Ein Garten für Depressive
Hallo liebe Gartenfreund:innen, sorry für ~3 Wochen abtauchen, aber die Depression hat(te) mich wieder in ihren Klauen und es war/ist alles etwas ~schwierig~. Aber ich krieche gerade wieder etwas aus dem Loch, und dann dachte ich, dass das eigentlich mal ein gutes Thema ist. Denn ich kriege öfter Nachrichten von euch, dass ihr euren Balkon oder Garten gern irgendwie gestalten oder pflegen wollt, aber die Depression es halt wirklich schwierig macht. Da kann ich nur sagen: Fühle. Und dann dachte ich mir: Wieso erzähle ich nicht einmal, was gut für mich klappt, auch, wenn ich kaum ausm Bett oder Haus komme. Das klappt übrigens auch für Leute mit wenig Zeit. Gehen wir rein!

Was depressive Phasen im Garten konkret bedeuten
In der Theorie liebe ich meinen Garten. In der Praxis verstecke ich mich manchmal zwei Wochen im Haus und komme kaum ausm Bett, weil einfach nichts mehr geht – und draußen explodiert währenddessen das Beikraut, die Voranzucht vertrocknet auf der Fensterbank und die Schnecken feiern einen Rave nach dem anderen im Beet. Das macht was mit einem. Ich schaue dann aus dem Fenster, sehe das ganze Chaos im Dachgarten, denke an die beiden anderen Gärten, und das Gefühl ist: Ich versage. Nicht nur im Leben, sondern auch noch im Garten, na super. Die Depression ist ja sowieso schon wie so ein Dämon, der tonnenschwer auf der Schulter sitzt und einem einflüstert, wie scheiße man ist. Aaaaandererseits sind meine Gärten in so einer Phase neben den Hunden, die natürlich Gassi müssen, oft das Einzige, das mich aus dem Haus kriegt und mir irgendwie auch was zurückgibt. Was für ein Dilemma.
Da ich diese Phasen mittlerweile von mir kenne, habe ich viele Ecken meines Gartens quasi aus “Notwehr” pflegeleicht, aber produktiv gestaltet, sodass die Pflanzen auch ne Weile ohne mich klarkommen, ich aber dennoch immer mal was ernten und naschen kann.

Ein Garten, der mich nicht im Stich lässt, wenn ich ihn ein bisschen im Stich lasse
So einen Gartenzeitschriftgarten zu haben – also “perfekt” gestutzt, jeden Morgen gegossen, kein Beikraut weit und breit, sondern alles hübsch in Reih und Glied – ist als Depri schwer bis unmöglich, und wenn man sich das als Ziel setzt, kann das eine frustrierende Erfahrung werden. Ich gestalte meinen Dachgarten und meine anderen Gärten lieber so, dass sie es schaffen, wenn ich selbst nur überlebe. Also so, dass sie nicht direkt die Grätsche machen, wenn bei mir gerade nix geht.

Was so ein Garten braucht? Erstmal: Fehlertoleranz. Damit meine ich, dass der Garten irgendwie hart im Nehmen und selbstständig sein sollte. Was sich bei mir über die Jahre total bewährt hat: Robuste, pflegeleichte Pflanzen, die mal ein paar trockene Tage verzeihen, die nicht gleich beleidigt sind, wenn sie statt einmal am Tag nur einmal die Woche Wasser kriegen. Idealerweise sind sie mehrjährig, sodass ich im Sommer nicht, wenn ich im Frühjahr abschmiere, ohne Pflanzen dastehe.
Diese Pflanzen haben in meinen Gärten die Survivalmedaille bekommen:
Mehrjährige Kräuter
Meine liebsten Survival-Kräuter: Oregano, Bergbohnenkraut, Thymian, Salbei, Rosmarin, Schnittlauch, Knoblauchgras (das heimische), Liebstöckel, Zitronenmelisse, Pfefferminze (nur im Kübel oder stark begrenzt, sonst hast du die bald überall – gilt auch für die Zitronenmelisse), Waldmeister (breitet sich auch stark aus und sorgt dafür, dass Beikraut in meinen vernachlässigten Gartenecken nicht herumnervt), Ysop, Currykraut, Estragon (französischer). Das Gute ist: Wenn man die nicht erntet, weil es halt nicht geht, blühen sie und sind uuuuunglaublich wertvoll für Bestäuber. Und dabei sehr hübsch!

