tag eins: Trump, Israel, Krankenkassenfusion und dreiste Shrinkflation
Hallo!
Heute ist wieder tag eins. Du liest deinen täglichen Nachrichtenüberblick.
Heute gibt es einen kleinen Einblick hinter die Kulissen dieses Newsletters. Du fragst dich vielleicht: Wie entscheiden wir, welche Themen heute wichtig sind und was landet dann im Endeffekt im Newsletter? Die kurze Antwort darauf, wir diskutieren darüber. Zuerst durchforsten wir das Internet und die gängigen Medien nach den Nachrichten des Tages. Dann treffen wir uns virtuell zu zweit und besprechen, was heute hier thematisiert werden soll.
Manchmal ist die Nachrichtenlage ganz klar und wir sind uns schnell einig, manchmal braucht es ein bisschen mehr Auseinandersetzung. Wenn wenig los ist wie heute, ist es umso schwieriger zu entscheiden, was wir machen wollen. Schließlich ist unser Ziel, kompakt zu erklären, was heute wichtig ist. Gib uns gern Feedback, wie uns das in deinen Augen gelingt!
DIE DREI THEMEN DES TAGES
1. Trump droht nun auch Putin, EU bereitet Gegenzölle vor
Nach jahrelanger Verehrung scheint Donald Trump zunehmend vom russischen Präsidenten Wladimir Putin genervt. Gestern hat der US-Präsident bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte umfangreiche Waffenlieferungen zur Unterstützung der Ukraine und ein Ultimatum angekündigt, die Zeit (Öffnet in neuem Fenster) hat einen Überblick.
Zum einen sollen die USA Patriot-Luftabwehrsysteme an die Ukraine liefern, für die dann die Nato-Mitgliedsstaaten bezahlen. Sie gelten als wichtiger Schutz in der Luftabwehr und nur die Vereinigten Staaten sind in der Lage, sie herzustellen, fasst T-Online (Öffnet in neuem Fenster) mit vielen Hintergrundinformationen zusammen.
Die darüber hinausgehende Drohung lautete, dass die USA in 50 Tagen anfangen, Zölle auf Importe aus Russland und von Verbündeten zu erheben. Details sind unklar, Russland exportiert nur vergleichsweise wenig in die USA und Trump machte nicht deutlich, ob auch der Energiesektor betroffen sein soll. Offen war auch, welche Partner-Länder Russlands genau betroffen seien sollen. Damit ist seine Ankündigung erst einmal nur ein Signal, dass er den Druck auf Putin erhöhen will.
Die FAZ (Öffnet in neuem Fenster) kommentiert vorsichtig, dass der Weg zum Frieden noch weit sei: „Trump geht es nicht darum, dass die Ukraine „siegt“, wie Biden das forderte. Er will einen Friedensschluss und den Nobelpreis dafür. Ohne erhebliche Zugeständnisse Kiews ist das weiter schwer vorstellbar.“
Unterdessen bereitet die EU eine Reaktion vor, falls Trump mit seinen Zoll-Drohungen doch ernst machen sollte. Sollten die aktuellen Verhandlungen scheitern, will die EU Gegenzölle auf Produkte aus den USA im Wert von 72 Millionen Euro erlassen. Das wurde gestern beim Treffen der EU-Handelsminister*innen in Brüssel so paktiert. Für die österreichische Wirtschaft drohe im schlimmsten Fall ein weiteres Rezessionsjahr, also neuerlicher wirtschaftlicher Abschwung, berichtet der ORF (Öffnet in neuem Fenster).
2. Indirekte Gespräche über Waffenpause in Gaza gehen weiter, scharfe Kritik an Israels Lager-Plan
Israel soll einen neuen Vorschlag für eine Waffenpause in Gaza unterbreitet haben, berichtet die Times of Israel (Öffnet in neuem Fenster). Jener sieht vor, dass sich das israelische Militär aus einem größeren Gebiet des besetzten Gaza-Streifens zurückzieht als bisher geplant. Ein Durchbruch in den indirekten Gesprächen mit der Hamas werde aber vorerst nicht erwartet, heißt es im Standard (Öffnet in neuem Fenster). Israels Premier Benjamin Netanyahu spiele auf Zeit, analysiert das israelische Medium Haaretz (Öffnet in neuem Fenster).
