KW 29 | 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,
sind KI-Browser die nächste Evolutionsstufe des Internets?
Stellen Sie sich einen Browser vor, der nicht nur Webseiten anzeigt, sondern sich eigenständig durchs Netz bewegt: Formulare ausfüllt, sich in Accounts einloggt, Produkte vergleicht und Reisen bucht. KI-Browser wie Dia (Öffnet in neuem Fenster), Comet von Perplexity (Öffnet in neuem Fenster) oder bald auch das angekündigte Pendant von Open AI (Öffnet in neuem Fenster)machen genau das möglich. Was bislang nach Science-Fiction klang, ist plötzlich Realität. Viele dieser Anwendungen sind jedoch bisher nicht frei verfügbar oder mit Kosten verbunden. In der 51° Nord- KI-Sprechstunde am 30.07. (Öffnet in neuem Fenster)stellen wir den Genspark AI Browser (Öffnet in neuem Fenster) vor, der Aufgaben wie Recherche, Vergleich und Informationsorganisation automatisiert und so das Springen zwischen Tabs reduziert. Es gibt sogar eine Funktion namens „Ruf für mich an“ – die KI telefoniert im Auftrag der Nutzerin, holt Auskünfte ein und gibt das Ergebnis direkt zurück.
Warum ist der Browser ein so wichtiger strategischer Absprungpunkt? Ganz einfach: Weil er uns so gut kennt. Die Menge an persönlichen Informationen, die über den Browser gesammelt wird, macht ihn zu einem Gatekeeper in der digitalen Welt. Kein Wunder, dass das KI-Browser-Wettrennen (Öffnet in neuem Fenster) um unsere Daten und unsere Aufmerksamkeit in vollem Gange ist.
Zwar gibt es bereits Browser mit integrierten KI-Funktionen – etwa durch smarte Suchvorschläge, Textzusammenfassungen oder Chatbot. Doch die neuen KI-Browser sind keine herkömmlichen Browser mit ein bisschen KI. Sie sind von Grund auf AI-first konzipiert. Künstliche Intelligenz steht hier im Zentrum der Anwendung, nicht als Nebenfunktion. Der Browser wird somit zum Agenten – einem Assistenten, der nicht nur reagiert, sondern aktiv handelt.
Das agentische Prinzip bedeutet: Der Nutzer gibt eine Aufgabe ein – etwa „Buche ein Urlaubsziel in Österreich, das mir gefallen könnte“ – und der Browser erledigt den Rest. Er öffnet Webseiten, durchsucht Angebote, befüllt Formulare und führt Aktionen aus. Über die Reichweite der Aktionen – ob ich lediglich einen Buchungsvorschlag erhalte oder ob der Browser die Buchung für mich auch abschließt – entscheidet der Nutzer. Das macht er immer häufiger, ohne einen genaueren Blick auf die durchsuchten Webseiten zu werfen. Was zählt, ist die Zusammenfassung, die er erhält, nicht der Weg dorthin.
KI-Browser stellen auch Bildungsanbieter vor einige zentrale Herausforderungen:
Ein KI-Browser wird nicht nur alltägliche Aufgaben erledigen, sondern auch in spezialisierten Bereichen wie der Bildung aktiv werden. Stellen Sie sich vor, der Browser würde sich automatisch in eine Lernplattform einloggen, anstelle des Nutzers Prüfungsfragen beantworten oder sich sogar in Chats mit anderen Lernenden austauschen – ganz im Einklang mit den Anforderungen des Online-Kurses.
Was passiert, wenn KI nicht nur öffentlich zugängliche Informationen durchsucht, sondern auch auf geschützte Inhalte zugreift? Viele Plattformen im Bildungsbereich arbeiten mit Abomodellen oder Paywalls. Ein KI-Browser, der auf gespeicherte Login-Daten und Zahlungsinformationen zugreifen kann, ist auch in der Lage, sich automatisch anzumelden und Inhalte systematisch auszulesen. Doch selbst ohne solche Zugangsdaten verschaffen sich KI-Browser bereits bemerkenswert weitreichenden Zugriff: Der Publizist Henk van Ess (Öffnet in neuem Fenster) zeigt, dass Chat GPT, Perplexity und XAIs Grok in rund 50 % der Fälle Paywalls erfolgreich umgehen – Claude von Anthropic liegt immerhin bei 35 %.