Es gibt natürlich auch einjährige Kräuter, die sich selber aussähen und dadurch auch sehr selbstständig sind und immer wiederkommen. Das machen bei mir beispielsweise Borretsch, Kapuzinerkresse, Kamille, Kerbel, Fenchel (aus den Blättern kann man Tee machen oder sie in Salate schmeißen), Portulak. Eigentlich macht das auch Dill, aber kp wieso, er hasst mich und will bei mir nicht wachsen, während meine Freund:innen in Dill ersaufen. DANN HALT NICHT.
Beerenobst
Beerenobst ist cool, weil es selbstständig wächst und nicht täglich “betreut” werden muss. Und dennoch hat man dann was zum Naschen, also durchaus einen Ertrag, und zwar auch dann, wenn man sonst nix für irgendeinen Anbau getan hat. Wichtig ist es, die Sträucher zu Beginn mal anständig mit Beerendünger zu füttern, wenn es geht auch noch mal, wenn der Fruchtansatz kommt, dann kannst du die ihr Ding machen lassen. Meine Lieblingssorten: Johannisbeeren (rot, schwarz, weiß), Heidelbeeren (müssen in saurem Substrat stehen, also am besten im Kübel), Jostabeeren, Stachelbeeren, Brombeeren ohne Dornen und gern auch horstbildend, Himbeeren (da drauf achten, ob es einmal- oder zweimaltragende Beeren sind, denn davon hängt es ab, wie man sie im Herbst zurückschneidet), Erdbeeren (Monats- und Walderdbeeren, so hast du einfach eine kontinuierliche Ernte über die ganze Vegetationszeit), Taybeeren, Felsenbirne (die Sorte ‘Viking‘ schmeckt süß genug, dass man sie einfach so naschen kann).

Mehrjährige Stauden, die mit Trockenheit und Vernachlässigung klarkommen, hübsch aussehen und gut für Insekten sind
Natürlich will man es auf dem Balkon oder im Garten auch gern bunt, und da bieten sich mehrjährige Stauden an. So musst du nicht jedes Jahr von vorn anfangen. Natürlich kannst du, wenn die Energie da ist, zwischendrin noch einjährige Pflanzen, sollte es aber nicht gehen, hast du dann aber kein leeres Beet. Es dauert so 2-3 Jahre, bis sich Staudenbeete etabliert haben und dicht aussehen, also keine Panik, falls das im ersten oder auch noch im zweiten Jahr eher noch lückig aussieht. Gut klar kommen bei mir diese Pflanzen: Schafgarbe, Wilde Möhre (sät sich super selber aus), Lavendel, Strand-Grasnelke (ernsthaft, die blühen bei mir das ganze Jahr, Schnecken mögen sie nicht, die sind sowas von hardcore … wenn die abgeblüht sind, schneide ich die alten Blütenköpfe weg, falls ich dran denke und Lust habe, und die schieben einfach bei mir bis Ende Oktober Blüten nach (danke Klimakrise, ehem), das ist so super! Hab die mittlerweile massenhaft überall hingesetzt), Kornblume (zwar einjährig, aber selbstaussäend), Wiesen-Flockenblume, Wiesen-Margerite, Fetthenne, Frauenmantel, Bibernellrose, Malven, Hornklee (habe überall in der Wiese Sumpf-Hornklee), Natternkopf (zweijährig, aber selbstaussäend), Sand-Thymian, Katzenminze, Heidenelke, Goldgarbe, verschiedene Ziest-Arten.
Bodendecker
Bodendecker sind super, wenn man einfach weder Zeit noch Energie hat, sich wöchentlich gegen Beikraut zu wehren, es aber dennoch irgendwie hübsch und idealerweise blühend haben will. Klasse funktionieren bei mir: Gundermann, Waldmeister, Kleines Immergrün, Kriechender Günsel, Elfenblume, Polsterthymian, Walderdbeere, Pfennigkraut, Sternmoos, Bodendeckerrosen, Teppichphlox (Schmetterlinge lieben diesen Trick), Waldmeister (wie schon erwähnt), Meerlavendel, Storchschnabel, Wald-Vergissmeinnicht.

