
Liebe Leserin, lieber Leser,
derzeit spüren wir eine wachsende Verunsicherung. Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger finden schwerer ihren Platz, weil Tätigkeitsprofile sich rasch verändern. Erfahrene Fachkräfte fragen sich, welche ihrer Kompetenzen morgen noch zählen. Viele erleben, dass KI Routineaufgaben übernimmt und zugleich neue Unsicherheiten schafft. Wissen ist ständig verfügbar, Antworten scheinen jederzeit abrufbar und dennoch bleibt das Gefühl, viel zu wenig zu verstehen. Immer stärker wächst das Empfinden, mit dem Tempo der Veränderung nicht mehr Schritt halten zu können.
Absurderweise erkennen wir als Bildungsanbieter in dieser Verunsicherung nicht den Auftrag an uns. Wir agieren, als beträfe sie uns nicht. Wir machen mit dem weiter, was wir bisher gemacht haben, und nutzen KI vorwiegend als Autoren-Tool: Thema anklicken, Niveaustufe auswählen, Aufgabentyp wählen, fertig ist das Arbeitsblatt. Echte KI-Kompetenz sieht anders aus.
Doch in der Verunsicherung benötigen wir alle Räume, in denen wir unsere Orientierung wiederfinden können. Räume, in denen wir unsere Antworten entwickeln können, Räume, in denen wir neue Wege ausprobieren und das eigene Lernen weiterentwickeln können.
In jeder Branche, in jeder Kommune, in jedem Landkreis braucht es Bildungsakteure, die genau dieses Feld besetzen: das Feld, in dem der Weg von der Unsicherheit zur Handlung, von der Veränderung hin zur Kompetenzentwicklung gefunden wird.
Und auch wenn viel Neues um uns herum entsteht, so muss gerade das Lernen nicht neu erfunden werden: Wir wissen schon lange viel darüber, schauen aber seit Jahrzehnten nur aufs Lehren. Nach wie vor gehen wir von der irrigen mechanistischen Vorstellung aus, dass es einen kausalen Bezug zwischen Lehren und Lernen gibt: Je mehr Stoff ich in den Unterricht einbringe, desto mehr kommt bei den Lernenden an.
Darauf weist auch John Hattie (Öffnet in neuem Fenster) hin und verschiebt aktuell den Fokus seiner Studien vom Lehren auf das Lernen. Und Yvonne Behnke führt uns mit ihrem Bestseller Lernmythen (Öffnet in neuem Fenster) eindrucksvoll vor Augen, wie wenig wir selbst als Bildungsprofis über das Lernen wissen.
Wo stehen wir also als Bildungsorganisationen in einer von KI geprägten Welt? Wir müssen nicht nur unsere Geschäftsmodelle, sondern mit ihnen auch die eigene Personalentwicklung und den Kompetenzaufbau neu ausrichten.
Es geht nicht darum, einzelne KI-Tools zu beherrschen, sondern zu Expertinnen und Experten für Lernprozesse in einer sich wandelnden Arbeits- und Lernwelt zu werden.
Wer diese Entwicklung erkennt und seine Angebote jetzt darauf ausrichtet, besetzt ein Feld, das in den kommenden Jahren immer stärker an Bedeutung gewinnen wird.
Wir unterstützen Sie gern mit Workshops, Keynotes, Moderation und Coaching.
Sprechen Sie uns an.
David Röthler, Christiane Carstensen und Sonya Dase
51° Nord ist eine Gemeinschaftsredaktion von Milenu (Öffnet in neuem Fenster) und Dase & Carstensen (Öffnet in neuem Fenster).
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Was Sie im aktuellen Infobrief erwartet:
OpenAI integriert Lern- und andere Apps in Chat GPT
Josh Bersin: OpenAI dropped a bomb on the learning market
Open AI veröffentlicht neue Video-KI
Wenn die KI zum Marktplatz wird
Podcast-Tipp: John Hattie zu Gast bei Bob Blume
Perplexity Comet: Vom Browser zum persönlichen KI-Assistenten!?
Vom Text- zum World-Modell
Chat GPT dominiert, aber Gemini holt auf
Events, Tagungen, Workshops und mehr zu KI und Erwachsenenbildung

OpenAI integriert Lern- und andere Apps in Chat GPT
OpenAI baut Chat GPT aktuell zu einer Plattform um (Öffnet in neuem Fenster), auf der Apps von Spotify über Booking bis hin zu Coursera direkt im Chat verfügbar sind. Damit öffnet sich ein neues Spielfeld, in dem nicht nur Unterhaltung und Services, sondern auch Lernanwendungen unmittelbar im Dialog mit der KI stattfinden können. Wer lernen will, muss künftig vielleicht keine eigene Lernplattform mehr öffnen, sondern bekommt Übungen, Kurse oder Feedback direkt im Chat angeboten.