In einer solchen Welt geht digitale Sichtbarkeit weit über gutes Webdesign oder SEO hinaus. Wer Inhalte in Zukunft erfolgreich vermitteln möchte, muss sicherstellen, dass sie maschinenlesbar, agentenverständlich und funktional eingebettet sind. Der „Nutzer“ von morgen (oder bereits von heute?) ist nicht mehr nur ein Mensch, der mit der Maus auf Webseiten klickt, sondern eine KI, die nur dann zugreift, wenn Inhalte KI-optimiert sind.
Für Bildungsanbieter bedeutet das nicht nur eine strategische Herausforderung, die eigenen Inhalte zu schützen und sichtbar zu machen, sondern auch eine qualitative. Mit dem Aufkommen von agentischen KI- Browsern wird die Art und Weise, wie Inhalte präsentiert werden, zunehmend algorithmisch gefiltert und verdichtet. Dadurch entsteht die Gefahr, dass differenzierte Perspektiven, kulturelle Vielfalt und Beiträge marginalisierter Gruppen weniger sichtbar werden. Dies könnte langfristig die Qualität und Tiefe von Bildungs- und Medieninhalten gefährden.
Um nicht von diesen schnellen Entwicklungen überholt zu werden, ist es für Sie als Führungskraft im Bildungsbereich entscheidend, ein vertieftes Verständnis von KI zu entwickeln. Nur so bleiben Sie in der Lage, fundierte Entscheidungen für die Zukunft der eigenen Organisation zu treffen, ohne sich bei jeder Umdrehung des Schwungrades KI neu aufstellen zu müssen.
Sprechen Sie uns gerne für Fortbildungen, Tagungen und Coachings an.
Ihr 51° Nord-Team
David Röthler, Christiane Carstensen und Sonya Dase
51° Nord ist eine Gemeinschaftsredaktion von Milenu (Öffnet in neuem Fenster) und Dase & Carstensen (Öffnet in neuem Fenster)
Was Sie im aktuellen Infobrief erwartet:
Alles nicht so wild: Was der EU AI Act wirklich verlangt
Open AI testet Study-Together-Feature
Buchhaltung 2025: Was KI leisten kann – und was nicht
KI-Videos mit Ton generieren – Veo 3 jetzt auch in Deutschland verfügbar
Urheberrecht: Was darf ich mit KI und was nicht?
Sprachmodelle haben Vorurteile – und sie zeigen sie, wenn’s ums Gehalt geht
human in der Signatur. Weil es nicht mehr selbstverständlich ist
Events, Tagungen, Workshops und mehr zu KI und Erwachsenenbildung in Deutschland und Österreich
Bei 51° Nord zu Gast
51° Nord KI-Sprechstunde
Alles nicht so wild: Was der EU AI Act wirklich verlangt
Der EU AI Act ist in aller Munde – meist mit Schlagworten wie „Bürokratie“, „Regulierungsflut“ oder „Angst vor KI“. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen erst einmal mit Stirnrunzeln auf die neuen Vorgaben reagieren. Doch ein genauer Blick lohnt sich. Denn gerade im Bereich Schulung und Kompetenzaufbau verlangt die Verordnung weit weniger, als viele denken. Orientierung bietet – zumindest für den bundesdeutschen Raum – ein Papier der Bundesnetzagentur (Öffnet in neuem Fenster).
Gut zu wissen: Der Gesetzgeber verlangt keine One-size-fits-all-Lösung. Die Verordnung macht keine Vorgaben zu festen Formaten oder Zertifizierungen. Ob intern oder extern, Selbstlernprogramm, Workshop oder mehrstufiges Fortbildungsmodell – erlaubt ist, was zum eigenen Bedarf, zum eingesetzten KI-System und zum Wissensstand der Beteiligten passt.
