>>GEWÖHNLICHE KATZEN GIBT ES NICHT.<<
BILDBAND-KRITIK
Der bekanntlich >>beste Freund<< des Menschen ist der Hund. Nicht zuletzt wohl auch, weil viele Menschen (irrtümlich) meinen, sie könnten ihn a) sehr gut verstehen und lesen und dass er b) unbedingt auf sie angewiesen wäre. Kein Wunder also, dass der Mensch das Tier vermenschlicht. Weniger häufig passiert dies bei Katzen, die uns gern wissen lassen, wie wenig sie uns im Zweifelsfall brauchen. Was uns verunsichere, wie der amerikanische Autor und Psychoanalytiker Jeffrey Moussaieff Masson meint.

Doch sie mögen uns offenbar, fährt er, zitiert im Band Katzen in der Kunst von Angus Hyland und Caroline Roberts, fort. Zum heutigen Kätzchen-Tag wollen wir uns dem ästhetischen und gehaltvollen Text-Bildband widmen. Erschienen ist er in Großbritannien, aber auch hierzulande in erster Auflage schon 2017 und seit 2024 in bereits vierter Auflage in der Übersetzung von Birgit Lamerz-Beckschäfer im DuMont Buchverlag verfügbar.
Auf 160 Seiten sehen wir verschiedene Öl- und Aquarellgemälde, Studien und Stiftzeichnungen, Grafiken und Lithografien verschiedener Künstler*innen aus aller Zeit und verschiedenen Epochen. Wer bereits das eine oder andere Buch Hylands zu Tieren in der Kunst kennt, ist mit dem Aufbau der Publikationen vertraut.

An einigen Stellen wird der Band von eingängigen Zitaten bekannter Persönlichkeiten, wie jenem Colettes, das diesem Beitrag überschrieben ist, angereichert. Weiters finden sich neben ausgewählten Kunstwerken Texte zur Entstehung, Anekdoten zur Zeit und/oder Künstler*in sowie hier und da ein schelmisches Bonmot oder ein schmissiger Kommentar der Autor*innen. Es verbinden sich auch in Katzen in der Kunst als Kunst, Kulturgeschichte und gute Laune sowie etwas Kunst-Gossip.

Ob Lucian Freud, der seine spätere Frau Kitty mit Kätzchen festhält, Franz Marc, der mit der ihm üblichen magischen Farbausstrahlung eine aufmerksam schlafende Weiße Katze malt oder der legendäre David Hockney, der in Mr. und Mrs. Clark und Percy ein wenig schummelt. Wir erfahren, wie Mark Twain, der meinte, eine Katze führe zur nächsten, ein Bild von einer Katze mit Halskrause, das auf seinem Kaminsims stand, nutzte, um in Geschichten für seine Kinder einzusteigen. Oder dass die „großartigen Studien der eigenen Katzen“ von Dame Elizabeth Blackadder, der ersten Frau, „die sowohl Mitglied der Royal Scottish Academy als auch der Royal Academy of Arts ist“, 1995 Teil der ersten Briefmarkenserie der britischen Post mit Katzenbildern waren.

Die Anordnung von Texten und Bildern folgt dabei keiner Chronologie oder Stileinordnung, sondern sind vielmehr eine Zufallsreihung, was das Entdeckerpotenzial erhöht und manch einen Überraschungsmoment mit sich bringt. Dass etwa anhand des Stillleben mit Katze von Sebastiano Lazzari erläutert wird, dass Katzen Türen komisch finden und „nicht zwischen Mein und Dein“ unterscheiden oder mit dem Gemälde Manuel Osorio Manrique de Zúñiga von Francisco de Goya nicht nur malerische Details deutlich sondern auch die Möglichkeit der Schönheit der Einfachheit des Lebens verdeutlicht wird. Wenn „man nicht in einen roten Samtanzug mit steifem Spitzenkragen gezwängt ist [...].“

Doch auch warum Katzen mitunter eine düstere Faszination auf uns ausüben wird durch Bilder wie Schwarze Katze von Michael Caines, Dorota Srokas Werk Ohne Titel, Larry Welos Déjà-vu oder einer weiteren Schwarzen Katze, dieses Mal von Vania Zouravliov und nicht zuletzt Kay McDonaghs Engelsgesicht, teuflische Gedanken. Da denkt es sich leicht an mörderische Katzen bei Edgar Allen Poe und der Serienadaption The Fall of the House of Usher.

Auf Buchcovern hingegen würden sich etwa das wunderschöne, eine klare Ruhe ausstrahlende Verbunden von Karen Hollingsworth oder die diversen figurativen Katzen-Werke von Vladimir Dunijć (siehe Titelbild links) schön machen. Selbstredend begegnet uns die Katze auch immer wieder als Jäger*in, aufmerksame Beobachterin oder, eine Tauben-Tapete nicht wahrnehmend, aufmerksam auf ihren Besitzer wartend. Obligatorische Tom-und-Jerry-Vergleiche fehlen ebenfalls nicht.

Spannend auch eine „Geschichte“ zu Paul Klee, das Auftauchen sehr vieler Pariser*innen, die japanische Katzenverehrung sowie der Hintergrund zum Bild Junge mit Katze von Christopher Wood. Dieser hielt seinen Freund Jean Bourgoint mit einer Siamkatze auf dem Bild fest, das zu weitschweifigen Interpretationen einlädt (wie überhaupt manches Werk in Katzen in der Kunst). Dazu erfahren wir, dass Wood ebenso die Schwester Jeanne zeichnete, mit der der bisexuelle Maler (im Band wird etwas unschön von „homosexuellen Neigungen“ gesprochen) eine „stürmische Liebesaffäre“ hatte. Die Bourgoints wiederum inspirierten Jean Cocteau, der sich mit Wood zeitweise ein Atelier teilte, wohl „zum Geschwisterpaar in seinem Roman Kinder der Nacht“.

Ob (Kätzchen-)Tag oder Nacht, diese Katzen in der Kunst sind eine absolute Empfehlung, auch für Menschen, die wie der Autor dieser Zeilen Katzen zwar nicht liebt, sie aber auch nicht ablehnen. Katzenliebende Allergiker*innen werden den Band ebenso genießen wie jene, die den Wunsch nach einer Katze doch keine Wirklichkeits-Zeit für diese haben. Und jene, die sehen, dass vor allem Hauskatzen auch eine Belastung für die Natur sein können, wie wir es beispielsweise in Bettina Balàkas Essayband Vom Zähmen, Ausbeuten und Bestaunen lesen. Doch ich bin mir sicher, dass auch sie große Freude mit diesen kunstvollen Katzen hätte.
AS
PS: Katzen jagen Vögel. Wir mögen Vögel. Künstler*innen mochten und mögen Vögel ebenso. Mehr dazu in Kürze.
PPS: Andy Warhol findet sich natürlich in Katzen in der Kunst. Zu sehen ist seine One Blue Pussy und daneben lesen wir, dass er 25 Katzen hatte, „die den Namen Sam trugen. Und eine, die anders hieß.“

PPPS: Natürlich war es der wunderbare Katzen Taschenkalender 2025 (Schöffling & Co.), der verriet, dass heute der Kätzchen-Tag ist.
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Angus Hyland, Caroline Roberts: Katzen in der Kunst (Öffnet in neuem Fenster); 4. Auflage, Mai 2024; 160 Seiten, 115 farbige Abbildungen; gebunden mit Kartonumschlag; Format: 15,0 x 19,0 cm; ISBN: 978-3-8321-9916-6; Dumont Verlag; 22,00 €