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Progressive Muskelentspannung

Progressive Muskelentspannung (PMR) nach Jacobson ist eine Entspannungsmethode, bei der systematisch einzelne Muskelgruppen angespannt und wieder gelockert werden. Diese Technik wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Dr. Edmund Jacobson entwickelt und zielt darauf ab, ein tieferes Körper- und Entspannungsgefühl zu fördern.
Gerade im höheren Lebensalter können bewusste Entspannungsübungen hilfreich sein, um Anspannungen abzubauen. Viele ältere Menschen leiden unter chronischen Verspannungen, Schlafproblemen oder psychischem Stress, die durch PMR gelindert werden können.
Dabei kann die Methode sowohl im Sitzen als auch im Liegen durchgeführt werden. In der Praxis begleiten Fachkräfte die Senioren und unterstützen sie bei den Übungen, indem sie ruhige Anleitungen geben und ggf. Hilfsmittel bereitlegen (z.B. bequeme Matten oder Stühle).

In Pflege und Betreuung helfen Fachkräfte oft direkt bei Entspannungsübungen: Sie demonstrieren den Bewegungsablauf oder unterstützen sanft mit den Händen. Die Abbildung zeigt beispielhaft, wie eine Betreuungsperson gemeinsam mit einer Seniorin Atem- und Dehnübungen durchführt.
Eine ruhige Atmosphäre und eine angepasste Anleitung sind dabei wichtige Voraussetzungen, damit die Betreuten sich auf die progressive Entspannung einlassen können. Studien und Erfahrungsberichte belegen, dass regelmäßiges Üben von Entspannungsübungen bei älteren Menschen negative Gedankenspiralen unterbrechen und das allgemeine Wohlbefinden steigern kann.

Zielsetzung in der Seniorenbetreuung

Das Hauptziel des Einsatzes von PMR in der Seniorenbetreuung ist es, das körperliche und psychische Wohlbefinden zu fördern. Durch gezielte Muskelanspannung und -entspannung lernen die älteren Menschen, Körperspannungen besser wahrzunehmen und aktiv abzubauen. Dies kann innere Unruhe mindern, Angstzustände reduzieren und die allgemeine Gelassenheit stärken. Ein weiteres Ziel ist die Schulung der Körperwahrnehmung: Mit zunehmendem Alter nimmt die Sensibilität der Nerven und Muskeln oft ab, sodass Betroffene sich weniger in ihrem Körper heimisch fühlen. PMR hilft, dieses Körpergefühl wieder zu verbessern und aufrechtzuerhalten. Dadurch können Schmerzen und Krankheitssymptome besser erkannt werden. Ebenso fördert regelmäßiges Entspannen das innere Gleichgewicht und die geistige Frische – wichtige Aspekte der Gesundheitsförderung im Alter.

In der Betreuung kann PMR zudem als Gruppenerlebnis gestaltet werden. Gemeinsame Entspannungssitzungen stärken das soziale Miteinander und das Gemeinschaftsgefühl. Studien zeigen, dass solche Gruppenübungen die Lebensqualität der Teilnehmer erhöhen und ihre Motivation stärken. Insgesamt verfolgt die PMR in der Seniorenbetreuung das Ziel, den Bewohnerinnen und Bewohnern oder Klienten regelmäßig ruhige Auszeiten zu ermöglichen und sie in ihrer Selbstwahrnehmung sowie Selbsthilfefähigkeit zu unterstützen.

Vorteile und mögliche Nachteile

Vorteile: Die Progressive Muskelentspannung bietet viele positive Effekte für ältere Menschen. Sie ist wissenschaftlich als wirksam belegt zur Stressreduktion und wird von Ärzten sogar in der Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen empfohlen. Durch die abwechselnde Anspannung und Entspannung kommt es zu einer spürbaren Verringerung von allgemeiner Anspannung und psychischer Unruhe.
Typische Vorteile sind eine bessere Schlafqualität, weil der Körper signalisiert bekommt, dass es Zeit zur Ruhe ist, sowie ein gesteigertes Körperbewusstsein. Betreuungsfachkräfte berichten, dass Senioren lernen, ihre eigene Körperspannung bewusster wahrzunehmen und frühzeitiger auf Anzeichen von Stress oder Schmerzen zu reagieren.

Hinzu kommen konkrete körperliche Effekte: Regelmäßiges Entspannen kann Muskelverspannungen lösen, Blutdruck und Herzschlag beruhigen, die Atmung vertiefen und so letztlich Schmerzen lindern. Gerade bei chronischen Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen kann PMR Teil einer Rehabilitation sein und die Beweglichkeit verbessern. Ein weiterer Vorteil ist die unkomplizierte Durchführung: Es werden keine besonderen Geräte benötigt (allenfalls eine Matte oder ein Stuhl), und die Methode lässt sich an praktisch jedem Ort anwenden. PMR kann auch gut mit anderen Entspannungstechniken kombiniert werden, etwa mit Atemübungen oder geführter Phantasiereise, um ein individuell angepasstes Entspannungsprogramm zu gestalten.

