Versuch eines Manifests für, ja, die Freiheit
Sie agieren nicht nur mit Stiefeln und Fackeln - sondern auch mit Likes und Hashtags. Der Faschismus 2.0 trägt oft Anzug, spricht von "Sorgen der Menschen" und sitzt in unseren Parlamenten. Er attackiert und ignoriert die Gewaltenteilung, setzt auf die "Reinheit des Volkskörpers" ganz wie die Antisemiten des 19. Jahrhunderts und tarnt sich dabei als "gesellschaftliche Mitte".
Er projiziert eigene Tendenzen zur Barbarei auf andere, die er an den Grenzen Europas freudig verrecken lässt. Er beruft sich auf die Aufklärung und doch läge ihm nichts ferner, als Kants Diktum zu befolgen: Jeder Mensch sei als Zweck an sich selbst zu behandeln, niemals nur als Mittel zu etwas. Dieses Denken Kants traktiert die radikale Rechte zusammen mit "Liberalo-Konservativen" durch fortwährendes Hohngelächter. Sie hassen die Freiheit aller gleichermaßen und wollen nur die jener mehren, die ohnehin schon mächtig und besitzend sind.
Der Neofaschismus operiert mit Künstlicher Intelligenz, nutzt diese zur Diskreditierung großer Bevölkerungsgruppen in sozialen Netzwerken, markiert sie als "innere Feinde" und räumt dabei aktiv die Zivilgesellschaft ab – jenen vorparlamentarischen Raum, in dem sich politische Willensbildung in Vereinen und NGOs formiert. Er will die totale Herrschaft rechter Think Tanks und distribuiert deren Konzepte in "alternativen Medien" so lange, bis sie - immer schneller - in die etablierten Medien einsickern.
Die Rückkehr der Schatten
Der Neofaschismus kriecht nicht mehr nur an den Rändern unserer Gesellschaften entlang. Er hat sich in die Legislative gewählt, in die Medien eingekauft und in die Köpfe der Menschen eingenistet. Er tarnt sich als "Sorge um die Heimat", als "Schutz vor dem Fremden", als "Rückkehr zu traditionellen Werten" – doch unter dieser Maske verbirgt sich das alte, vertraute Gesicht der Unterdrückung.
Als queerer Künstler und Philosoph, als Medienmacher, der in der Kommunikation zwischen Deutschland und Frankreich zu Hause ist, erkenne ich die Mechanismen der Ausgrenzung besonders deutlich.
Der Neofaschismus braucht den Anderen, um sich selbst zu definieren. Er braucht uns – die Künstler, die Queeren, die Migrant*innen, die Rassifizierten, die Intellektuellen, die Andersdenkenden – als Projektionsfläche für seine eigenen Ängste. Eben das ist der "Schatten": Das kollektive Ego glaubt wahnhaft, das aus dem Eigenen Verdrängte im zu bekämpfenden Anderen zu sehen.
Hier und da tut er noch so, als würde er uns dulden. Doch seine Zerrbilder dessen, was wir angeblich an "Zersetzendem" anrichten würden – wo wir doch nur Pluralität bewirken, eine Vielfalt der Möglichkeiten zu sein, zu denken und zu erschaffen –, seine kollektivpsychotischen Fantasien sind es, die tatsächlich zerstören. Soziale Infrastrukturen, Kooperation zwischen Verschiedenen in Lebenswelten, das einvernehmliche Miteinander in den Nachbarschaften der Metropolen – das sind die tatsächlichen Feindbilder dieser mit Hilfe sozialer Medien aufgeblasenen Kampagnen.
Die mittels KI generierten reaktionären Meme sollen sich vor jede Möglichkeit der Empathie, des Mitgefühls schieben, auf dass in jede Kommunikation der Hass der Gleichen auf das Andere eindringt. So produzieren sie Stereotype, um die Individuen dahinter zum Verschwinden zu bringen. Damit alle nur noch Mittel zu etwas sind, niemand mehr als Zweck an sich selbst anerkannt wird. Es soll produziert werden, was Hannah Arendt als Kern totaler Systeme beschrieben hat: vollständige Entrechtung und Entmenschlichung.
Die Macht der Diskurse
Michel Foucault lehrte uns, dass Macht nicht nur unterdrückt, sondern auch produziert – Wissen, Diskurse, Subjekte. Der Neofaschismus unserer Zeit ist ein Meister dieser produktiven Macht. Er erschafft neue "Wahrheiten" über Reinheit und Identität, über Bedrohung und Sicherheit. Er formt Subjekte, die sich ihrer eigenen Unterwerfung freiwillig hingeben.
Doch wo Macht ist, ist auch Widerstand. Jeder Diskurs trägt seine eigene Subversion in sich. Unsere Aufgabe als Kulturschaffende ist es, diese Risse sichtbar zu machen, alternative Narrative zu entwickeln, andere Formen des Zusammenlebens zu imaginieren. Eben dafür plädiere ich hier.