Kompaktes Obst für den Kübel
Obstbäume sind auch toll für Gärten, aber da brauchst du natürlich Platz, also einen Garten zu. ABER: Nicht nur. Denn es gibt Zwergsorten, die sich gut im Kübel anbauen lassen und damit auch für Balkon, Dachgarten und Terrasse geeignet sind. Besonders gut gefallen mir: Zwergpfirsich 'Bonanza', die Zwergform der Aprikose, Zwerg Sauerkirsche 'Griotella', Mini-Zwetschge ‘Jojo‘, Ministämmchen Apfel 'James Grieve' (braucht aber einen Bestäuber in der Nähe), Mini-Kiwi (z. B. 'Issai', am besten noch eine zweite dazu nehmen, ich habe ‘Issai’ und ‘Jenny’), Topf-Himbeere 'Ruby Beauty', Feige 'Brown Turkey' (frostfrei überwintern, ich pack die in Vlies, kann ich ja auch mal einen Beitrag zu machen).
Der Endgegner: Gemüseertrag … oder?
Gemüseanbau ist das, was mich besonders interessiert. Laut Umfrage wollen bei euch tatsächlich rund 50 Prozent einen Nutzgarten, 50 Prozent einen reinen Ziergarten, wobei hier auch ein paar Leute gern hier und da vielleicht ein bisschen Salat haben wollen. Ich will gern einen Garten, der hauptsächlich ein Nutzgarten ist, dabei aber ökologisch wertvoll und hübsch anzusehen. WENN’S SONST NIX IST, ne? Lol.
Meistens habe ich Lust auf all das, was ein Nutzgarten mit sich bringt. Wenn ich motiviert bin, gehe ich total in der Planung, Vorfreude und dann eben Ausführung auf. In Phasen, in denen ich depressiv bin, klingt es vor allem nach: Überforderung und Versagen. Die Idee, Jungpflanzen vorzuziehen, Töpfe zu kontrollieren, täglich zu gießen und dann noch den richtigen Zeitpunkt fürs Pikieren und Auspflanzen zu treffen, funktioniert nur in meinen guten Phasen. Ich habe schon oft mit besten Vorsätzen angefangen. Samen bestellt, Fensterbank aufgeräumt, Aussaaterde gekauft. Und dann kam der Absturz. Drei Wochen später liegen die Keimlinge trocken da, vergeilt oder verschimmelt. Ich habe euch Anfang des Jahres ja meine Errungenschaften diesbezüglich gezeigt, will sie dir aber gern nochmal in Erinnerung rufen:

Ich gehe damit mittlerweile offensiv um. Vieles hat dieses Jahr gut geklappt, anderes nicht. Beispielsweise hatte ich vor 4 Wochen nochmal Salat in einem Topf ausgesät, den ich dann in die Beete packen wollte, wenn ich den Salat geerntet habe. Dann kam meine Depression dazwischen, und der Hirschhornsalat sieht jetzt so aus – unpikiert und vertrocknet zum Sterben im Gewächshaus zurückgelassen:

