Wie die Krone eine Kampagne gegen NGOs fährt
Hier kommt alles, was du wissen solltest, kompakt erklärt. Heute ist wieder tag eins!


Hallo!
Eine Werbekampagne gilt in der PR dann als besonders erfolgreich, wenn darüber kontrovers diskutiert wird. Denn selbst ein Shitstorm kann sich positiv auf die Geschäftszahlen auswirken. Das beste aktuelle Beispiel dafür ist die US-Marke American Eagle. Der Aktienkurs der Jeans-Marke wurde zuletzt unter anderem nach einem Statement von US-Präsident Donald Trump in die Höhe katapultiert.
Aber von vorne: Die Testimonial-Kampagne für Jeans von American Eagle gemeinsam mit der 27-jährigen US-Schauspielerin Sydney Sweeney sorgte zuletzt für Furore. Darin wird mit einem Wortspiel auf die “guten Gene” des weißen, blauäugigen und blonden Stars aufmerksam gemacht. Im Internet führte der augenscheinliche Rassismus zu massiver Kritik. Nun wurde bekannt, dass Sweeney offenbar als republikanische Wählerin registriert sei, was wiederum den US-Präsidenten Donald Trump verzückte.
Mein Fazit zu dieser neuen Episode: Politischer Kulturkampf meets Popkultur. Wir leben einfach in der absurdesten aller Zeiten.

Außerdem geht es einmal mehr um den sich zuspitzenden Gaza-Krieg, Verhandlungen über ein UN-Plastikabkommen und um den plötzlichen Rückzug eines hohen österreichischen EU-Diplomaten.

Medienberichte: Israel soll die Einnahme von ganz Gaza anstreben
In Israel wächst die Kritik an Benjamin Netanjahu, doch der Premierminister plant wohl noch entschiedenere Angriffe in Gaza. Israelische Medien meldeten unter Berufung auf einen anonymen Sicherheitsbeamten, dass die Regierung eine Ausweitung der Kämpfe plane und dabei möglicherweise auch eine Gefährdung der noch lebenden israelischen Geiseln in Kauf nehme. So soll Netanjahu in einem Meeting gesagt haben: „Die Würfel sind gefallen – wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen“, schreibt orf.at (Öffnet in neuem Fenster).
Die britische BBC hat unterdessen Daten zum Kampfgeschehen in Gaza gesammelt und 160 Fälle untersucht, bei denen auf Kinder in Gaza geschossen wurde. In 95 davon wurde ihnen in den Kopf oder die Brust geschossen, die meisten der Opfer waren unter 12 Jahre alt. Zu 59 Fällen konnte BBC World News mit Augenzeugen sprechen, darunter viele Ärzt*innen und Vertreter*innen von Hilfsorganisationen. 57 Mal gaben diese an, dass die Schüsse von der israelischen Armee abgegeben worden seien. Diese Ergebnisse legen ein gezielt brutales Vorgehen des Militärs nahe.
In Deutschland gibt es zudem in der Union einen wachsenden Richtungsstreit darüber, ob das Land weiter klar an der Seite der israelischen Regierung stehen solle. Einige Politiker*innen der Union fordern dies ganz ausdrücklich, aber Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuletzt kritischere Töne gegenüber Netanjahu angeschlagen, fasst Euronews (Öffnet in neuem Fenster) zusammen.
Bei der Zeit (Öffnet in neuem Fenster) schreiben der frühere Botschafter Israels in Deutschland, Shimon Stein, und Moshe Zimmermann, emeritierter Professor der Hebräischen Universität Jerusalem, dass sich die Merz-Regierung entscheiden müsse. Angesichts des Kriegs und des Vorgehens Netanjahus könne Deutschland sich nicht gleichzeitig zu Israels Existenz und zur Einhaltung des Völkerrechts bekennen.

Neuerliches Ringen um UN-Plastikabkommen
In Genf starten heute neuerliche Verhandlungen für ein UN-Abkommen über eine globale Reduktion der Plastikproduktion. Bis zum 14. August verhandeln Vertreter*innen aus über 170 Ländern darüber, ob und wie eine Obergrenze für die Plastikproduktion eingeführt werden soll. Eigentlich hätte ein Beschluss zur Eindämmung von Plastik schon bis Ende 2024 gefällt werden sollen, darauf hatten sich 2022 über 200 Länder nach jahrelangen Verhandlungen geeinigt.
Eine Reihe von erdölfördernden Ländern, darunter Saudi-Arabien und Russland, stellten und stellen sich allerdings quer: Statt Produktionsgrenzen solle sich das Abkommen auf eine effiziente Abfallwirtschaft fokussieren. Deshalb wird jetzt erneut verhandelt.
Die deutsche Meeresbiologin Melanie Bergmann äußert sich im Interview mit der Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster)zuversichtlich: “Wir haben hier wirklich eine historische Chance.” Es sei essentiell, dass die Plastikproduktion eingeschränkt und nicht nur das Recycling vorangetrieben werde, denn jedes Jahr steigere sich die Plastikproduktion sogar um circa vier Prozent.
Der Standard (Öffnet in neuem Fenster) berichtet über die neuesten Erkenntnisse zu möglichen schädlichen Auswirkungen der riesigen Mikroplastik-Mengen, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind. Daraus ergibt sich eine große Dringlichkeit für den positiven Abschluss eines Abkommens.