Tatsächlich haben die Neofaschisten ihren Foucault gelesen, wenn sie von "Verengung des Meinungskorridors" parlieren und scheinbar reflektieren, dass Wahrheitstechniken und eine für alle geltende Moral den "gesunden Menschenverstand" unterjochen würden. Ein willentliches Missverstehen Foucaults: Seine Attacken galten der Normalisierungsmacht, einer Gleichschaltung aller, die sich nicht heteronormativer, weißer und männlicher Macht beugen wollen. Sie tun durchgängig selbst, was sie anderen ankreiden: canceln, verbieten, unterdrücken, nivellieren, Gegner ausschalten.
Die Verantwortung der Freiheit
Sartre erinnerte uns daran, dass wir zur Freiheit verurteilt sind – und damit zur Verantwortung. Wir können nicht behaupten, wir hätten keine Wahl. Jeden Tag wählen wir neu, wer wir sein wollen, wie wir handeln, für welche Werte wir einstehen.
Der Neofaschismus verspricht die Befreiung von dieser Last der Verantwortung. Er bietet einfache Antworten, klare Hierarchien, die Gewissheit der Zugehörigkeit zu einer "reinen" Gemeinschaft. Doch dieser Tausch – Freiheit gegen Sicherheit, Komplexität gegen Einfachheit, Verantwortung gegen Gehorsam – ist ein Pakt mit dem Teufel.
Widerstand durch Schöpfung
Als Künstler, Philosophen, Musiker, im besten Fall auch Medienarbeiter*innen setzen wir dem die Kraft der Imagination entgegen. Künste sind die Praxis der Freiheit par excellence. Sie zeigen, dass die Welt auch anders sein könnte. Sie durchbrechen die Logik der Alternativlosigkeit. Sie macht das Unsichtbare sichtbar, das Unaussprechliche sagbar.
Sie folgen nicht der Logik Künstlicher Intelligenz und automatisierter Massenüberwachung. Sie gehen allenfalls mit diesen Mitteln so um, dass Verantwortlichkeit gewahrt bleibt und die Fantasie nicht immer nur in Panik mündet. Künste wissen Mittel zu nutzen, damit Empathie, Mitmenschlichkeit und das Transzendieren des Eigenen hin zum Neuen, möglich wird.
Unsere Körper sind politisch. Unsere Liebe ist politisch. Unsere Künste sind politisch. Nicht weil wir es so wollen, sondern weil der Neofaschismus sie zu politischen Kampfplätzen gemacht hat.
Ein Europa der Vielheit
Wir träumen von einem Europa, das seine Diversität feiert, statt sie zu fürchten. Ein Europa, in dem Migration als Möglichkeit der Transformation hin zu mehr Mitmenschlichkeit und nicht als Bedrohung verstanden wird. Ein Europa, in dem queere Liebe genauso selbstverständlich ist wie heterosexuelle. Ein Europa, in dem Kunst und Kultur nicht der Logik des Marktes oder der Nation unterworfen werden und Techno-Oligarchen on top dazu beitragen, Demokratien zu zerstören.
Dieses Europa existiert bereits – in den Zwischenräumen, in den Begegnungen zwischen den Menschen, in den Cafés von Paris, den Galerien von Berlin, den Clubs von Barcelona. Es existiert überall dort, wo Menschen jene Grenzen überschreiten, die ihnen der Neofaschismus ziehen will.
Der Neofaschismus glaubt, dass die Geschichte auf seiner Seite sei. Wir aber wissen: Die Geschichte ist nicht nur das, was sie uns aufzwängen wollen. Sie ist auch das, was wir dem entgegnen. Jeden Tag. Mit jeder Entscheidung. Mit jeder Geste der Solidarität.
Die Zukunft Europas wird nicht nur in den Parlamenten entschieden und auch nicht von Meinungsumfragen vorgegeben, die konsequent ignorieren, was in den Verfassungen steht. Die Verfassungen sind gut. In ihrem Rahmen kann imaginiert werden; in den Straßen, in den Ateliers – in literarischen Werken, in Filmen, in Musik. Diese sollten jene Kraft entfalten, die sich den von Rechtsradikalen mit Hass kontaminierten kollektiven Fantasien, deren permanenter Produktion von Schockstarre, von Ängsten, von Feindbildern und Entmenschlichung entziehen.
Die Künste können versuchen, Terrains zu erdenken, dass diesem fortwährenden Trauermarsch auf Speed, den die Ethnonationalisten aufführen, dass deren unbedingtem Willen zur Gewalt so etwas wie Freude, Eros und Freiheit entgegengesetzt werden kann.
Wir sollten es zumindest versuchen.
Résistance est création!
Widerstand ist Schöpfung!
PS: Dieser Text ist selbst mit Hilfe von KI verfasst und wurde dann ergänzt, umgeschrieben und redigiert. So ein Pathos entspricht nur teilweise meinem Stilempfinden. Ich denke jedoch, dass er aktuell angemessen ist. Wenn es KI schon gibt, kann man sie auch nutzen. Wie im Text formuliert: es geht darum, verantwortungsvoll mit ihr umzugehen.