Ich meine ja, ich habe viele geile Sachen geerntet und vieles läuft gut, aber es ist mir halt auch viel abgekratzt, not gonna lie. Und es wird wieder und wieder und wieder passieren. Deshalb baue ich einen großen Teil meines Gemüses inzwischen so an, dass es möglichst wenig von mir braucht. Ich will keine täglichen Gießzyklen, kein großes Fressfeindmanagement, keine Sorten, die ständig überwacht werden wollen und sofort schießen, wenn man mal blinzelt. Ich brauche Gemüsepflanzen, die von selbst wachsen, möglichst mehrjährig sind oder mindestens einen langen Erntezeitraum abdecken. Ich will ernten können, wenn ich es schaffe – und es auch lassen können, wenn nicht.
Ich erlaube mir zudem auch, Gemüse als Jungpflanze zu kaufen und nicht mehr dabei zu denken, dass ich versagt habe. Habe ich gerade wieder gemacht, weil ich weiß, dass ich die Voranzucht jetzt nicht schaffe und mich damit nur überfordern würde. Die Bestellung ging heute früh raus und ich freue mich schon herauszufinden, ob ich es schaffe, sie einzupflanzen (kein Witz, das passiert auch gern: nicht die Energie finden, die Pflanzen zu setzen). Aktuell wartet noch diese Wanne drauf, gepflanzt zu werden:
Das sind Yakon, Baby-Rosenkohle, aber vor allem ist es Wasserspinat, der gehört zu meinem absoluten Lieblingsgemüse, sieht ein bisschen aus wie Spargel und ist SO LECKER. Kannst ja mal wetten, ob es was wird, lol.
Dieses Gemüse hat sich bei mir die Survivalmedaille verdient:
Die meisten dieser Sorten brauchen keine tägliche Betreuung, sie wachsen auch mit Unterbrechungen in der Pflege, sie tragen über Wochen oder Monate. Ich habe sie so ausgesucht, dass sie sich gegenseitig ergänzen.
Mehrjähriges oder dauertragendes Gemüse
Ewiger Kohl (aka Dauerkohl / Baumschnittkohl)
Ich setze ihn einmal ins Beet oder in einen großen Kübel, dann wächst er über Jahre und bildet regelmäßig neue Blätter. Ich schneide ihn zurück, wenn ich daran denke. Wenn nicht, wächst er einfach weiter. Schnecken interessieren sich bei mir komischerweise recht wenig für ihn, wenn er eine gewisse Größe erreicht hat, und er ist selbst bei Frost noch nutzbar.

Palmkohl (Nero di Toscana)
Funktioniert ähnlich wie der Dauerkohl, braucht aber etwas mehr Wasser. Ich habe ihn im Hochbeet und in Kübeln, mulche gut und lasse ihn in Ruhe. Wenn ich Blätter ernte (mir schmecken die total lecker in einer Gemüsepfanne), wachsen neue nach. Wenn ich ihn wochenlang nicht beachte, passiert nichts Schlimmes, und wenn er blüht, sieht er uuuuunglaublich schön aus und zieht Bestäuber an wie sonstwas:

Guter Heinrich
Das ist ein mehrjähriger Spinatverwandter, er ist heimisch und sehr genügsam. Ich ernte ihn wie Mangold. Wenn ich das nicht tue, blüht er und sät sich aus, was auch okay ist. Er funktioniert besonders gut im Halbschatten oder an Gartenecken, die ich selten betrete und wo ich ihn auch gern vergesse, ehem.
Rhabarber
Ich muss ihn nicht gießen und nicht stützen, ein absoluter MVP. Er treibt im Frühjahr aus, ich ernte, wenn ich Lust habe, fertig. Er braucht Platz, ist aber im Vergleich zu seinem Ertrag unschlagbar unkompliziert. Er ernährt sich von unserer Komposttoilette und von den Gemüseabfällen, die ich einfach auf/unter/neben ihn schmeiße, hüstel. Die Nachbarn sind neidisch auf das riesige Vieh, ich bin einfach dankbar. Es gibt mittlerweile übrigens auch Sorten, die du ganzjährig beernten kannst, z.B. den Livingstone, den ich im Waldgarten habe, der aber mit den Schnecken nicht klarkommt und bald umgesetzt wird.
Wurzelgemüse, das ich einfach in Ruhe lassen kann
Kartoffeln
Ich setze sie in Mulchbeete, Kübel oder sogar in alte Erdsäcke mit Löchern im Boden. Ich schichte Kompost, Laub, Stroh darüber. Ich gieße einmal an – das war’s. Anhäufeln spare ich mir. Die wachsen vor sich hin, wenn das Laub gelb wird und umfällt ernte ich sie, fertig.
Knoblauch
Ich stecke ihn im Herbst, lasse ihn komplett in Ruhe und ernte im Juni oder Juli. Ich habe keine Pflegearbeiten dazwischen, außer, dass ich mal im Frühjahr kräftig Dünger und Gemüseabfälle drauf schmeiße, that’s it. So sieht die diesjährige Ernte aus (dazwischen fliegen noch ein paar Zwiebeln rum, die ernte ich aktuell nach und nach):