Bericht über mögliche weitere Ursachen für Rückzug von Österreichs EU-Botschafter
Der plötzliche Rückzug des Ständigen Vertreters Österreichs bei der Europäischen Union, Thomas Oberreiter, hatte zuletzt für großen Aufruhr gesorgt. Nun untersucht das Außenministerium die Umstände, hält sich aber offiziell bedeckt. Der Standard (Öffnet in neuem Fenster) berichtet exklusiv unter Berufung auf Mitarbeiter*innen des Ministeriums, dass die Sache wohl komplexer und auch sicherheitsrelevanter sei, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
Die Internetseite Fass ohne Boden, betrieben von einem ehemaligen FPÖ-Berater, hatte zuletzt Vorwürfe gegen Oberreiter veröffentlicht. Demnach soll der Diplomat einen Internet-Blog betrieben haben, auf dem explizite und teilweise frauenfeindliche Inhalte veröffentlicht wurden – möglicherweise auch während seiner Dienstzeiten. Daraufhin hatte der Botschafter, der zuvor auch hoher Beamter und Kabinettschef im Außenministerium war, letzte Woche sein Amt zurückgelegt.
Nun gebe es laut Standard aber noch eine weitere Dimension in dieser Causa. Und zwar soll Oberreiters Diensthandy ausspioniert worden sein, die Tageszeitung ist in den Besitz mehrerer SMS-Nachrichten und einer Fotogalerie gekommen, die einen Hack nahelegen. Mit seinem inkriminierten Blog habe das aber nichts zu tun. Der Standard schreibt dazu: “Die Tatsache solchart abgefangener Kommunikation in hochrangigen Diplomatenkreisen ist brisant, weil ein EU-Botschafter als Mitglied des Ausschusses der Ständigen Vertreter der 26 Mitgliedsstaaten in Brüssel eine besonders exponierte Rolle hat. In diesem Gremium werden die heikelsten und geheimsten Informationen nicht nur zur Europapolitik, sondern etwa auch zur Vorbereitung der Treffen der Staats- und Regierungschefs ausgetauscht.” Das Außenministerium verwies gegenüber dem Standard auf die internen Überprüfungen.

Hier empfehlen wir dir jeden Tag ein Recherchestück eines unabhängigen, kleinen Mediums aus Österreich, den aktuellen Krautreporter-Text und unser Fundstück des Tages. Viel Spaß!

Kronen Zeitung fährt Kampagne gegen NGOs
Dass die Kronen Zeitung immer wieder politische Kampagnen fährt, ist kein Geheimnis. Und trotzdem ist es immer wieder faszinierend, wenn dieser Kampagnenjournalismus systematisch aufgezeigt wird. Der Medien-Watchblog Kobuk zeigt mit einer aktuellen Recherche auf, wie sehr sich die Tageszeitung im Juli ganz im Sinne der FPÖ auf die “bösen NGOs” eingeschossen hat.
https://kobuk.at/2025/08/ngos-im-krone-dauerfeuer-ein-lehrstueck-in-kampagnenjournalismus/ (Öffnet in neuem Fenster)
Warum Drohnen Panzer nicht ersetzen können
Die Bundeswehr soll moderner werden und kauft die gleichen Waffentypen wie vor Jahrzehnten. Denn auch heute noch haben große Panzer, Jets und Fregatten Wert. Kollege Tristan Oetker-Kast untersucht im Krautreporter-Artikel des Tages, warum Drohnen Panzer nicht ersetzen können.
https://krautreporter.de/politik-und-macht/5963-warum-drohnen-panzer-nicht-ersetzen-konnen?shared=93fbea31-5cc7-4251-a4aa-8268f8ed1ab2 (Öffnet in neuem Fenster)
Studie: Herkunft schlägt Leistung
Eine aktuelle Studie der Universität Siegen zeigt auf, wie Personen mit augenscheinlichem Migrationshintergrund bei der Suche eines Ausbildungsplatzes systematisch benachteiligt werden. Es gelte demnach das Prinzip Herkunft schlägt Leistung. Die Forschungsgruppe verschickte über 50.000 Bewerbungs-Emails an deutsche Unternehmen, die einen Ausbildungsplatz anbieten.
Bewerber*innen mit deutsch klingenden Namen wie „Lukas Becker" erhielten bei dem Feldversuch auf 100 Bewerbungen durchschnittlich 67 Antworten. Deutlich schlechter schnitten demnach Personen mit nicht-deutsch klingenden Namen ab: „Ivan Smirnov" (russisch) erhielt 56 Antworten, „Ariel Rubinstein" (hebräisch) 54, „Yusuf Kaya" (türkisch) 52. Schlusslicht war „Habiba Mahmoud“ (arabisch) mit nur 36 Antworten.
Wünscht einen schönen Tag:
Emil

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