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đŸ”„ ADHS am Herzschlag ablesbar?

Was eine neue Studie ĂŒber Arousal-Dysregulation verrĂ€t

Viele Erwachsene mit ADHS beschreiben es so: Entweder ist das Gehirn stĂ€ndig auf 180, oder es fĂŒhlt sich an, als wĂŒrde es gar nicht in die GĂ€nge kommen. Fachlich nennen wir das Arousal-Dysregulation – eine instabile Steuerung von Wachheit und Aktivierung.

Eine neue japanische Pilotstudie hat jetzt untersucht, ob sich diese Besonderheit im Herzschlag messen lĂ€sst – genauer gesagt in der HerzratenvariabilitĂ€t (HRV). Und tatsĂ€chlich zeigt sich ein auffĂ€lliges Muster, das ADHS von neurotypischen Personen unterscheidet.

Was wurde untersucht?

Die Forschenden haben 20 Erwachsene mit ADHS und 20 Kontrollpersonen verglichen. Alle mussten ein kurzes 3-Phasen-Protokoll absolvieren:

  1. Ruhephase (Sitzen, nichts tun)

  2. Aufgabe (zufÀllige Zahlen laut aufsagen)

  3. Erholung nach der Aufgabe

WĂ€hrenddessen wurde mit einem kabellosen EKG die HerzratenvariabilitĂ€t (HRV) gemessen – also die winzigen Schwankungen zwischen den HerzschlĂ€gen, die zeigen, wie Sympathikus („Gas“) und Parasympathikus („Bremse“) zusammenspielen.

Ergebnisse in KĂŒrze

👉 Kontrollgruppe:

  • In Ruhe: normale Balance.

  • Unter Aufgabe: LF/HF-Wert stieg (mehr „Gas“).

  • Danach: RĂŒckkehr zur Ausgangslage.

👉 ADHS-Gruppe:

  • In Ruhe: schon höheres LF/HF → mehr Grundspannung.

  • Unter Aufgabe: kein weiterer Anstieg → Nervensystem schaltet nicht flexibel hoch.

  • Danach: ebenfalls keine deutliche Anpassung.

Interessant: Puls und vagale AktivitĂ€t (HF, die „Bremse“) reagierten bei beiden Gruppen gleich – der Grundmechanismus der Belastungsreaktion ist also intakt. Was sich unterscheidet, ist die Feinregulation der Balance.

Was heißt das konkret?

  • Erwachsene mit ADHS haben in Ruhe ein Herz, das bereits mehr „unter Strom“ steht.

  • Wenn eine Aufgabe kommt, fehlt aber die normale Anpassungsreaktion – sie können nicht so flexibel nachregeln.

  • Genau dieses Muster passt zur Alltagserfahrung vieler Betroffener: immer ein bisschen angespannt, aber nicht unbedingt leistungsfĂ€higer, wenn es drauf ankommt.

Die Forschenden sehen darin einen möglichen autonomen Biomarker fĂŒr ADHS – also ein physiologisches Muster, das helfen könnte, die Arousal-Dysregulation objektiv sichtbar zu machen.

Grenzen der Studie

  • Kleine Stichprobe (20 vs. 20 Personen) → Ergebnisse sind vorlĂ€ufig.

  • Viele ADHS-Teilnehmende hatten KomorbiditĂ€ten (Autismus, Depression), die ebenfalls das autonome Nervensystem beeinflussen können.

  • Medikamente (z. B. Atomoxetin, Guanfacin) wurden nicht komplett abgesetzt – auch das kann die HRV beeinflussen.

  • Die Interpretation des LF/HF-Wertes ist wissenschaftlich umstritten; wichtiger ist das Muster ĂŒber die ZustĂ€nde.

Fazit

Die Studie liefert erste Hinweise, dass die typische Arousal-Dysregulation bei ADHS auch am Herzschlag ablesbar ist:

  • In Ruhe zu viel Gas (erhöhtes LF/HF)

  • Bei Belastung keine flexible Anpassung

Damit könnte HRV kĂŒnftig als Zusatzinstrument in Diagnostik, Coaching oder Biofeedback-AnsĂ€tzen spannend werden. Noch ist es aber keine etablierte Methode, sondern ein vielversprechender Forschungsansatz.

📚 Quelle:
Takeda M, Takeda T, Shinba T. Autonomic characterization in adults with attention deficit hyperactivity disorder assessed by heart rate variability measurement during a three-behavioral state paradigm: A pilot study. Psychiatry Clin Neurosci Rep. 2025;4:e70176. doi:10.1002/pcn5.70176 (Öffnet in neuem Fenster)

👉 Frage an dich: WĂŒrdest du dir wĂŒnschen, dass Diagnostik und Coaching bei ADHS mehr mit objektiven Körperdaten wie HRV arbeiten – oder bleibst du skeptisch?

LG Martin đŸ§ đŸ’ĄđŸŒˆđŸ‘„đŸ—ŁïžâœšđŸ”—đŸŽšđŸ’ŹđŸš€
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