Diese neue Funktion ist bislang noch nicht in der EU ausgerollt, aber sie markiert eine deutliche Verschiebung der Marktlogik, die auch uns betrifft. Bildung wird Teil eines größeren LLM-Ökosystems, in dem Lernen nicht mehr isoliert organisiert, sondern direkt eingebettet in Chats stattfindet. Sollten künftig neben Coursera auch andere Anbieter wie Babbel oder andere Lernplattformen integriert werden, verändert das nachhaltig, wie Lernangebote entstehen, genutzt und bewertet werden. Eine Entwicklung also, die man aufmerksam beobachten sollte, und das tun wir gerne für Sie: In unseren Fortbildungen zur KI Literacy schauen wir gezielt auf solche strategischen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Bildungsarbeit.
Wer die EU-Bindung seiner KI-Tools umgehen und schon mal spicken möchte, was in den USA bereits möglich ist, kann dies über kostenlose VPN-Anwendungen wie z.B. ZenMate (Öffnet in neuem Fenster) tun.
Josh Bersin ordnet die Entwicklung in seinem Podcast so ein: OpenAI just dropped a bomb on the learning market. (Öffnet in neuem Fenster)
Open AI veröffentlicht neue Video-KI
Sora 2 ist die neue Version von Open AIs KI-Video-Modell. Sie soll komplexe physikalische Szenen konsistenter darstellen können wie etwa fließendes Wasser, Sportbewegungen oder das Aufwirbeln von Sand. Ziel ist, längere und logisch zusammenhängende Sequenzen zu erzeugen, die filmischer wirken und Ton, Geräusche sowie Stimmen direkt integrieren.
Neu ist auch eine sogenannte Cameo-Funktion, mit der man sein eigenes Abbild auf Grundlage einer Referenzaufnahme in eine generierte Szene einfügen lassen kann. Damit will OpenAI der realitätsnahen, personalisierbaren Simulation ganzer Szenen näherkommen, auch wenn die physikalische Genauigkeit und Stabilität solcher Darstellungen noch begrenzt bleibt.
Allerdings erfolgt die Einführung gestaffelt. Aktuell ist Sora 2 nur in ausgewählten Regionen per Einladung verfügbar. In Deutschland ist das Modell noch nicht freigeschaltet. heise (Öffnet in neuem Fenster)
Auch hier: Wer die EU-Bindung seiner KI-Tools umgehen und schon mal spicken möchte, was in den USA bereits möglich ist, kann dies über kostenlose VPN-Anwendungen wie z.B. ZenMate (Öffnet in neuem Fenster) tun.
Wenn die KI zum Marktplatz wird
Open AI hat mit Instant Checkout eine Funktion eingeführt, die den Onlinehandel grundlegend verändern dürfte: Nutzer können Produkte direkt im Chat mit Chat GPT ohne Umweg über Shop-Websites oder Zahlungsportale suchen, auswählen und kaufen. Damit wird der Chat selbst zum Marktplatz. Zunächst in den USA, EU wird folgen.
Diese Entwicklung markiert den Beginn des sogenannten Agentic Commerce. KI-Plattformen übernehmen eigenständig Einkaufsprozesse. Chat GPT wird so vom Informationswerkzeug zum Handlungsakteur und positioniert sich als neuer Gatekeeper zwischen Konsumenten und Anbietern. Für den Onlinehandel bedeutet das, dass Sichtbarkeit und Umsatz künftig davon abhängen, ob ein Produkt im KI-Schaufenster auftaucht.
Was heute mit physischen Produkten beginnt, kann morgen auf Dienstleistungen und Bildung übergreifen. Wenn Chat GPT Gartenmöbel verkauft, warum nicht auch Sprachkurse, Weiterbildungen oder Coaching-Angebote? Bildungsanbieter müssen sich darauf einstellen, dass Lernangebote künftig über KI-Plattformen vermittelt, bewertet und vielleicht auch direkt gebucht werden könnten. Wer sichtbar bleiben will, sollte verstehen, wie diese Systeme Empfehlungen gewichten, und welche Rolle eigene Daten, Bewertungen und Schnittstellen dabei spielen. carpathia (Öffnet in neuem Fenster)
Podcast-Tipp: John Hattie zu Gast bei Bob Blume
Im Podcast von Bob Blume spricht John Hattie (Öffnet in neuem Fenster) darüber, dass nicht Technik oder neue Tools den Unterschied machen, sondern die Haltung und das Verständnis dessen, wie Lernen wirklich entsteht.
