HMS

PS: “Der Pinguin ist sicher kein Kommunist.”

PPS: Auf den Umsturz, die Revolution und Diktatur in der zweiten HĂ€lfte der 1970er-Jahre geht auch der kĂŒrzlich verstorbene Papst Franziskus in seiner hierzulande im Kösel Verlag erschienenen Autobiografie “HOFFE” ein. Mehr dazu in KĂŒrze


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DER PINGUIN MEINES LEBENS startet am 24. April 2025 im Kino.

DER PINGUIN MEINES LEBENS; Regie: Peter Cattaneo; Drehbuch: Jeff Pope, nach dem Roman von Tom Michell; Bildgestaltung: Xavi Giménez; Musik: Federico Jusid; Darsteller*innen: Steve Coogan, Vivian El Jaber, Alfonsina Carrocio, Jonathan Pryce, Björn Gustafsson, David Herrero, u. v. a.

Topic Film

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