Auch formale Rollen wie KI- oder Compliance-Beauftragte sind nicht vorgeschrieben. Dennoch ist es empfehlenswert, Zuständigkeiten klar zu regeln – sei es im bestehenden Team oder mit externer Unterstützung. Denn ein strukturierter, kontinuierlicher Kompetenzaufbau gelingt in der Regel dann besonders gut, wenn er verbindlich koordiniert wird.
Die Bundesnetzagentur empfiehlt außerdem, die ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung von KI-Kompetenz nachvollziehbar zu dokumentieren. So können Organisationen im Bedarfsfall belegen, dass sie ihre Verantwortung im Sinne des Artikels 4 des EU AI Acts ernst nehmen – gerade mit Blick auf mögliche Risiken und Sorgfaltspflichten.

Open AI testet Study-Together-Feature
Open AI erprobt derzeit ein neues Feature namens Study Together (Öffnet in neuem Fenster)
innerhalb von ChatGPT. Es handelt sich um eine Funktion, die aktuell offenbar nur einem ausgewählten Kreis von Nutzern testweise zur Verfügung steht. Eine breite Freischaltung oder offizielle Ankündigung durch Open AI liegt bislang nicht vor.
Das Feature unterstützt Lernprozesse, indem es Aufgaben schrittweise strukturiert, Rückfragen stellt und Lernende durch Themen begleitet. Ziel scheint es zu sein, die eigenständige Auseinandersetzung mit Inhalten zu fördern. Konkrete technische Details oder didaktische Zielsetzungen wurden von Open AI bislang nicht veröffentlicht.
Einige Nutzer berichten zudem von der Möglichkeit, Lerninhalte gemeinsam mit anderen zu bearbeiten. Inwiefern diese kooperative Nutzung Bestandteil der Testversion ist oder später breiter zugänglich gemacht wird, bleibt offen.
Die zeitliche und funktionale Einordnung der Beta-Phase ist derzeit nicht klar. Ob es sich um einen reinen Testbetrieb handelt oder um die schrittweise Einführung produktiver Funktionen, lässt sich nach aktuellem Stand nicht verlässlich beurteilen. Die Abgrenzung zwischen experimentellem und dauerhaftem Einsatz ist nicht spezifiziert.
Buchhaltung 2025: Was KI leisten kann – und was nicht
KI übernimmt zunehmend Aufgaben im Bereich der Buchhaltung – von der automatisierten Erkennung von Belegen bis hin zur Vorbereitung steuerrelevanter Unterlagen. Doch wie weit reicht diese Unterstützung tatsächlich? Und kann KI die Steuerberatung langfristig ersetzen?
In einem kurzen informativen Video des Mittelstandzentrums Digital Berlin (Öffnet in neuem Fenster) erfahren Sie, wie moderne Buchhaltungssoftware mit KI arbeitet: Welche Tools Belege automatisch erfassen und vorkontieren, welche Anbieter bereits auf KI setzen – und an welchen Punkten menschliche Expertise weiterhin unverzichtbar bleibt.
KI-Videos mit Ton generieren – Veo 3 jetzt auch in Deutschland verfügbar
Seit Kurzem ist das Videogenerierungsmodell Veo 3 auch in Deutschland freigeschaltet – verfügbar für alle Nutzer von Manus (Öffnet in neuem Fenster) als auch für Nutzer des kostenpflichtigen Google AI Pro-Abos (Öffnet in neuem Fenster). Damit lassen sich erstmals KI-generierte Videos mit Ton erstellen, inklusive Umgebungsgeräuschen oder Dialogen (Öffnet in neuem Fenster).
Die Clips sind bis zu acht Sekunden lang und eröffnen neue Möglichkeiten für kreative oder prototypische Anwendungen. Alle Videos enthalten ein sichtbares Wasserzeichen sowie ein unsichtbares digitales SynthID-Wasserzeichen, das ihre KI-Herkunft kennzeichnet. Pro Tag können Nutzer eine begrenzte Anzahl an Videos generieren.