Er zeigt, dass wir uns in der Bildung oft zu sehr auf das Lehren konzentrieren. Lehrkräfte können meist genau erklären, wie sie unterrichten, aber kaum, wie Lernen tatsächlich funktioniert. Hattie fordert, der Didaktik ihre lange vergessene Schwester an die Seite zu stellen: die Mathetik, die Kunst des Lernens. Denn Lernen wird dann wirksam, wenn Lehrkräfte neugierig dafür werden, was in den Köpfen der Lernenden passiert.
Warum das gerade so wichtig wird? Weil generative KI verändert, wo und wie wir lernen. Wenn wir das nicht gut im Blick behalten, optimieren wir mit KI eine Didaktik, die ins Leere zielt.

Perplexity Comet: Vom Browser zum persönlichen KI-Assistenten!?
Perplexity, ursprünglich als KI-Suchmaschine gestartet, erweitert sein Portfolio und mischt seit kurzem mit dem Browser Comet (Öffnet in neuem Fenster) den Markt auf. Der Dienst war bisher kostenpflichtig, ist jetzt aber in der Grundversion für alle gratis. Wer studiert oder an einer Schule oder Hochschule arbeitet, kann die Pro-Version ein Jahr lang kostenlos nutzen. Bildungseinrichtungen können sich registrieren lassen, um in die Liste der teilnehmenden Institutionen aufgenommen zu werden.
Comet markiert den Wandel von der Suchmaschine zum handelnden Assistenten. Statt nur Links zu liefern, fasst er Inhalte zusammen, bewertet sie im Kontext und kann eigenständig handeln, z.B. Termine eintragen oder Buchungen ausführen. Möglich wird das u.a. durch eine Anbindung des Browsers an das Mailprogramm oder den Kalender.
Perplexity verspricht: Viele Prozesse liefen lokal und persönliche Daten würden nur mit Zustimmung eingebunden. Dennoch bleibt Datenschutz gerade bei einem jungen US-Unternehmen Vertrauenssache. Wer Comet im Unternehmenskontext nutzen möchte, sollte sich vorab gründlich informieren. netz-trends (Öffnet in neuem Fenster) bietet hierzu eine fundierte Einordnung.
Vom Text- zum World-Modell
Während Sprachmodelle wie Chat GPT derzeit große Aufmerksamkeit erfahren, verschiebt sich im Hintergrund der Fokus vieler Tech-Konzerne: Weg von rein textbasierten Systemen hin zu sogenannten World-Modellen. Diese KI-Modelle sagen nicht mehr das nächste Wort vorher, sondern den nächsten physikalischen Zustand einer Umgebung, beispielsweise wie sich ein Objekt bewegt oder wie sich Handlungen auf eine Szene auswirken. Das Ziel sind KI-Systeme, die in realen oder simulierten Prozessen und Umgebungen handeln können.Noch sind diese Technologien fehleranfällig und benötigen immense Rechenressourcen. Der technologische Pfad ist zwar unsicher, aber er ist eingeschlagen. Und er wird politisch und ökonomisch forciert, nicht zuletzt, weil die physische Wirtschaft von Bau und Produktion über Pflege bis hin zur Mobilität ein vielfach größerer Markt ist als die digitale Textverarbeitung.
Wenn KI nicht nur auf Sprache reagiert, sondern die physische Welt simulieren kann, dann verändert sich auch die Art, wie und wo wir lernen. F.A.Z. (Öffnet in neuem Fenster)
Chat GPT dominiert, aber Gemini holt auf
Chat GPT bleibt mit großem Abstand die meistgenutzte KI-Plattform, doch Google Gemini holt deutlich auf. Der Markt konzentriert sich zunehmend auf diese beiden Anbieter, während andere Systeme kaum eine Rolle spielen. the decoder (Öffnet in neuem Fenster)

Terminübersicht zu KI und Erwachsenenbildung
Die vollständige Terminübersicht zu Fortbildungen, Events und Tagungen rund um KI, Erwachsenenbildung und Bildungsmanagement finden Sie hier. (Öffnet in neuem Fenster)
Neu eingetragen:
21.10.25
KI-Sprechstunde 51° Nord (Öffnet in neuem Fenster)
14–15 Uhr, online, kostenfrei
Wir bitten um Anmeldung (Öffnet in neuem Fenster), damit wir besser planen können. Wie immer zeigen wir live verschiedene Tools und Use Cases und sind offen für Ihre Fragen.
11./12.03.26
SVEB-Hackathon KI in der Weiterbildung (Öffnet in neuem Fenster)
Zürich.
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