Mögliche Nachteile: Trotz der zahlreichen Vorteile hat PMR auch Einschränkungen. Manche Senioren empfinden die Muskelanspannung als unangenehm, insbesondere wenn Schmerzen oder Gelenkprobleme vorliegen. Bei Erkrankungen wie Arthrose, Rheuma oder auch Fibromyalgie kann das bewusste Anspannen kontraproduktiv sein und Beschwerden verstärken. In solchen Fällen muss die Methode angepasst oder sogar vermieden werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass PMR Zeit und Übung erfordert: Die volle Wirkung stellt sich oft erst nach regelmäßiger Anwendung ein. Pflegepersonen sollten also geduldig sein und den Senioren die nötige Wiederholung ermöglichen.

Zudem ist PMR keine Akutmaßnahme gegen plötzlichen Stress oder Angst – hier helfen eher Atemtechniken oder Erdungsübungen. Wer unter sehr starkem akutem Stress oder ausgeprägten Angststörungen leidet, kann in akuten Situationen mit PMR womöglich weniger anfangen. Schließlich setzt PMR Konzentration und Fähigkeit zum Zuhören voraus. Ältere Menschen mit schweren kognitiven Einschränkungen (z.B. fortgeschrittener Demenz) können Schwierigkeiten haben, den Anleitungen zu folgen. In solchen Fällen müssen die Übungen sehr einfach gehalten und ggf. durch Berührung oder Musik unterstützt werden, da eine normale PMR-Anleitung sonst überfordernd wirkt. Trotz dieser Einschränkungen gilt: Für viele Personen ist PMR ein wertvolles Instrument zur Entspannung, das – richtig eingesetzt – das Wohlbefinden deutlich steigern kann.

Anleitung und Durchführung

Die Durchführung der Progressive Muskelentspannung erfolgt schrittweise: Zunächst wird eine bequeme Ausgangsposition eingenommen, in der sich die ältere Person entspannen kann. Meist wird empfohlen, in einem Stuhl mit aufrechter Rückenlehne zu sitzen oder bequem auf einer Matte im Liegen zu arbeiten. Der Raum sollte ruhig sein und die Körperhaltung locker. Anfangs schließt man oft die Augen und konzentriert sich einige Atemzüge auf das sanfte Ein- und Ausatmen, um erste Ruhe zu finden.

Dann beginnt die eigentliche Übungssequenz: Die Aufmerksamkeit wird systematisch von einer Muskelgruppe zur nächsten gelenkt. Typischerweise spannt man eine Muskelgruppe kräftig an (z.B. beide Fäuste ballen) und hält die Anspannung 5–10 Sekunden lang. Dabei empfiehlt es sich, weiter ruhig zu atmen und nicht die Luft anzuhalten. Anschließend lässt man die Spannung plötzlich los und entspannt die Muskeln bewusst für etwa 20–30 Sekunden. Wichtig ist, den Unterschied von Anspannung und Entspannung bewusst zu spüren. Man fährt so fort mit weiteren Muskelgruppen (Unterarme, Oberarme, Schultern, Nacken, Gesicht, Brust, Bauch, Rücken, Gesäß, Beine, Füße), bis der ganze Körper einmal „durchgearbeitet“ ist. Am Ende nimmt man sich einen Moment, um das entspannte Gefühl nachklingen zu lassen, bevor man langsam in den Alltag zurückkehrt.

Für seniorengerechte Durchführung gelten folgende Anpassungen: Liegt eine eingeschränkte Mobilität vor (z.B. durch Gelenkprobleme oder Rollstuhl), kann PMR vollständig im Sitzen oder im Liegen stattfinden. Es ist nicht notwendig, alle Muskelgruppen in einer Übung zu aktivieren – wer z.B. die Beine nicht bewegen kann, konzentriert sich auf Arme, Schultern und Rumpf. Auch Hilfsmittel wie ein kleines Gewicht oder ein Kissen können zum Muskeltraining hinzugezogen werden (z.B. ein weiches Gewicht zwischen den Händen drücken). Bei starken Bewegungseinschränkungen ist häufig nur eine verkürzte Reihe von Übungen möglich: Die Pflegefachkraft kann dann eine Auswahl treffen, die auf die individuellen Fähigkeiten abgestimmt ist.

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Topic Vorlesen & Entspannung

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