Urheberrecht: Was darf ich mit KI und was nicht?
Viele Unternehmen stehen vor genau dieser Frage. Gut, dass es Formate gibt, die Orientierung geben, ohne zu überfordern. Eines davon ist der Podcast Praetorius und Ulbricht (Öffnet in neuem Fenster), in dem der Medienunternehmer Michael Praetorius und der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht regelmäßig Klartext sprechen – fundiert, verständlich und praxisnah.
Besonders hörenswert ist die Folge zur rechtssicheren Nutzung und Veröffentlichung von KI-generierten Inhalten. Hier geht es nicht um abstrakte Rechtsbegriffe, sondern um konkrete Fragen aus dem Arbeitsalltag: Was darf ich posten, verwenden oder teilen? Darf ich aus Porträts einfach so sprechende Avatare machen? Welche Tools sind unbedenklich – und wo wird’s heikel?
Die Antworten sind differenziert, aber klar. Und genau deshalb ist der Podcast eine echte Empfehlung für alle, die sich rund um KI rechtssicher bewegen wollen.
Sprachmodelle haben Vorurteile – und sie zeigen sie, wenn’s ums Gehalt geht
Eine neue Studie der TH Würzburg-Schweinfurt zeigt, dass moderne Sprachmodelle wie GPT-4o oder Claude 3.5 Frauen bei Gehaltsverhandlungen systematisch niedrigere Beträge vorschlagen als Männern – trotz identischer Qualifikationen.
Die Verzerrung betrifft laut Studie auch Menschen mit Migrationshintergrund oder dunkler Hautfarbe. Solche Vorurteile in KI-Systemen gelten als bekanntes Problem. Selbst wenn Nutzer ihr Geschlecht nicht angeben, können Modelle aufgrund vorheriger Eingaben Rückschlüsse ziehen – und so Diskriminierung verstärken. Spektrum (Öffnet in neuem Fenster)

Human in der Signatur. Weil es nicht mehr selbstverständlich ist
Wenn sich unsere Gesellschaft wandelt, verändert sich auch unsere Sprache – oft leise, manchmal provokant, aber immer bedeutsam. Sprache ist nicht nur Spiegel dieser Veränderungen, sie gestaltet sie auch mit. Und umgekehrt zeigt sie, dass Wandel bereits stattgefunden hat.

Eine Terminübersicht zu Fortbildungen, Events und Tagungen zu KI, Bildung und Bildungsmanagement finden Sie hier (Öffnet in neuem Fenster) als kostenfreien Download.
Neu eingetragene Termine:
09.10.25
6. KI-Landeskonferenz (Öffnet in neuem Fenster)
Fokus auf Künstliche Intelligenz im Bereich Gesundheit und Medizin
Lübeck
06.11.25
Künstlich. Intelligent. Authentisch? KI in der Unternehmenskommunikation. (Öffnet in neuem Fenster)
10.00–11.30 Uhr, online
Mittelstandszentrum Digital-Berlin
25.11.25
Digitaltag Zentralschweiz (Öffnet in neuem Fenster)
Luzern

Bei 51° Nord zu Gast
Mit unserem Juli-Gast sind wir noch in der Terminfindung.
27.08.25 von 17–18 Uhr
Wir haben einen Gast eingeladen, der mit uns zu KI, Marketing und digitaler Sichtbarkeit von Bildungsanbietern ins Gespräch kommt.
Infos folgen.
Anmeldung (Öffnet in neuem Fenster) kostenfrei

Monatliche 51° Nord-KI-Sprechstunde
Eine bunte Mischung: Wir führen neue Tools und Anwendungen vor – Sie bringen konkrete Fragen aus Ihrer beruflichen Praxis mit …
Per Zoom.
Nächster Termin für die KI-Sprechstunde
Ein besonders spannendes Tool, das wir in der KI-Sprechstunde live vorstellen werden, ist der Genspark Agent (Öffnet in neuem Fenster).
30.07.25 von 11.00–12.00 Uhr
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