Gleichzeitig hat der Plan von Israels Verteidigungsminister Israel Katz, in Rafah im Süden von Gaza ein riesiges Lager für Palästinenser*innen zu errichten, massive Empörung hervorgerufen. Im ersten Schritt sollen dort bis zu 600.000 Menschen interniert werden, später dann die gesamte Bevölkerung von Gaza. Die Menschen sollen den von Israel als „humanitäre Stadt“ geframten Bereich nicht mehr verlassen können, außer sie gehen „freiwillig“ ins Ausland. Der ehemalige israelische Premier Ehud Olmert spricht im Guardian (Öffnet in neuem Fenster) sogar von einem Konzentrationslager.
Auch innenpolitisch geht es weiter rund in Israel. Die ultraorthodoxe Partei Vereinigtes Tora-Judentum hat die Regierungskoalition verlassen, weil ein Gesetzentwurf zur Befreiung von Tora-Studenten vom Militärdienst nicht angenommen worden sei. Damit verfügt die Regierung von Netanyahu nur mehr über eine ganz knappe Mehrheit. Dass sich der rechte Politiker bisher solange an der Regierungsspitze halten konnte, dürfte an verschiedenen strategischen Entscheidungen hängen, um den Krieg in Gaza bewusst in die Länge zu ziehen. Das berichtet zumindest die New York Times (Öffnet in neuem Fenster) in einer großen investigativen Recherche.
3. Politische Debatte über Krankenkassenzusammenlegung
Wer hätte das ahnen können: Die Fusionierung der Krankenkassen, eines der Leuchtturmprojekte der türkis-blauen Regierung von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, beschäftigt die österreichische Innenpolitik auch sechs Jahren immer noch intensiv. Aktuell wurde eine Debatte vom Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) losgetreten, der das Projekt der eigenen Partei am Sonntag in der Pressestunde als „Fehler“ bezeichnete. Es gäbe zu wenig regionale Kompetenzen und deshalb sei eine „Reform der Reform“ notwendig.
Unter der FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein wurde im Jahr 2018 die Fusionierung von 21 Krankenkassen beschlossen und umgesetzt. Versprochen wurden damals Einsparungen von einer Milliarde Euro, die in das Gesundheitssystem fließen sollen. Übrig geblieben sind im Endeffekt Kosten von über 200 Millionen Euro. Eine umfassende Recherche zu dem Thema habe ich selbst vor über einem Jahr für tag eins (Öffnet in neuem Fenster) durchgeführt.
Arbeits- und Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) bezeichnete die Patientenmilliarde im Interview in der ZIB2 (Öffnet in neuem Fenster) als „Schmähpartie“ und verwies auf eine anstehende Evaluierung der Reform. Sie möchte sich, wie von der aktuellen Regierung geplant, an „Zahlen, Daten, Fakten“ orientieren und dann weitere Maßnahmen überlegen. Einen Überblick über weitere politische Reaktionen auf die Debatte findet man auf orf.at (Öffnet in neuem Fenster).
DIE DREI TIPPS DES TAGES
1. Österreichische Recherche des Tages: Kurdische Frauenmiliz im Interview
Das feministische Magazin an.schläge hat seine aktuelle Ausgabe dem Thema Militarisierung und Frieden gewidmet. Die Politikwissenschaftlerin Judith Götz hat dafür ein Interview (Öffnet in neuem Fenster) mit drei Kämpferinnen der kurdischen Frauenmiliz YPJ geführt, in dem es um das Zurückdrängen des IS und die aktuelle Situation in Syrien geht. Lesenswert!
2. Krautreporter-Artikel des Tages: Das Drehbuch für den Angriff auf deutsche NGOs
AfD und auch die CDU/CSU kopieren immer öfter, was Machthaber wie Viktor Orbán perfektioniert haben – das hat Kollegin Isolde Ruhdorfer bei ihrem Besuch in Ungarn und Sachsen gesehen und aufgeschrieben. Hier (Öffnet in neuem Fenster) kannst du den Text lesen.
3. Fundstück des Tages: Milka-Schokoladen-Scam
Dreist. Ein anderes Wort fällt mir dafür nicht ein. Zuerst wurde der Preis für die Milka-Schokoladen-Tafel Alpenmilch von 1,49€ auf 1,99€ erhöht. Dann wurde die Packungsgröße von 100g auf 90g verkleinert. Shrinkflation nennt sich das, eine Verteuerung bei gleichzeitiger Mengenabnahme. In einer Onlineabstimmung der Verbraucherorganisation Foodwatch (Öffnet in neuem Fenster) wurde der Fall deshalb zur "dreistesten Werbelüge des Jahres" gewählt und mit dem sogenannten “Goldenen Windbeutel" ausgezeichnet. Verdient, wie ich finde.
Mag Milchschokolade sowieso nicht so gern:
Emil

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