Zwiebeln / Schalotten
Ich kaufe im Frühjahr zwei bis drei Sack Steckzwiebeln, stecke sie ins Beet, mulche. Wenn ich dran denke, schmeiße ich Dünger drauf, ich gieße nicht regelmäßig, sorry, lol. Das Mulch muss es richten. Fällt das Laub um, sind sie reif und können gezogen werden. Wenn ich es schaffe. Wenn nicht, sind sie halt noch länger im Boden, sollen sich mal nicht so anstellen. Nach der Ernte lege ich sie 2-3 Tage in die pralle Sonne, wenn das Laub dann so trocken ist, dass es raschelt, flechte ich einen Zopf daraus und häng das dann alles trocken und dunkel auf.

Karotten und Rote Bete
Ich säe direkt ins Beet. Wenn ich nicht zum Ausdünnen komme, bleiben sie dicht, mir egal. Abhilfe schaffen hier Saatbänder, bei Karotten setze ich die besonders gern ein, denn seien wir ehrlich: Wir wissen beide, dass ich sie nicht pikieren werde. Wenn ich sie spät ernte, haben sie oft Schalenrisse oder sehen komisch aus, aber sie schmecken trotzdem. Ich ernte sie nach Lust und Laune. Gerade hatte ich diese hier aus dem Tischbeet gezogen:

Blattgemüse mit Toleranz
Mangold
Er wächst auch dann, wenn ich ihn wochenlang nicht beachte. Ohne Scheiß, ich glaube, den kann man mit dem Auto überfahren – mehrfach! – und der richtet sich immer wieder auf, schüttelt sich und sagt: War was? Ich kann die äußeren Blätter abschneiden, wenn ich Lust habe. Wenn ich nicht ernte, steht er einfach weiter da und chillt. Ich hab dieses Jahr noch keinen geerntet, da na ja, Depri, dies das, hab aber gestern die großen äußeren Blätter abgemacht und in meinen Eimer des Grauens gesteckt:

Da ist Wasser drin und da kommt ALLES rein, was ich abernte und nicht brauche. Überzählige Blätter der Tomaten, Beikraut, Gemüseabfälle, Blumensträuße aus meinem Garten, dies, das. Es stinkt, als hätte ich da mehrere Leichen drin, es ist wirklich krass. Aber das sind einfach 30 Liter der geilsten Düngersuppe überhaupt. Kann ich sehr empfehlen, auch absolut deprifreundlich. Ich kompostiere auch normal, da muss ich aber ab und zu ran und wenden usw, hier kann das Zeug einfach vor sich hin gammeln lassen, und wenn ich gieße, mache ich immer mal ne Kelle in die Gießkanne. Da landen auch meine Pflanzen, die ich versehentlich habe sterben lassen. So war es immerhin nicht umsonst! Das ist es mir wert, fast zu Kotzen, wenn ich den Deckel abmache ;).
Winterpostelein
Ich säe ihn im Spätsommer, und im Winter ist er ready. Ich ernte, wenn ich draußen bin und dran denke. Wenn nicht, blüht er und versamt sich selbst. Das System wiederholt sich jedes Jahr, ohne dass ich eingreifen muss.
Feldsalat
Ähnlich wie Postelein – sehr genügsam, braucht quasi keine große Pflege und findet es okay, vergessen zu werden. Ich streue Samen zwischen andere Kulturen, er wächst dazwischen und macht sein Ding. Ich muss ihn nicht jäten, nicht düngen, nicht besonders beachten.
Asia-Salate (z. B. Mizuna, Mibuna, Pak Choi)
Die wachsen schnell, halten kühle Temperaturen aus, vertragen auch Halbschatten. Ich ernte Blätter nach Bedarf, der Rest bleibt stehen, weil ich sie halt leider oft vergesse. Wenn ich sie nicht nutze, schießen sie und ziehen Bestäuber an. Auch okay.
Weitere Gemüsearten, die wenig von mir verlangen
Zucchini
Die über die kritische Phase zu bringen, ist in meinen Gärten manchmal so eine Sache wegen der Schnecken. Wenn das bei dir auch so ist: Keine Scham, einfach eine Pflanze im Laden zu kaufen! Wenn ich eine gute Jungpflanze einsetze und ordentlich mulche, versorgt sie mich wochenlang mit Gemüse. Ich gieße nur, wenn es länger trocken bleibt. Aktuell verfolge ich meine Nachbar:innen mit Zucchini, so wie es vermutlich jede:r Gärtner:in tut, die oder der den Fehler macht, mehr als eine Zucchinipflanze zu setzen.

Buschbohnen
Ich stecke sie im Mai in den Boden, sie keimen zuverlässig. Ich muss nix stützen (looking at you, Stangenbohnen), muss sie auch nicht wirklich pflegen. Sie brauchen kaum Wasser, liefern zwei bis drei Ernten, dann ist Schluss. Ich lasse die Hülsen trocknen und habe Samen fürs nächste Jahr, wo sich dann alles wiederholt. Ich hätte gern Stangenbohnen, habe aber keine Bohnenstangen und auch kein Auto, das groß genug ist, welche reinzupacken, deshalb muss das so gehen und es klappt gut.
Zuckererbsen oder Markerbsen
Ich säe direkt ins Beet. Sie keimen auch bei kühlen Temperaturen, wachsen zügig, und wenn ich nicht ernte, ist das kein Weltuntergang. Ich lasse sie dann ausreifen, die Samen sind dann Futter für Vögel oder Vorrat für mich. Meistens landen die aber dennoch in meinem Mund, die sind nämlich der perfekte Snack dafür, wenn ich durch den Garten wandere und gucke, was so los ist.

Kürbis
Ich pflanze eine Jungpflanze, lasse sie sich ausbreiten. Die brauchen ordentlich Dünger, dann machen die so ihr Ding. Die Pflanze übernimmt eine ganze Ecke, schützt den Boden und trägt zuverlässig. Danke dafür.
Tomaten
Ja, tatsächlich fallen Tomaten bei mir ebenfalls in die Kategorie. Ich weiß, viele Leute bauen Tomatendächer und Gewächshäuser, es wird ausgegeizt und gemacht und getan und getüddelt, aber ganz ehrlich? Scheiß drauf. Ich mein’s ernst. Ich geize nix aus und alle Tomaten sind bei mir Freilandtomaten, ob sie wollen, oder nicht. Sie werden gepflanzt, dann kriegen die nen Stab und ab da heißt es: Willkommen im Survivalcamp und viel Glück! Tomaten sind Pflanzen, die einfach extrem wuchern, und ich lasse sie einfach. Ich hab jedes Jahr kiloweise ernte, die Pflanzen nehmen immer gefühlt die halbe Stadt ein. In Dänegart wachsen die aktuell als Gebüsch:

Das sind die, die ich noch “übrig” hatte und einfach recht spät noch in ein Beet geschmissen habe … meine im Dachgarten waren 3 Wochen früher draußen und haben schon grüne Früchte.

