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Übezeit #32/50

Lesezeit: 4-5 Minuten

Fehler als Chance: Zwei Strategien für ein kreativeres Üben

Wie gehen wir eigentlich mit Fehlern im Übeprozess um? Sicher hast du auch oft gehört, dass man Fehler am besten gleich von Beginn an vermeiden sollten - egal ob im Unterricht oder zu Hause. Doch dieses Denkmuster kann uns regelrecht blockieren. Vor zwei Jahren durfte ich die Pianistin und Musikpädagogin Silke Kruse-Weber für den Podcast interviewen. Sie plädiert in ihrer Arbeit für einen anderen Umgang: Fehlerfreundlichkeit und Risikomanagement. Wie du das beim Üben nutzen kannst, möchte ich dir heute zeigen.

Fehlerfreundlichkeit

Sich Fehler erlauben

„Wenn du keine Fehler machst, versuchst du es nicht wirklich.“ (Coleman Hawkins)

Fehler im Üben sind keine Rückschläge, sondern Informationsquellen.

In der Studie aus dem Jahr 2014 betont Silke Kruse-Weber, dass gerade die frühen Phasen des Übens – die sogenannte Explorations- und kreative Phase – davon leben, dass Fehler gemacht und nicht sofort korrigiert werden.

Als ich das gelesen habe, musste ich an meine eigene Unterrichtszeit früher denken. Dort wurde verstärkt darauf geachtet, gerade in der Anfangsphase so wenig Fehler wie möglich zu machen. Vielleicht kennst du das auch so. Tatsächlich belegen allerdings Studien aus Mannschaftssport und Musik, dass die Freude am Musizieren länger motiviert, wenn in der Frühphase Fehler toleriert werden.

„Wenn ich daraufhin übe, keine Fehler mehr zu machen, wird der Spielraum, in dem ich musizieren kann, immer enger. Das löst Angst aus.“

(Silke Kruse-Weber im Podcast-Interview)

Was heißt das für uns heute?

Unabhängig von unseren Erfahrungen in der Frühphase, können wir auch heute vom Konzept der Fehlerfreundlichkeit profitieren. Statt also Fehler krampfhaft zu vermeiden, könnte es viel hilfreicher sein, eine Stelle, an der du dich verspielt hast, aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten:

  • Harmonisch: Was passiert musikalisch genau an dieser Stelle? Höre ich einen großen Intervallsprung möglicherweise nicht gut voraus, weil die Harmonie darunter sehr komplex ist?

  • Motorisch: Wie fühlt sich die Bewegung an? Gibt es eine andere Möglichkeit? Welche Muskeln benötige ich wirklich zur Ausführung?

  • Gestalterisch: Welche Aussage will ich mit diesem Moment treffen? Welche Stimmung wird transportiert?

Dieses variantenreiche Üben erweitert nicht nur dein musikalisches Verständnis, sondern macht dich auch unabhängiger von einem „richtig-falsch“-Denken. So wirst du kreativer – und gelassener im Umgang mit Fehlern.

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Risikomanagement

Provoziere Störungen – bevor sie dich stören

Ein weiterer Schlüssel zu einem souveränen Umgang mit Fehlern ist die Idee des musikalischen Risikomanagements. Silke Kruse-Weber überträgt hier Prinzipien aus der Luftfahrt auf die Musikpraxis: Wer Risiken erkennt und mit ihnen proaktiv umgeht, ist auf der Bühne emotional entspannter und flexibler.

„Je mehr mögliche Störfaktoren ich mir kreativ im Vorfeld überlege und den Umgang mit ihnen beim Üben trainiere, desto entspannter meine Haltung während der Aufführung.“

(Silke Kruse-Weber im Podcast-Interview)

Einige einfache Übungen dazu:

  • Rascheln mit Papier oder Zwischenrufe während des Spielens simulieren ein unruhiges Publikum.

  • Nach körperlicher Anstrengung spielen – z.B. nach dem Joggen.

  • Mit geschlossenen Augen, auf einem Bein oder in einem ungewohnten Raum üben.

Diese Übungen trainieren, weiterzuspielen – trotz Fehlern oder Ablenkung. Damit entwickelst du eine mentale Flexibilität, die im Ernstfall Gold wert ist.

Fehler sind Trainingspartner, keine Gegner

Ob du gerade ein neues Stück lernst oder dich auf ein Konzert vorbereitest – experimentiere mit den Ideen der Fehlerfreundlichkeit und des Risikomanagement. Gerade in den Entdeckungsphasen - also dann, wenn du ein Stück zum ersten Mal erarbeitest. Ich bin neugierig, welche Effekte du feststellst.

In der Phase der Automatisierung (deklaratives/prozeduales Lernen) ist es allerdings weiterhin wichtig, Wiederholungen konstant korrekt auszuführen. Nur so kann unser Körper eine Bewegung wirklich verinnerlichen.

Zusammenfassung

  • Entdeckungsphase - Fehler tolerieren

  • Automatisierungsphase

    • Fehler geben uns Informationen (“Fehlerfreundlichkeit”)

    • Prozeduales Lernen: zur bestmöglichen Automatisierung ist es gut in dieser Phase Fehler zu vermeiden

  • Kreative Phase - Risikomanagement (experimentieren)

Denn wie Silke Kruse-Weber so treffend sagt:

„Die Wege zu einem großartigen Ergebnis sind nicht linear.“

Zum Schluss

Kategorie Übe Hacks

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