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Immigrant Child Guilt: Was Migrationsbiographie mit der Psyche macht

Mit 18 flüchtete Sanela Krivić vom Bosnienkrieg nach Wien. Heute arbeitet sie als Psychotherapeutin und unterstützt Menschen, die Krieg, Flucht oder Migration erlebt haben. Im Interview spricht sie über verdrängte Traumata, den Druck, der auf der zweiten Generation lastet und warum Geflüchtete in Österreich oft in einem Hamsterrad gefangen bleiben.

 

Die Chefredaktion: Sie kommen selbst aus Bosnien und Herzegowina und haben eine Fluchtgeschichte. Heute sind Sie Psychotherapeutin und spezialisiert auf Krieg und Flucht.

Sanela Krivić: Mit 18 Jahren bin ich allein nach Wien geflüchtet, während meine Eltern mit meinem Bruder nach Schweden flohen. Als der Krieg offiziell vorbei war, hieß es, wir müssen zurück. Die einzige Möglichkeit, in Wien bleiben zu können, war, in einem Mangelberuf zu arbeiten. Mit 19 begann ich deshalb als Reinigungskraft. Es war der einzige Weg, mir zumindest ein wenig Sicherheit zu verschaffen. Später erst habe ich die Ausbildung zur Psychotherapeutin gemacht.

 

Wie kam es dazu?

Meine erste Panikattacke hatte ich nachdem mein Sohn zur Welt kam und ich danach recht schnell in meinen Reinigungsjob zurückkehren musste. Ich begann wegen der Panikattacken zum ersten Mal eine Psychotherapie. Ich merkte schnell, wie gut das tut, doch es gab nicht wirklich Angebote auf meiner Muttersprache. Deswegen wollte ich etwas an meine Heimat zurückgeben und Menschen helfen, das, was ich durchgestanden habe, zu überwinden. Es ist sehr wichtig, aus dieser Schwere, die man erlebt hat, Platz für Anerkennung, Sinn und Selbstwirksamkeit zu schaffen. Geflüchtete erleben oft Diskriminierung und haben dadurch kaum die Chance, wirklich Teil der Gesellschaft zu werden. Nach allem, was sie im Krieg durchgemacht haben, wird ihnen im fremden Land dann auch noch defacto signalisiert und das Gefühl gegeben, sie würden den „Einheimischen“  Luft, Wasser und Brot wegnehmen. Geflüchtete spüren in solchen Momenten, dass sie ausgegrenzt werden. Sie werden oft schief angeschaut, wenn sie auf ihrer eigenen Sprache sprechen. Oft sind sie aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht in der Lage, sich in unfairen Situationen zu verteidigen.

 

Davon scheint die Öffentlichkeit nicht so viel zu bemerken. Geflüchtete aus Bosnien und Herzegowina gelten in Österreich als besonders gut integriert und eher „unauffällig“.

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