Ich entferne immer mal Blätter innen, damit da Sonne und Luft dran kommt, aber auch nur so nach Gefühl und Lust und Laune. Langsam sollte ich sie mal stützen, da sie jetzt mit den Blüten anfangen und die Früchte dann zu schwer werden.

Ich mache mit denen generell jedes Jahr alles, was man nicht machen soll, und jedes Jahr stopfen wir uns Erntekisten von Tomaten voll. Daher: Probier auch mal aus, was passiert, wenn du mal alles schleifen lässt. Ein paar Tomaten wird es schon abwerfen, auch, wenn du gerade keine Energie hast, den Ertrag zu optimieren.
Bewässerung für depressive Phasen
Gießen ist bei mir das Erste, das ausfällt, wenn es mir schlecht geht. Ich kann dann keine Gießroutine halten, und wenn es heiß ist, komme ich oft zu spät. Deshalb habe ich mir die Gärten so eingerichtet, dass ich möglichst wenig gießen muss – oder dass ich es mir leicht mache, wenn ich es tue. Ich schleppe keine zehn Kannen Wasser mehr durch den Garten. Ich will Dinge, die von selbst funktionieren oder bei denen ich mit minimalem Aufwand viel erreiche.
Mulchen – the bare minimum
Ich mulche alles, was nicht von allein bewachsen ist. Mulch ist für mich Pflicht, nicht Kür. Er hält die Feuchtigkeit im Boden, reduziert das Beikraut und verhindert, dass die Erde verschlämmt oder austrocknet. Ich schütte alles drauf, was ich finde: Rasenschnitt, Stroh, Miscanthus (das mag ich besonders gern), halbverrotteten Kompost, Laub, Gemüsereste, alles egal. Hauptsache, der Boden ist bedeckt.
Tonkegel, Ollas & Co
Ich hab ein paar Dinge ausprobiert, die sich bewährt haben. Sie sind zwar nicht kostenlos, aber langfristig eine echte Hilfe – vor allem, wenn ich mal tagelang nicht zum Gießen komme.
Ollas (Tonkrüge)
Ich hab mir ein paar einfache Ollas gegönnt, also so poröse Tonkrüge, die ich zwischen meine Pflanzen im Beet eingegraben habe. Ich fülle sie mit Wasser, und sie geben es langsam direkt an die Wurzeln ab. Funktioniert super bei Tomaten, Kürbissen, Zucchini und generell bei allem, was viel Wasser zieht. Wenn ich weiß, dass ich eine Woche raus bin, fülle ich sie auf, und die Pflanzen kommen damit klar.

Tonkegel mit Flaschenaufsatz:
Die günstigere Version, die ich viel im Dachgarten habe. Ich hab ein paar Tonkegel, auf die ich leere Flaschen schraube – geht mit Weinflaschen oder Bügelflaschen. Da ich keinen Alkohol trinke, hab ich nur hässliche PET-Wasserflaschen hier und was soll ich sagen, natürlich nehme ich die. Ich könnte auch Glasflaschen kaufen, aber wer kann das denn für alle Beete bezahlen, Hilfe. Da muss ich nochmal so viele Mitgliedschaften wie jetzt verkaufen. So sieht das dann aus:


Ich drehe sie um, stecke sie in die Erde, und das Wasser sickert langsam raus. Nicht so elegant wie Ollas, aber deutlich billiger und trotzdem zuverlässig. Ich nutze sie besonders gern in Kübeln oder Balkonkästen, und die halten meine Pflanzen so lange am leben, wenn es heiß und trocken ist und ich mal wieder überfordert bin, bis ich mich aufraffen kann, zum Schlauch zu greifen.
Kübel clever platzieren
Ich stelle meine Kübel nicht mehr überall hin, sondern nur noch an Orte, die ich wirklich sehe. Also auf dem Weg zur Tür, direkt vorm Fenster, neben den Gartenstuhl. Wenn ich täglich dran vorbeikomme, gieße ich eher mal. Ich stelle sie außerdem in Gruppen – so schaffen sie ein Mikroklima und trocknen weniger schnell aus. Wenn es heiß und trocken wird, schiebe ich sie zusammen oder in den Halbschatten. Oder ich werfe ein Schattiernetz drüber.
Unter den Kübeln stehen bei mir fast überall Untersetzer. Die sind nicht nur für überschüssiges Wasser da, sondern auch als kleine Wasserspeicher. In der heißen Phase schütte ich zusätzlich Wasser in die Untersetzer – das versickert langsam oder wird durch die Kübelerde wieder hochgezogen.
Automatisches Bewässerungssystem
Viele empfehlen Tropfschläuche oder automatische Systeme, und eigentlich finde ich das Konzept gut und hatte das auch mal ein Jahr mit Erfolg genutzt, kann es also empfehlen. Ich hab’s dieses Jahr ehrlich gesagt gelassen, weil ich zu überfordert war. Das kostet ja auch alles nicht wenig, außerdem muss ich es warten und mich drum kümmern. Ich will keine Technik, die mir zusätzliche Aufgaben macht, ich will einfach meine Ruhe. Allerdings gibt es da für verschiedene Use Cases verschiedene Systeme, die durchaus cool sind. Wenn man also etwas Geld übrig und auch Lust drauf hat: Go for it, für die Pflanzen ist das super. Ich bleibe aber bei meinen giddeligen PET-Flaschen.
So, das waren jetzt ein paar Ideen, die ich umsetze, um meine Gärten einigermaßen am Leben zu halten, wenn ich selbst in den Seilen hänge. Und selbst, wenn dein Garten während einer Depriphase von Unkraut überrannt wird oder dir alles vertrocknet: Ja, es sieht so aus, als sei alles tot, aber das stimmt gar nicht. Das ist wie bei uns Depris: Wenn wir in einer depressiven Phase stecken, fühlen wir uns ja auch oft innerlich leer und tot an, ich hab dann auch das Gefühl, dass es niemals besser wird. Stimmt aber gar nicht. Der lebendige Kern und all die Gefühle sind in diesen Phasen zwar schwer zu erreichen, aber bisher bin ich immer wieder gekeimt, nachdem mein Laub vertrocknet und abgestorben ist. Und auch dein Balkon oder Garten machen nicht komplett die Grätsche, nur, weil du gerade nicht kannst. Solange du ein paar Pflanzen hast, die auch den Hardcore-Modus spielen können, hast du immer jemanden im Garten, der auf dich wartet, wenn du es wieder nach draußen schaffst.

❤️.
Nochmal speziell an die Tagpfauenaugen: Die Samen sind fast reif, ihr kriegt also bald wieder Post. Eine Samengeberin verrate ich euch: Meine Mauretanische Malve, die sich vor 3 Jahren mal selbst angesiedelt hat, jedes Jahr wiederkommt und mittlerweile eine Höhe von rund 2 Metern und eine Breite von 1,70m erreicht:

Die anderen Pflanzen verrate ich noch nicht. Ich muss noch warten, bis wir am Wochenende wieder trockeneres Wetter haben, damit ich die Samen absammeln kann (aktuell regnet es häufig, ZUM GLÜCK!).
Solltet ihr noch kein Willkommenspaket erhalten haben, kommt das bei dieser Sendung mit. Wollte das alles zusammenfassen.
Bis bald!
Jasmin
Mein Hortarium ist noch ganz jung, und viele Themen, die ich hier angerissen habe, werde ich in den nächsten Monaten ausführlich und praxisnah besprechen. Wenn du Lust hast, tiefer einzusteigen und mich dabei unterstützen möchtest, schließ gern ein Abo ab – dadurch ermöglichst du mir, Saatgut, Experiment-Beete und weiteres Zubehör anzuschaffen, um verschiedene Methoden auszuprobieren und die Ergebnisse direkt mit dir zu teilen. Ich freue mich, wenn du dabei bist und wir zusammen noch viel mehr über Pflanzen, Biologie und nachhaltiges Gärtnern lernen! ❤️
Am 21.07. kommt mein neues Sachbuch raus:

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